Steckerfertige Kleinst-PV-Anlagen sind besondere Ausführungen von photovoltaischen Stromerzeugungsanlagen für den Niederspannungsbereich. Sie werden auch als Mini-PV-Anlagen, Steckersolargeräte oder »Balkonkraftwerke« bezeichnet (Bilder 1 und 2). Sie beinhalten alle für PV-Anlagen typischen Komponenten wie PV-Module, Wechselrichter sowie Anschluss- und Verbindungsleitungen.

Das wesentliche Merkmal einer Mini-PV-Anlage ist die Begrenzung der Einspeiseleistung auf wenige 100 W. Eine eindeutige Definition oder Abgrenzung hierzu ist in geltenden Regelwerken derzeit aber nicht zu finden. Tatsächlich ist die Verwendung des Begriffs »Anlage« insofern nicht angebracht, als eine elektrische Anlage üblicherweise durch eine Elektrofachkraft errichtet werden muss. Steckerfertige Kleinst-PV-Anlagen sind jedoch für den Anschluss mittels einer geeigneten Steckvorrichtung vorgesehen und werden somit nicht »errichtet«. Deshalb wird im Folgenden nur noch von Steckersolargeräten gesprochen.

Betrieb am öffentlichen Stromnetz

Bild 1: Der Grundgedanke der Stromerzeugung mit einer Mini-PV-Anlage; Quelle: DKE

Anders als bei elektrischen Verbrauchsgeräten, die ausschließlich elektrische Energie aus dem Netz beziehen, soll mit Steckersolargeräten elektrische Energie erzeugt und in eine Anlage eingespeist werden, die an das öffentliche Stromnetz angeschlossen ist. Nun unterliegen Stromerzeugungsanlagen (und -geräte) beim Betrieb am öffentlichen Netz vielfältigen Anforderungen, die neben der rein physikalischen Netzverträglichkeit – im Wesentlichen geht es dabei um das Vermeiden nicht akzeptabler Netzrückwirkungen – auch organisatorische Belange umfassen. Selbst steuerrechtliche Aspekte sind ggf. zu berücksichtigen, da erzeugte elektrische Energie auch in das öffentliche Netz eingespeist wird. Der Betreiber bzw. Nutzer der elektrischen Anlage wird so zu einem Stromerzeuger, womit entsprechende marktwirtschaftliche Regeln greifen.

Jede Erzeugungsanlage, die an einem öffentlichen Stromnetz betrieben werden soll, ist vor dem Anschluss beim zuständigen Netzbetreiber anzumelden. Die für die notwendige Anmeldung zum Netzanschluss erforderlichen Unterlagen sind mit dem zuständigen Netzbetreiber abzustimmen.

Zudem ist für den Anschluss und Betrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz die Netzanschlussregel VDE-AR-N 4105  zu beachten. Hier sind die wesentlichen technischen Gesichtspunkte zusammengefasst, die in Deutschland beim Anschluss und Betrieb von Erzeugungsanlagen und Speichern an das Niederspannungsnetz des Netzbetreibers zu beachten sind. Sie ist gleichzeitig die nationale Umsetzung der »Verordnung (EU) 2016/631 der Kommission vom 14. April 2016 zur Festlegung eines Netzkodex mit Netzanschlussbestimmungen für Stromerzeuger (NC RfG)«.

Steckersolargeräte fallen voll umfänglich unter diese Netzanschlussregel – alle relevanten Anforderungen sind einzuhalten. In einem eigens für steckerfertige Erzeugungsanlagen (die in einen Endstromkreis einspeisen) aufgenommenen Abschnitt 5.5.3 wird explizit gefordert, dass die VDE-Bestimmung DIN VDE V 0100-551-1  einzuhalten ist.

Die Inbetriebsetzung einer Erzeugungsanlage (und/oder eines Speichers) ist durch ein Inbetriebsetzungsprotokoll (Anhang E.8) zu dokumentieren. Wenn allerdings zum Zeitpunkt des Erstanschlusses eines Steckersolargeräts

  • die nach VDE V 0100-551-1  notwendige spezielle Energiesteckdose – z. B. nach DIN VDE V 0628-1 – bereits vorhanden ist, und
  • ein Zweirichtungszähler in der Kundenanlage bereits eingebaut ist, und
  • die maximale Scheinleistung des steckersolargeräts SAmax ≤ 600 VA beträgt,

dürfen in dem Inbetriebsetzungsprotokoll die Angaben zum Errichter der elektrischen Anlage und dessen Unterschrift entfallen – die Unterschrift des Anlagenbetreibers (i. d. R. Eigentümer des Steckersolargeräts) ist in diesem Fall ausreichend.

Die Einführung einer sogenannten »Bagatellgrenze« (vereinfachte Netzanschlussbedingungen für Steckersolargeräte mit einer begrenzten Einspeiseleistung) ist physikalisch nicht vertretbar. Der gleichzeitige Anschluss und Betrieb von einer Vielzahl von Steckersolargeräten hinter einem gemeinsamen Netzanschlusspunkt (z. B. in einer größeren Wohnanlage) ist genauso netzrelevant wie eine vergleichbare, fest installierte Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Gebäudes, für die die vereinbarten Netzanschlusskriterien natürlich nicht in Frage gestellt werden.

Im Vordergrund steht immer die elektrische Sicherheit

Bild 2: Befestigung einer Mini-PV-Anlage an einem Balkongeländer; Quelle: NDR

Der Anschluss einer Erzeugungsanlage an einen vorhandenen Stromkreis, der ursprünglich nur für Verbrauchsgeräte vorgesehen war, und an dem solche Verbrauchsgeräte auch betrieben werden (Endstromkreis), stellt erweiterte Anforderungen an die notwendigen Schutzvorkehrungen. Dies betrifft gleichermaßen den Schutz gegen elektrischen Schlag wie auch den Schutz bei Überlast und Kurzschluss.

Die bereits vorhandenen Schutzmaßnahmen für diesen Endstromkreis sind grundsätzlich nicht geeignet bzw. ausreichend, die durch den Anschluss einer Erzeugungsanlage entstehenden Risiken im notwendigen Umfang abzudecken. Hier ist die Übereinstimmung mit geltenden Sicherheitsvorschriften (VDE 0100) durch eine Elektrofachkraft zu prüfen bzw. herzustellen. DIN VDE V 0100-551-1 verdient hier besondere Beachtung.

Was die elektrische Sicherheit angeht, ist festzustellen, dass die Risiken eines elektrischen Schlages nicht von der maximal einspeisbaren Leistung des Steckersolargerätes abhängen – eine Leistungsbegrenzung ist kein wirksames Mittel, um auf übliche Schutzvorkehrungen zu verzichten.

Auch das Risiko einer möglichen Überlastung der Stromkreisleitung ist nicht durch eine Begrenzung der Einspeiseleistung auf z. B. 600 W in den Griff zu bekommen. Auf der Grundlage der anerkannten Regeln der Technik ist es nicht zulässig, von einer immer vorhandenen »Reserve« bei der Belastung eines Stromkreises auszugehen. Dies wird explizit in DIN VDE 0100-430 angesprochen.

Wird in einen Endstromkreis ein Strom eingespeist, der nicht durch die zuständige Schutzeinrichtung erkannt wird, muss deshalb die Schutzeinrichtung durch eine entsprechende Reduzierung des Bemessungsstroms angepasst werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Steckersolargeräte oftmals in Gebäuden verwendet werden, deren Elektroinstallation 60 Jahre, 70 Jahre oder älter sind und deren Zustand nach heutigen Maßstäben durchaus bedenkenswert ist.

Aus den vorgenannten Gründen kann und darf es auch bezüglich der elektrischen Sicherheit keinerlei »Bagatellgrenzen« geben, wie es oftmals in der laufenden Diskussion gefordert wird.

Ein weiterer Aspekt ist die Sicherheit der Steckersolargeräte selber. Für diese Art von Stromerzeugern, die ja von elektrotechnischen Laien angeschlossen und betrieben werden sollen, gibt es derzeit (noch) keine Produktnorm, die als Basis für den Nachweis der elektrischen Sicherheit herangezogen werden kann. Ein entsprechender Normentwurf  wurde im November 2022 veröffentlicht. Nach Ablauf der Einspruchsfrist lagen deutlich mehr als 700 Einsprüche vor, was darauf hindeutet, dass noch ein weiter Weg zu gehen ist, bis die Konsensbildung für diese Produktnorm abgeschlossen ist. Bis dahin können sich die Aussagen zur elektrischen Sicherheit nur an übergeordneten Grundlagen der elektrischen Sicherheit in anerkannten Regeln der Technik orientieren. Wesentliche Vorgaben hierzu finden sich in den Normen DIN EN 61140 (VDE 0140-1), DIN VDE V 0100-551-1 sowie VDE-AR-N 4105.

Geeignete Steckvorrichtungen für Steckersolargeräte

Zur Erhöhung der Akzeptanz von Steckersolargeräten (und damit sicherlich auch der besseren Vermarktbarkeit) wird von einigen Seiten gefordert, dass Steckersolargeräte mittels haushaltsüblicher Stecker an eine vorhandene Haushaltssteckdose angeschlossen werden können. Dies würde allerdings allen geltenden (nationalen und internationalen) Regeln widersprechen.

Grundsätzlich sind Stromerzeugungsanlagen über einen separaten Einspeisestromkreis und mittels eines Festanschlusses anzuschließen – schließlich ist in VDE-AR-E 2100-550  festgelegt, dass Steckdosen und Stecker so installiert sein müssen, dass berührbare Steckerstifte in nicht gestecktem Zustand nicht (d. h. zu keinem Zeitpunkt) unter Spannung stehen können. Dies ergibt sich auch schon aus der Sicherheitsgrundnorm für den Schutz gegen elektrischen Schlag .

Soll dennoch elektrische Energie (zum Beispiel durch Steckersolargeräte) in einen Endstromkreis eingespeist werden, muss dies entsprechend DIN VDE V 0100-551-1 erfolgen, wonach eine »spezielle Energiesteckvorrichtung« (z. B. nach DIN VDE V 0628-1) zu verwenden ist, die damit die zuvor genannte Anforderung erfüllt – die Steckerstifte sind nicht berührbar. Die dazu­gehörige Steckdose ist zusätzlich mit dem maximalen zulässigen Wert des Bemessungsausgangsstroms der Stromerzeugungseinrichtung für diesen Stromkreis zu kennzeichnen.

Eine Produktnorm für Steckersolargeräte fehlt noch

Bereits vor mehr als zehn Jahren wurde bei der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) diskutiert, welche Anforderungen an Kleinst-PV-Anlagen zu stellen sind. In zwei Workshops (2014 und 2016) wurden die Sicherheitsaspekte bei der dezentralen Einspeisung in Niederspannungsanlagen herausgearbeitet. Als Resultat wurde die Erarbeitung einer Produktnorm angestoßen, die den besonderen Aspekten der Benutzung durch Laien gerecht wird und als Prüfgrundlage u. a. für Sicherheitsnachweise gemäß Produktsicherheitsgesetz herangezogen werden kann. Als vorläufiges Ergebnis wurde im November 2022 ein erster Normentwurf veröffentlicht.

Jeder Normungsprozess folgt Regeln

Mitten in einem derzeit laufenden Normungsprozess hat sich der VDE mit einem »Positionspapier« zu Wort gemeldet. Darin sprechen sich die Autoren dafür aus, bestehende Voraussetzungen für den Anschluss und Betrieb von steckerfertigen Mini-Energieerzeugungsanlagen gemäß den nachfolgend aufgeführten Punkten zu vereinfachen, Zitat:

»

  1. Einführung einer Bagatellgrenze bis 800 W auf Basis der europäischen RFG.
  2. Mini-Energieerzeugungsanlagen dürfen an jedem Zählertyp verwendet werden.
  3. Vereinfachte Anmeldung und Inbetriebsetzung von Mini-Energieerzeugungsanlagen.
  4. Duldung des Schukosteckers als Steckvorrichtung für die Einspeisung bis 800 W.
  5. Sicherheitsvorgaben für Mini-Energieerzeugungsanlagen.«

Das Positionspapier ist jedoch als Meinungsäußerung Einzelner zu betrachten. Es repräsentiert nicht eine Verbandsposition und ist nicht im Einklang mit den laufenden Diskussionen in den Arbeitsgremien.

Schließlich befinden sich derzeit bei DKE und FNN relevante Regelwerke im Erstellungs- bzw. Überarbeitungsprozess (Produktnorm für Steckersolargeräte, Netzanschlussregeln für Niederspannungserzeugungsanlagen). Es ist nicht geboten, dass der VDE derart in laufende Normungsprozesse seiner normensetzenden Gremien eingreift bzw. öffentlich Einfluss nehmen will. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die zuständigen Fachkreise bei der Erstellung dieses »Posi­tionspapiers« eingebunden wurden. Abgesehen davon wird mit dem Positionspapier in der Öffentlichkeit eine Erwartungshaltung erzeugt, deren Erfüllung sehr unwahrscheinlich ist. Es ist derzeit nicht absehbar, dass die angesprochenen Punkte zur »Vereinfachung der Voraussetzungen« tatsächlich wie gefordert umgesetzt werden.

Fazit

Elektrische Anlagen und Geräte, die dezen­tral Energie erzeugen und parallel zum öffentlichen Netz bereitstellen, unterliegen besonderen Anforderungen bezüglich des Anschlusses und Betriebs. Die diesbezüglichen bestehenden Regeln gelten grundsätzlich für alle Anlagen und Geräte, unabhängig von ihrer Anschlussleistung. Noch zu erarbeiten ist eine Produktnorm für Geräte, die zum Einspeisen photovoltaisch erzeugter elektrischer Energie vorgesehen sind und die von Laien – ähnlich wie elektrische Haushaltsgeräte – angeschlossen und betrieben werden sollen. Der entsprechende Normungsprozess läuft.

Es ist abwegig, politisch oder kommerziell motiviert auf Prozesse zur Festlegung von Anforderungen zur elektrischen Sicherheit und zur Netzverträglichkeit Einfluss zu nehmen. Vielmehr steht jedem Experten, Fachkreis, Verband usw. frei, sich in die laufenden Arbeiten konsensorientiert einzubringen, damit das Ergebnis dieses Normungsprozesses breite Akzeptanz findet.

Autor

Dipl.-Ing. Bernd Siedelhofer, langjähriger Mitarbeiter in verschiedenen DKE-Gremien und bis 2021 Obmann des DKE K221, Heidelberg

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net