Bild 1: Der ursprüngliche PoE-Standard
versorgt Geräte, die weniger als 12,95 W
benötigen; Quelle: Netgear

Digitalisierung findet auf allen Ebenen und in allen Lebensbereichen statt. Dass diese Entwicklung auch in modernen Gebäuden Einzug hält, in denen wir arbeiten, wohnen oder einkaufen, ist der nächste logische Schritt. Gleichzeitig beschäftigen uns aber auch Themen wie Ressourcenschonung, steigende Urbanisierung und das Anliegen nach mehr Sicherheit in öffentlichen und kommerziellen Gebäuden.

Moderne Gebäudeautomationssysteme sorgen dafür, dass Gebäude vernetzt denken und die stetig steigenden Anforderungen erfüllen, die eine Digitalisierung mit sich bringt. Digitalisierung und IoT eröffnen neue Perspektiven: Büro- und Verwaltungsgebäude, Shoppingcenter, Veranstaltungshallen oder Sportarenen, Flughäfen, Krankhäuser und Kliniken, Schulen und Universitäten, Industrie- und Gewerbeflächen – immer, wenn es darum geht, die Effizienz, die Sicherheit und den Komfort zu erhöhen, hilft ein Gebäudeautomationssystem weiter. Allerdings ist die Automatisierung nur so gut, wie die technische Infrastruktur im Hintergrund. Power-over-Ethernet-Switches sind hier das Mittel der Wahl.

Digitaler, vernetzter, smarter mit PoE

Bild 2: PoE+ verdoppelt die PoE-Leistung zum Gerät, indem 30 W an den Netzwerkanschluss übertragen werden; Quelle: Netgear

Power over Ethernet (PoE) sind IEEE-Standards und Verfahren, um Endgeräte in einem Netzwerk über das Netzwerkkabel mit Strom zu versorgen. Kurzum: Mit Power over Ethernet erfolgt die Stromversorgung eines Endgeräts über das vorhandene Twisted-Pair-Kabel und die RJ45-Steckverbindungen durch eine netzseitige Ethernet-Schnittstelle. PoE bietet Stromversorgung und Netzwerkkonnektivität für PoE-fähige Geräte über ein einziges Netzwerkkabel.

Mit der 2-in-1-Lösung muss sich der Nutzer keine Gedanken mehr darüber machen, ob sich in der Nähe seiner Geräte eine Steckdose befindet. PoE-Geräte reichen von ­Wireless Access Points, IP-Kameras, VoIP-Telefonen, PoE-LED-Beleuchtung, PoE-Lautsprechern, Heizung, Lüftung, Klima, Luftqualität, Verschattung oder auch Prä­senzerkennung bis hin zu weiteren IoT-Anwendungen. Die Geräte werden mit Strom versorgt und können in einigen Fällen sogar über PoE-Switches verwaltet werden.

Vorteile von PoE

In Gebäuden, in denen es zu teuer oder umständlich wäre, neue Stromleitungen zu in­stallieren, ist es mithilfe von PoE kostengünstiger und leichter, ein Netzwerk zu installieren oder zu erweitern. So können Geräte an Orten montiert werden, die für die Stromverlegung nicht geeignet sind, zum Beispiel an Zwischendecken. Weitere Vorteile von Power over Ethernet sind:

  • Niedrige Infrastruktur- und Installationskosten: Es werden weniger separate Netzteile und nur eine statt zwei Kabelführungen benötigt.
  • Zentralisierte Steuerung: Verwalten der Stromversorgung von Geräten über einen zentralen Switch. Ein- und Ausschalten von Geräten zeitgesteuert oder nach Bedarf, um Energie und Kosten zu sparen.
  • Reichweite: PoE erweitert die Reichweite von kabelgebundenen und drahtlosen Netzwerken, Platzierung unabhängig von verfügbaren festen Steckdosen.
  • Einfachheit: PoE ist eine Lösung für schwer zu verkabelnde Umgebungen. Neubauten werden heute direkt mit intelligenten Automationslösungen geplant, aber auch die Umrüstung von alten oder denkmalgeschützten Bestandsbauten zu intelligenten Smart Buildings ist möglich.
  • Zuverlässigkeit: Die RPS-Backup-Optionen (Redundant Power Supply, redundante Stromversorgung) sorgen dafür, dass die Geräte auch bei einem Stromausfall weiterlaufen. Wichtig für geschäftskritische Services, beispielsweise Call Center, die IP-Telefonie nutzen.

Powered Devices

Ein Powered Device (PD) ist ein Endgerät, das über das Ethernet mit Strom versorgt wird. Bei den Powered Devices kann es sich um VoIP-Telefone, IP-Kameras, Wireless ­Access Points und einige mehr handeln (siehe Kasten).

Die gängigsten Anwendungen für Power over Ethernet (PoE):

  • Wireless Access Points
  • IP-Telefonie
  • IP-Kameras
  • LED-Leuchten
  • Türverriegelungen
  • Lautsprecher
  • Konferenzgeräte
  • POS-Lesegeräte
  • Thin Clients
  • IPTV-Encoder/Decoder

Neben dem PD ist aber auch die Verkabelung für die Leistungsfähigkeit entscheidend. Idealerweise verwendet man heute CAT7-Kabel, aber auch bei einer Verkabelung mit CAT5-Kabeln können PDs betrieben werden. Hier werden nur zwei der vier Signalpaare genutzt. Mode B belegt die beiden ungenutzten Paare mit der Datenübertragung. Mode A transportiert die Daten auf denselben Aderpaaren wie 10/100 Mbit/s Ethernet, ähnlich wie bei der Phantomspeisung über entkoppelte, gleichspannungsfreie Datenleitungen.

Bei Gigabit-Ethernet und schneller werden alle vier Paare für die Datenübertragung benötigt. In diesem Falle leiten beide Alternativen Strom über Leitungspaare, die auch für den Datentransfer benötigt werden.

Wieviel Power braucht der Switch?

Es gibt vier existierende PoE-Standards: PoE (802.3af) – Typ 1, PoE+ (802.3at) – Typ 2 und PoE++ (802.3bt) – Typ 3 und 4. Der ursprüngliche PoE-Standard PoE (802.3af) – Typ 1 (Bild 1) versorgt Geräte mit bis zu 15,4 W auf jedem Port. Jedoch sind nur 12,95 W garantiert, denn ein gewisser Anteil geht bei der Übertragung verloren. Typische Geräte, die weniger als 12,95 W benötigen, sind:

  • IP-Telefone mit kleinem oder auch ohne Display
  • Wireless 802.11n- oder 2×2-Wireless 802.11ac-Zugangspunkte für den Innenbereich
  • Einfache IP-Kameras.

PoE+ (802.3at) – Typ 2, oder kurz PoE+ (Bild 2), verdoppelt die PoE-Leistung zum Gerät, indem 30 W an den Netzwerkanschluss übertragen werden, von denen max. 25,5 W bereitgestellte Leistung bei einer Entfernung von 100 m vom Switch garantiert werden. PoE+-Switches sind die geeignete Wahl für folgende PoE-Szenarien:

  • IP-Telefone mit großem Display, Video­telefone und Konferenzsysteme
  • Bis zu vier Wireless 802.11ac (Wifi 5) oder 2 x2 802.11ax (Wifi 6) Access Points
  • HD-IP-Kameras mit Schwenk-/Neige-Zoom ohne integrierte Heizung
  • Kleine Audiolautsprecher
  • Türschlösser und andere IoT-Geräte.

PoE++ (802.3bt) – Typ 3 und 4 ist die aktuelle Weiterentwicklung des PoE-Standards (Bild 3). PoE++ verdoppelt die PoE+-Leistung des Geräts jetzt durch Bereitstellung von 60 W (Typ 3) oder 90 W (Typ 4) nicht nur am Netzwerkanschluss, sondern bis zum Gerät in einer Entfernung von 100 m vom Switch. Die Mindestleistung beträgt bei 100 m 51 W (Typ 3) bzw. 71 W (Typ 4). Über PoE++ können insbesondere mit Strom versorgt werden:

  • IP-Telefone mit großem Display, Video­telefone und Konferenzsysteme
  • Bis zu 4 Wireless 802.11ax Access Points (WiFi 6)
  • HD-IP-Kameras mit Schwenk-/Neige-Zoom und integrierten Heizelementen
  • Deckenplatten mit LED-Beleuchtung
  • Große Audiolautsprecher
  • Digital Signage-Displays
  • AV-über-IP-Encoder/-Decoder.

Aufrüstbares PoE-Leistungsbudget

Bild 3: Mehr Leistung bietet PoE++ und stellt dem Gerät 60 W (Typ 3) oder 90 W (Typ 4) in einer Entfernung von 100 m vom Switch bereit; Quelle: Netgear

Eine weitere Entwicklung hat Netgear mit »FlexPoE« auf den Markt gebracht. Damit kann man das PoE-Leistungsbudget eines Switches einfach mit neuen Netzteilen erweitern, ohne den gesamten Switch ersetzen zu müssen. »FlexPoE« ist für ausgewählte PoE-Switches des Anbieters verfügbar.

Der größte Vorteil besteht darin, dass der Installateur, wenn er sich nicht sicher ist, wieviel PoE-Leistung er benötigt und sein Budget beschränkt ist, erst einmal die Switch-Version mit weniger Leistung erwerben kann. Wenn die PoE-Anforderungen steigen, kann er das Netzteil später aufrüsten, um ein größeres PoE-Leistungsbudget zu erhalten. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu herkömmlichen PoE-Switches, bei denen man den gesamten Switch komplett ersetzen müsste, um mehr Leistung zu erhalten – was im Umkehrschluss dann auch mit höheren Kosten einhergeht.

Autorin

Simone Kohler, Isargold, für Netgear, München

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net