In den letzten Jahren sind sie auch bei Kunden und E-Handwerkern immer bekannter und beliebter geworden: Smart Homes. Von komplexeren Systemen wie KNX oder Loxone bis hin zu proprietären Stand-alone-Lösungen kann man unterschiedliche Systeme selbst im gleichen Gebäude finden. Probleme mit der EMV können die Datenübertragung negativ beeinflussen.

Je komplexer verschiedene Systeme, Fabrikate oder deren Mix auftreten, desto komplizierter wird es, wenn das Smart Home nicht das tut, was es tun soll oder wenn eine Fehlfunktion auftritt. »Wenn der Bus spinnt, muss es nicht immer am Programmierer liegen«, sagt Hans Joachim Otto, Sachverständiger für Technik und Systeme.

Auch wenn alles überprüft, die Software auf dem aktuellen Stand ist und die wiederholte Nachfrage beim Hersteller nicht den gewünschten Effekt zeigt, läuft die Anlage nicht stabil. Was dann?
»Die häufigsten Fehler sind leider Verkabelungsfehler«, sagt Marco Koyne, KNX Professional. »Obwohl es nicht schwer ist, die KNX-Verdrahtung zu verstehen und zu prüfen.«  Ein Verkabelungsfehler kann natürlich auch eine fehlerhafte Busverkabelung sein, muss es aber nicht. Ein weiterer Faktor, der den Betrieb von Bussystemen massiv beeinflussen kann, sind oft elektromagnetische Unverträg­lichkeiten (mangelnde EMV) – und hier sind keineswegs Einwirkungen durch Funkdienste gemeint. Vielmehr handelt es sich meist um leitungsgebundene Beeinflussungen.

EMV: Störungen, Ursachen, Auswirkungen

Elektromagnetische Störungen können sich grundsätzlich durch verschiedene Kopplungsmechanismen ausbreiten:

  • Galvanische Kopplung
  • Induktive und / oder kapazitive Kopplung
  • Wellen- und Strahlungskopplung.

Bild 1: Größen, welche die EMV beeinflussen; Quelle: Dehn

Von einer galvanischen Kopplung spricht man, wenn Ströme von zwei oder mehreren Stromkreisen über eine gemeinsame Impedanz fließen. Die Ströme verursachen jeweils einen Spannungsabfall an der Koppelstelle, der sich störend auswirken kann und daher unerwünscht ist. Das kann z. B. durch vagabundierende Ströme auf dem PE/PA-System geschehen. Liegen vagabundierende Ströme vor, können diese auch über Schirme von Netzwerkverbindungen wirken. Hochfrequente Störimpulse (z. B. Schalthandlungen, Frequenzumrichter) verursachen dann Störungen im Betrieb, der Steuerung oder im Rechner. Galvanische Kopplungen sind relativ leicht zu messen und somit auch zu lokalisieren. Problematisch ist jedoch die Verbreitung von Störsignalen über das gesamte PA-System und damit zu breit gestreuter Störbeeinflussung.

Um einen stromdurchflossenen Leiter bildet sich ein Magnetfeld aus, das auch benachbarte Leiter durchdringt. Eine Strom­änderung bewirkt auch eine Änderung des Magnetfeldes, wodurch eine Spannung in den benachbarten Leiter induziert wird.

Zwischen zwei benachbarten Leitern unterschiedlichen Potentials – etwa Starkstrom- und Signalleitern – tritt eine kapazitive Kopplung auf. Die Leitungen stellen im weitesten Sinne die Platten eines Kondensators dar.

Diese Kopplungsarten führen oft zu vereinzelten und damit schwer messtechnisch nachweisbaren Beeinflussungen.

Wellenbeeinflussung kann auftreten, wenn Leitungen über lange Strecken parallel zueinander verlaufen. Einwirkungen elektromagnetischer Felder auf Stromkreise unter Fernfeldbedingungen nennt man »Radiation Interferences«. Beim Auftreten elektromagnetischer Wellen auf längeren Anordnungen entstehen durch Antennenwirkung HF-Spannungen, die sich in Signalstromkreisen als Störspannungen auswirken können.

All diese Mechanismen können zu den Phänomenen der EMV-Störungen führen (Bild 1). In den meisten Fällen ist, was die Elektroinstallation betrifft, jedoch die »Verkabelung« (M. Koyne) entscheidend. Störungen treten in vielen Fällen auf, wenn die Elektroinstallation mit Fehlern behaftet ist, die zu Arbeitsströmen auf dem Erdungs- und Potentialausgleich führt.

Die Basis: Potentialausgleich und Erdung

Diese »vagabundierenden« Ströme fallen jedoch meist erst bei genauerem Messen auf, haben aber dort grundsätzlich nichts zu suchen. Es ist zur Behebung der unerwünschten Wirkungen notwendig, die Ursachen und Quellen dieser Ströme zu beseitigen.

Grundsätzlich besteht die Spannungsversorgung aus drei Außenleitern (L1, L2, L3) und einem Rückleiter (Neutralleiter, N) Zusätzlich ist ein separater Schutzleiter (PE) notwendig, der Personenschutz (z. B. bei Gerätedefekten) sicherstellen soll. Dieser Leiter wird für die Spannungsversorgung und regelgerechte Funktion der Verbraucher nicht benötigt. Der Schutzleiter ist an vorgeschriebener Stelle mit der Gebäudeerde z. B. über die Haupterdungsschiene zu verbinden So führt im Fehlerfall diese Verbindung zum Auslösen eines Sicherungsorganes (LS, RCD, etc.). Die in der Leitung zum Verbraucher hin- und rückfließenden Ströme müssen im Normalfall gleich sein.

Jedoch kommt es durch fehler- oder mangelhafte Elektroinstallation häufig zu Abweichungen von diesem Soll-Zustand, was dazu führt, dass durch Potentialunterschiede sich sogenannte vagabundierende Ströme über zahlreiche angeschlossene Leiter im Gebäude und auch über das PE/PA-System ausbreiten. In der Praxis sind nicht korrekt ausgeführte Aufteilungen von PEN zu N und PE in Unterverteilungen feststellbar, die zu Parallelwegen (zum Beispiel durch die Erdung von LAN-Komponenten) zum N-Leiter und damit zu Rückleiterströmen direkt zum Trafo-Sternpunkt führen. Das hat massive Auswirkungen auf alle angeschlossenen und empfindlichen Geräte und Systeme, denn ­undefinierte Ströme verursachen an Widerständen undefinierte Spannungen. Ebenso verursachen Schaltvorgänge vereinzelt Impulse, die ebenfalls über PE-Systeme einkoppeln können.

Wichtig ist daher eine funktionsfähige und ggf. niederimpedante Potentialausgleichs- und Erdungsanlage. Sie ist die Basis für die grundsätzlichen Schutzmaßnahmen des Überstrom-, Fehler-, Überspannungs- und EMV-Schutzes um Personen, Geräte und Systeme zu schützen zu können. Und damit Smart Homes einwandfrei funktionieren können.

EMV-gerechte Motor-Anschlussleitung

Bild 2: EMV-gerechte Motor-Anschlussleitung; Quelle: Lapp

Vor allem in Industrieanlagen, in denen Frequenzumrichter-gesteuerte Motoren eingesetzt werden, kommt es vermehrt zu unerwünschten Strömen auf den Potentialausgleichsleitungen oder Schutzerdleitungen. Eine neuartige Kabelkonstruktion von Motor-Anschlussleitungen soll dies verhindern.

Sie nennt sich »zeroCM« und stammt vom Hersteller Lapp: Statt wie üblicherweise das Problem EMV über die Schirmung zu lösen, wurde hier das komplette Kabeldesign angepasst (Bild 2). Drei Phasenleiter sind nun symmetrisch angeordnet und in einer Innenlage verseilt. Ergänzend wird der Schutzleiter in einer Außenlage mit entgegengesetzter Verseilschlagrichtung um die drei Phasenleiter in einem bestimmten Schlaglängenverhältnis verseilt.

Einerseits ermöglicht der neuartige Kabelaufbau um bis zu 80 % reduzierte Ausgleichsströme am Frequenzumrichter-Ausgang und auf parallelen Pfaden wie beispielsweise Datenleitungen. Andererseits sorgen reduzierte Kabel-Umladeströme für verringerte Last am und im Frequenzumrichter selbst: So ­können beispielsweise längere Kabel­längen verlegt werden, ohne dass der ­Frequenzumrichter außerhalb seiner (EMV-)Spezifikation betrieben wird. Zudem unterbindet die neuartige Technologie das Entstehen von Spannungspegeln auf dem Masse-/Erdpotential auf der Verbraucherseite.

Autor

Dipl.-Wirtschaftsingenieur Peter Respondek, Neumarkt

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net