Solarmodule müssen lange Betriebszeiten gewährleisten. Ein wesentliches Element für die Aufrechterhaltung der Funktion von PV-Modulen sind Rückseitenfolien. Am Forschungszentrum Jülich wurden diese umfangreich untersucht und die Ergebnisse in einer Datenbank gespeichert.

Rückseitenfolien haben die wichtige Aufgabe, Solarmodule vor UV-Strahlung, Feuchtigkeit, Diffusion, chemischen Substanzen, mechanischer Beschädigung und Abrasion zu schützen und ihre elektrische Leitfähigkeit zu gewährleisten. Diese Schutzfunktion sollte möglichst lange, zumindest jedoch während der garantierten Lebensdauer, aufrecht erhalten bleiben. Damit die Photovoltaik ihrer Aufgabe in einer zukünftigen Energieversorgung gewachsen ist, muss sie möglichst störungsfrei und langlebig sein. Auch unter dem immer dringlicheren Aspekt der Ressourcenknappheit müssen alle Komponenten hochwertig sein, nur so können diese möglichst dauerhaft funktionieren.

Problem erkannt

Bild 1: Die Modulflüsterer bei der Arbeit. Hier mit dem »Modul Stethoskop«, mit dem die Nira-Messungen durchgeführt werden; Quelle: HI ERN / Kurt Fuchs

In den letzten Jahren ist in der Photovoltaik jedoch ein Problem zu Tage getreten, dass sich in einem deutlichen Anstieg an Modulfehlern äußert. Hintergrund ist ein Versagen von einzelnen Rückseitenfolien (Backsheets, BS) und einem damit verbundenen Verlust der Isolationsfestigkeit von Solarmodulen. Zunächst wurde der Effekt vor allem in feuchteren Klimazonen beobachtet, doch auch in gemäßigten Gebieten, wie in Deutschland, werden mittlerweile vermehrt Schäden publik. Durch diesen Vorgang treten immer häufiger Isolationsfehler auf, welche letztlich die Wechselrichter dazu veranlassen, die Anlage aus Sicherheitsgründen nicht mehr einzuschalten. Unter besonderen Wetter- und Umweltbedingungen, kann eine Gefahr für Leib und Leben infolge eines Stromschlags nicht ausgeschlossen werden.

Im Zusammenhang mit geschädigten Rückseitenfolien sind diverse Schadensbilder dokumentiert; unter anderem kommt es vermehrt zu Korrosion bei Zellverbindern, Auskreiden der Rückseitenfolien, Delamination, Rissbildung oder Braunfärbung. Im schlimmsten Fall können diese Schäden dazu führen, dass die Betriebssicherheit der Solaranlagen nicht mehr gewährleistet ist. Bisher wurden diese Fehler vermehrt bei Solarmodulen beobachtet, die im Zeitraum von 2010 bis 2012 verbaut wurden. Module mit schadhaften Rückseitenfolien, welche auch bereits in größeren Solarparks verbaut wurden, stellen durchaus ein Sicherheitsrisiko dar, da sie die Anforderungen der Schutzklasse II nicht mehr erfüllen. In dieser Periode wurden von einigen Herstellern Folien aus Polyamid oder mit fluorhaltigem Coating eingesetzt.

Forschen im Feld

Um schneller Fortschritte machen zu können, hat das Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg (HI ERN) den Blick aus dem Labor heraus, direkt ins Solarfeld gerichtet. Denn bislang konzentrierte sich die Sichtung vor allem auf augenfällige Exemplare, da häufig nur Module mit besorgniserregenden Rissen im Labor untersucht wurden.

Also machten sich die Experten auf den Weg und begannen Informationen zusammenzutragen und Zusammenhänge zu identifizieren. Dazu musste, auch wenn das jetzt auf den ersten Blick alles andere als eine rein wissenschaftliche Herangehensweise ist, eine gewisse Beobachtungsgabe entwickelt werden. Denn nur eine solche ermöglicht ein besseres Verständnis und Erkennen. Mit einer Portion Geduld und Ausdauer, unter Berücksichtigung aller nur denkbaren Standortbedingungen, konnte durch ein ganzheitliches Gespür für die gesammelten Daten ein Zusammenhang zwischen Degradation und Backsheet hergestellt werden. Das mag jetzt fast schon ein wenig esoterisch klingen, jedoch ist es nur ein Versuch, zu beschreiben, was alles hinter einer nicht rein nüchternen wissenschaftlichen Vorgehensweise steckt: Eben alles andere als dröge Wissenschaft.

Neue Messmethoden

Bild 2: Backsheets-Vielfalt in einem Solarpark: Ausschnitt eines Solarparks (ca. 0,5 MWp eines Multi-MWp-Solarparks). PA: Polyamid, PVDF: Polyvinylidenfluorid, FC: fluorhaltiges Coating; Quelle: HI ERN

Zur Bestimmung der verschiedenen Schichten der Rückseitenfolien wurden mehrere Messmethoden kombiniert. Dabei muss man zwischen langwierigen Labormessungen, die mit hohem Aufwand für eine sehr hohe Genauigkeit sorgen, und Feldmessungen mit großem Durchsatz unterscheiden. Die Kombination dieser zwei Ansätze ist der entscheidende Ansatz. Zum einen konnten mittels einer sogenannten FTIR-Spektroskopie zerstörungsfrei die Oberflächenschichten erfasst und anschließend charakterisiert werden. Auch wurden die Module nach äußerlichen Merkmalen klassifiziert. Hier lag das Augenmerk auf optischen Veränderungen hinsichtlich Verfärbungen, Delamination, Rissbildungen, Adhäsionsverlusten sowie Korrosionserscheinungen innerhalb von PV-Modulen. Zum anderen wurden mithilfe von Nira-Spektroskopie zerstörungsfreie Analysen von der Außenseite durchgeführt (Bild 1). Dank der großen Eindringtiefe von Nira (mehrerer 100 μm je nach Material), konnten auch die inneren Schichten und deren Dicken erfasst werden. Ebenso wurden im Feld, wie auch im Labor, durch UV-Fluoreszenzmessungen Veränderungen der Folien, wie sie u. a. bei Single-Fluoropolymer-Folienpaketen, zusätzlich zu BS-Vielfalt, auftreten können, visualisiert.

Schließlich wurden mithilfe von Materialproben Referenzmessungen (z. B. durch sogenannte Raman-Analysen) durchgeführt. An den Probenschnittkanten wurden die jeweiligen Polymerstapel bestimmt. Zusätzlich wurden im Labor auch noch die STC-Leistung als auch der Isolationswiderstand der Module vermessen.

Neben den Messungen erfolgte auch eine visuelle Inspektion. Bei dieser wurden bei vielen Modulen schon deutliche Anzeichen von Degradation und Alterung der Polymermaterialien festgestellt. Dies äußerte sich beispielsweise im sogenannten Auskreiden, bei dem die weißen TiO2-Partikel freigelegt werden, da das umgebende Polymermaterial abgetragen wurde, sowie Rissen über den Busbars oder in den Zellzwischenräumen.

Große Vielfalt

Bild 3: Erdungsfehler nach Backsheet-Typ über die Zeit; Quelle: HI ERN

Unabhängig davon, welche Rückseitenfolien bzw. welche BS-Typen für welche Probleme verantwortlich zu sein scheinen, liegt ein großes Problem darin, dass bei älteren Modulen viel zu wenig Daten vorliegen, mit denen sich feststellen lässt, welche Folien auf welche Modultypen genau aufgebracht wurden. Das betrifft zum einen die Zusammensetzung des Folienpakets, zum anderen die Art der Aufbringung, aber auch die Verwendung von Additiven, Klebern oder Haftvermittlern. Bei der Bestimmung bzw. den Messungen im (Solar-)Feld wurde dank der neuen Messmethoden ein großes Spektrum an Backsheets festgestellt (Bild 2).

Das Besondere: selbst typengleiche Module sind nicht bauartgleich. Diese große Varianz ist kritisch, da unterschiedliche Schichtkombina­tionen auch unterschiedliche Reaktionen zeigen können. Die Ursache für einen vermeintlichen Ausfall in einem Solarpark ist somit schwer zu identifizieren, wenn unklar ist, welche Rückseitenfolien vorliegen. Da Backsheets in gewisser Weise auch in einem stetigen Wandel sind und sich im Betrieb verändern, das Solarmodul in gewisser Weise sich also »organisch« verhält, wird die Fehlersuche umso schwieriger. So ist oftmals nicht bekannt, was etwa an Additiven während der Produktion in die Schichten eingebracht wurde. Da Additive während des Betriebs teilweise abgebaut werden, kann mithilfe der identifizierten nicht so einfach auf deren ursprüngliche Konzentration geschlossen werden. Das alles macht die Bestimmung des Ist-Zustands und eine Prognose der zu erwartenden Veränderungen im Modul aufwändig.

Möglichkeiten und Fazit

Dank der umfassenden Datenbank des HI ERN und der im Institut erlangten Erkenntnisse, ergeben sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für weitere Untersuchungen. So ist es etwa grundsätzlich möglich, mit Methoden der künstlichen Intelligenz die Degradationsmechanismen als solche besser zu verstehen. Die Ergebnisse können dabei nicht nur rückwirkend Auskunft geben, sondern auch anderen und zukünftigen Materialien und Materialkombinationen Hilfestellung leisten.

Es hat sich auch herausgestellt, dass nicht die Backsheets im Allgemeinen problematisch sein können, sondern vielmehr der Polymerstapel im Ganzen betrachtet werden muss. Auch dass Backsheets nicht elektrisch passiv sind, macht deutlich, dass viele Veränderungen mit der Zeit des Betriebs einhergehen und eine jede Untersuchung nur eine Art Momentaufnahme darstellt. Zu allem »Unglück« stehen Solarmodule auch noch täglich unter Spannung, was allerlei elektrochemische Vorgänge begünstigt (Bild 3).

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass es sich hierbei nicht um ein durchgehendes Problem des Moduldesigns handelt, PV-Module nicht grundsätzlich unter diesen Schäden leiden, sondern, dass es offensichtlich um eine gewisse Zeitspanne geht, in der teilweise weniger geeignete Materialien verbaut wurden.

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Matthias Hüttmann, Fachjournalist, Nürnberg

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net