Praxisfrage

In den Sicherungskästen waren früher B-16-A-Sicherungsblöcke ein Standard mit jeweils immer einer vorgeschalteten RCD. Solange die RCD ausgeschaltet war, mussten wir uns keine Sorgen machen, etwas davor geschaltetes zu beschädigen oder zu zerstören. Die Messungen von Auslösezeit und Auslösestrom der jeweiligen RCDs ließen sich also durchführen. Jetzt stehen bei uns Messungen in Sicherungskästen an, die nur zum Teil mit RCDs bestückt sind. Sie enthalten auch Schmelzsicherungen und Stromstoßrelais (Eltako). Bei Isolations- und Schleifenimpedanzmessung, welche aktive Spannung vom Messgerät auf die Leitungen schicken, frage wir uns, ob wir ausschließen müssen, dabei etwas kaputt zu machen. Hinsichtlich der Isolationsmessung wissen wir, dass am Sicherungskasten der PEN-Leiter aufzutrennen ist, falls keine RCD vorgeschaltet ist.

Falls jemand auf frei verfügbares Videomaterial für die Praxis verweisen kann, wäre das auch sehr hilfreich, wo z. B. eine vollständige Prüfung des Sicherungskastens und des Hausanschlusses gezeigt wird, mit allen genannte Bauteilen und was auch tunlichst zu vermeiden ist, oder in welchen Fällen von einer Prüfung oder Messverfahren abgeraten wird und ausgelassen werden kann oder muss.

Wir wüssten ebenfalls nicht, ob wir mit aktiven Prüfströmen Stromstoßrelais oder auch Schmelzsicherungen zerstören könnten.

Expertenantwort

Isolationswiderstandsmessungen in der Praxis

In der Anfrage geht es offensichtlich um wiederkehrende Prüfungen ortsfester, elektrischer Anlagen nach DIN VDE 0105-100/A1. Genauer gesagt um die »Wiederkehrende Prüfung durch Messen« nach DIN VDE 0105-100/A1, Abschnitt 5.3.3.101.3. Allerdings irritiert mich Ihr Hinweis auf die Sorge, dass nur mit einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) eine sichere Isolations­widerstandsmessung möglich sei. Nach DIN VDE 0105-100/A1, Abschnitt 5.3.3.101.3.3 muss die Isolationswiderstandsmessung zwischen jedem aktiven Leiter und dem Schutzleiter durchgeführt werden. Bekanntlich gehört der Neutralleiter zu diesen aktiven Leitern, muss also auch für die Messung vom Netz getrennt werden. Anders wäre diese Messung auch gar nicht möglich, denn der Neutralleiter wird irgendwo, spätestens im Bereich der Netzeinspeisung (z. B. innerhalb oder in der Nähe des Hausanschlusskastens), mit dem Schutzleiter verbunden sein. Würde der Neutralleiter für die Messung des Isolationswiderstandes nicht vom Netz getrennt, stellte man bei der Messung zwischen Neutralleiter und Schutzleiter nicht den Isolationswiderstand, sondern zwangsläufig eine niederohmige Verbindung fest.

Neutralleitertrennung und Schutz elektronischer Bauteile

Natürlich ist die Trennung des Neutralleiters vom Netz mit einer RCD besonders komfortabel, da bei dieser Schutzeinrichtung alle angeschlossenen Außenleiter und der Neutralleiter geschaltet werden. Aber auch ohne die RCD sollte eine Trennung mehr oder weniger leicht möglich sein. In der Regel ist das in der Verteilung möglich, in der die Messung durchgeführt wird.

Wird eine Gefährdung von Betriebsmitteln mit elektronischen Bauteilen vermutet, sollten diese möglichst zuvor vom Netz getrennt werden. Auch im DIN VDE 0105-100/A1, Abschnitt 5.3.3.101.3.3 a) wird auf eine mögliche Gefährdung hingewiesen, dass durch die Messung angeschlossene Betriebsmittel zerstört werden könnten. Dort wird Folgendes festgelegt: »Um den Messaufwand zu reduzieren und um Zerstörungen zu vermeiden, dürfen für die Messung alle aktiven Leiter miteinander verbunden werden. In feuergefährdeten Betriebsstätten und in explosionsgefährdeten Bereichen darf von dieser Erleichterung nicht Gebrauch gemacht werden.«

Natürlich reicht diese »zusammenfassende Messung« nur dann aus, wenn sie einen ausreichend hohen Isolationswiderstand liefert. Wird kein genügend hoher Isolationswiderstandswert gemessen, muss die Messung natürlich ohne die Verbindung aller aktiven Leiter wiederholt werden.

Praxishinweise zur Messdurchführung

Bild: Beispielhafte Skizze der Messung an einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD)

Stromstoßschalter bzw. Stromstoßrelais und Schmelzsicherungen gehören nicht zu den Betriebsmitteln, bei denen eine Zerstörung durch die Messspannung vermutet werden muss. Es handelt sich hierbei um Betriebsmittel, die vom Hersteller für den dauerhaften Betrieb bei vorhandener Netzspannung in der elektrischen Anlage vorgesehen wurden. Zu diesem Betrieb gehören auch wiederkehrende Prüfungen nach DIN VDE 0105-100. Kein Hersteller solcher Produkte wird verlangen, dass für eine Isolations­widerstandsmessung diese Betriebsmittel abgeklemmt werden müssen.

Erwähnt werden sollte noch, dass alle Teilabschnitte der Leitungen erfasst werden müssen. Deshalb müssen vorhandene Schalter geschlossen sein. Falls dies nicht möglich ist, müssen die Teilabschnitte getrennt gemessen werden.

Bei der in der Anfrage erwähnten Schleifenimpedanzmessung handelt es sich offensichtlich um die »Messung der Fehlerschleifenimpedanz« nach DIN VDE 0100-600, mit der die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme »Schutzes durch automatische Abschaltung der Stromversorgung« sichergestellt wird. Bei dieser Messung verhält es sich genau umgekehrt: Im Gegensatz zur Isolationswiderstandsmessung muss hier eine Verbindung zum Netz vorhanden sein. Zur Messung wird hier kontrolliert ein Messstrom hervorge­rufen, den die vorhandene Netzspannung durch einen Widerstand im Messgerät fließen lässt. Da die Netzspannung die treibende Kraft für den Messstrom ist, kann eine Gefährdung von angeschlossenen Betriebsmittel ausgeschlossen werden. Immerhin ist die Netzspannung im normalen Betriebszustand ohnehin ständig vorhanden.

Leider ist der Hinweis auf die Messung der Auslösezeit und des Auslösestroms bei der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) für mich kaum nachvollziehbar und kann deshalb auch nicht berücksichtigt werden. Nach dem Wortlaut der Anfrage sollen diese Messungen deshalb möglich sein, weil die RCD ausgeschaltet werden kann. Tatsächlich sind diese Messungen jedoch nur möglich, wenn die RCD eingeschaltet ist. Erst dann kann mittels eines definierten Messstroms – der vom Messgerät festgelegt und durch die vorhandene Netzspannung hervorgerufen wird – eine Messung erfolgen (Bild).

Autor

Dipl.-Ing. Herbert Schmolke, VdS Schadenverhütung, Köln. Zuständig für die Anerkennung von Experten auf dem Gebiet der Elektrotechnik. Mitarbeit in zahlreichen Normungsgremien und DKE-Arbeitskreisen.

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net