Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gilt als eine wesentliche Säule der Energiewende in Deutschland. Vor über 20 Jahren begann die Ära der Einspeisevergütung von Solarstrom ins Netz, was seitdem Millionen von Bürgerinnen und Bürgern in die Rolle von Stromproduzenten versetzt hat. Das Gesetz war und ist eine Erfolgsgeschichte für den Ausbau der erneuerbaren Energien und wurde international häufig kopiert.

Erneuerbare Energien; Quelle: ZVEH und VDE

Lange Zeit war die Einspeisevergütung deutlich höher als der Strom auf dem freien Markt wert war. Das führte dazu, dass über die EEG-Umlage der Strom für Endkunden teurer wurde. Diese Umlage wurde 2022 abgeschafft. Die Abschaffung der EEG-Umlage fiel in eine Zeit, in der Strommarkt ohnehin auf den Kopf gestellt wurde. Fossile Energien, allen voran Erdgas im Zuge des Ukraine-Krieges, wurden so teuer, dass der Strompreis an der Börse dramatisch anstieg. Im September 2021 kam schließlich der Durchbruch. Der Marktwert von Solarstrom war höher als die Einspeisevergütung. Mit anderen Worten: Strom aus neuen PV-Anlagen wurde auf einmal mit einem niedrigeren Preis vergütet, als er am freien Markt wert war.

Betreiber großer Anlagen, deren Strom direkt vermarktet wird, können von solchen Preis­steigerungen profitieren. Kleine Anlagen auf Hausdächern sind hier üblicherweise außen vor und erwirtschaften die Einspeisevergütung, egal ob Strom billig oder teuer ist. Je dezentraler das Energiesystem wird und je mehr kleine Anlagen zur allgemeinen Stromversorgung beitragen, desto enger sollten sie eigentlich auch in das Energiesystem eingebunden werden. Gerade weil viele Haushalte mit Batteriespeichern ausgestattet sind, sollten sie die Batterien auch im Hinblick auf die Situation am Strommarkt ausrichten und Strom möglichst dann einspeisen, wenn er teuer ist, also gerade gebraucht wird. Umgekehrt könnte auch überschüssiger Strom aus Windenergieanlagen nachts in Batterien zwischengespeichert werden. Ein zentrales Element sind hier dynamische Preise – nicht nur für den Strombezug, sondern auch für die Einspeisung. Doch geht das überhaupt? Und welche technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen müssten erfüllt sein, damit nach der Volleinspeisung und der Eigenverbrauchsmaximierung mit der dynamischen Einspeisung eine dritte Option der Solarstromvermarktung realisiert wird?

Die drei Optionen der Solarstromvergütung

Bild 1: Marktwert Solar, EEG-Vergütung und durchschnittlicher Haushaltsstrompreis

Betrachtet man in Bild 1 den Marktwert von Solarenergie an der Börse, die EEG-Einspeisevergütung und den durchschnittlichen Haushaltsstrompreis, kann man drei Phasen der Solarstromvergütung ablesen. Die Übergänge sind natürlich fließend und die drei Optionen können auch parallel existieren.

Die erste Phase ging von den Anfängen des EEG bis etwa 2012 und kann mit den Worten »Produce and forget« beschrieben werden: Photovoltaik war eine am Strommarkt noch nicht konkurrenzfähige Technologie zur Stromerzeugung. Sie wurde mit einer satten Einspeisevergütung über die EEG-Umlage gefördert. Diese war höher als der Preis für Strom aus dem Netz. Dementsprechend gab es für alle Haushalte keine sinnvolle Alternative zur Volleinspeisung: Der gut geförderte Solarstrom wurde eingespeist und vom Netzbetreiber gesetzlich für 20 Jahre vergütet, während günstigerer Strom aus dem Netz bezogen wurde. Das ist noch heute für alle Anlagen der Fall, die zwischen 2003 und 2012 in Betrieb gegangen sind.

In den Nullerjahren wurde viel spekuliert, wann die sogenannte »Netzparität« in den einzelnen Ländern erreicht werden würde. Gemeint ist damit, dass Solarstrom günstiger werden würde als Strom aus dem Netz. Dafür muss Solarstrom nicht billiger werden als beispielsweise Braunkohlestrom, sondern lediglich günstiger als der Endkundenpreis für Haushalte, der Steuern, Netzentgelte, Umlagen und Händlermargen mit einbezieht. Die Netzparität von Photovoltaik wurde in Deutschland 2012 erreicht. Das bedeutet, dass seitdem eigenerzeugter Solarstrom günstiger ist als Strom aus dem Netz, wenn man den durchschnittlichen Haushaltsstrompreis zugrunde legt. Seitdem ist es sinnvoll, Solarstrom möglichst selbst zu verbrauchen und den Netzbezug zu minimieren.

Eigenverbrauch und Autarkiegrad

Die Begriffe Eigenverbrauch und Autarkie­grad sind seitdem von zentraler Bedeutung für die Planung von Photovoltaikanlagen. Um möglichst autark zu sein, also möglichst wenig Strom aus dem Netz zu benötigen, ist es gleichzeitig sinnvoll, den eigenerzeugten Strom so gut es geht selbst zu nutzen. Der Extremfall der Eigenverbrauchsmaximierung sind Balkonkraftwerke, deren Einspeisevergütung bei Null liegt und die sich trotzdem rechnen, da sie den Strombezug aus dem Netz reduzieren. Idealerweise liegt der Eigenverbrauchsanteil in diesem Fall bei 100 %.

Seit das Ziel der Eigenverbrauchsmaximierung existiert, werden PV-Anlagen zunehmend gemeinsam mit Batterien verkauft. In der Regel ist der einzige Zweck der Batterie, überschüssigen Solarstrom für die Abend- und Nachtstunden im Haushalt zwischenzuspeichern und dann wieder abzugeben. Das Einzige, was für die Batterien zählt, ist in der Regel die Leistung am Netz­anschlusspunkt. Das führt dazu, dass Batte­rien sich oft abends entladen und dann die ganze Nacht über herumstehen und warten, bis die Sonne aufgeht. Dass dann nachts vielleicht so viel Wind weht, dass die Strom­preise negativ werden, bekommen weder die Batterien noch deren Eigentümer mit. Dabei werden Speicher für die Energiewende dringend gebraucht. Gerade die vorhandenen Speicher sollten so gut es geht genutzt werden.

Am FZI Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe wurde das folgende Szenario durchgerechnet: Angenommen ein Haushalt mit Photovoltaikanlage und Batterie bekommt den stundenscharfen Börsenpreis (Epex Day Ahead) für jede eingespeiste kWh ins Netz. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Strom direkt aus der Photovoltaikanlage kommt oder in der Batterie zwischengespeichert wird. Für den Bezug von Strom zahlt der Haushalt einen ebenfalls stundenscharfen dynamischen Strompreis, der sich aus dem Börsenpreis und Steuern, Abgaben und Netzentgelten zusammensetzt. Somit bezieht der Haushalt einen dynamischen Strompreis und eine dynamische Einspeisevergütung (Bild 2).

Bild 2: Dynamische Einspeisevergütung und dynamischer Bezugspreis

Ganzheitliche Betrachtung des Energiesystems

Das Energiemanagementsystem, das die Batterie steuert, kann somit nicht nur Verbrauch und Erzeugung des eigenen Haushalts berücksichtigen, sondern auch den dynamischen Preis für Bezug und Einspeisung von Energie. Technisch gesehen stellt die Optimierung der Batterie in Bezug auf dynamische Preise kein Problem dar.

Für die simulative Untersuchung legte der Autor repräsentative Haushaltslastprofile, Aufzeichnungen einer Photovoltaikanlage und die Börsenpreise im Zeitraum zwischen September 2021 und März 2022 zugrunde. In diesem Zeitraum waren die Börsenpreise gegenüber den Vorjahren deutlich erhöht, jedoch nicht so extrem hoch wie direkt nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine.

Verglichen mit der aktuellen EEG-Vergütung von 8,2 ct/kWh für kleine Anlagen konnten in dieser Untersuchung die Erlöse für die Einspeisung in diesem Zeitraum um durchschnittlich 63 % gesteigert werden. Hiervon ist noch die Marge eines Zwischenhändlers abzuziehen. Gleichzeitig wären auch die Kosten für Strombezug gestiegen, da in diesem Zeitraum die Börsenpreise stärker gestiegen sind als die Haushaltsstrompreise. Als Resultat kann festgestellt werden, dass die dynamische Einspeisung dann wirtschaftlich interessant ist, je geringer der Stromverbrauch des Haushalts im Verhältnis zur PV-Anlage ist, da dann die Erlössteigerungen stärker ins Gewicht fallen als die Kostensteigerungen.

Für das Energiesystem ist zudem interessant, dass die Batterie gelegentlich nachts mit günstigem Strom aus dem Netz geladen wird, um den Haushalt an sonnenarmen Tagen zu versorgen. Darüber hinaus haben die Haushalte in der Simulation weniger Strom in Zeiten besonders teurer Preise benötigt – also dann, wenn Strom besonders knapp ist. Dementsprechend könnte allein die neue Steuerung der Batterien nicht nur die Erlöse für Haushalte steigern, sondern allgemein den teuren Betrieb von Spitzenlastkraftwerken reduzieren.

Zu beachten ist jedoch, dass sich diese Untersuchung nur auf einen bestimmten Zeitraum bezieht. Aktuell sind die Börsenpreise wieder unter dem Niveau des untersuchten Zeitraums. Wie sie sich in Zukunft entwickeln werden, ist schwer zu prognostizieren. Dass fossile Energien in Zeiten immer dringender werdender Klimaschutzmaßnahmen und teurer werdender CO2-Zertifikate wieder billiger werden, ist unwahrscheinlich. Dementsprechend ist die dynamische Einspeisung aus Sicht der Anlagenbetreiber ein Modell mit mehr Chancen, aber auch höheren Risiken, verglichen mit konstanten Strompreisen und einer festen Einspeisevergütung. Interessant könnte das Modell besonders für Post-EEG Anlagen sein, die keine Einspeisevergütung mehr bekommen und die ohnehin bereits amortisiert sind.

Um die dynamische Einspeisung mitsamt dynamischem Tarif umzusetzen, sind drei Elemente notwendig:

  • Ein intelligentes Messsystem (iMSys) für die eichrechtskonforme und stundenscharfe Messung von Bezug und Einspeisung von Energie von und ins Netz. Ein iMSys besteht aus einer modernen Messeinrichtung, auch oft Smart Meter genannt, sowie einem Smart-Meter-Gateway (SMGW). Nachdem der Rollout intelligenter Messysteme in Deutschland in den letzten Jahren sehr schleppend vonstatten ging, hat das »Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende« viele Prozesse vereinfacht und Hindernisse beseitigt. Für die Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien können Kunden vom Messstellenbetreiber den Ein­bau eines intelligenten Messsystems verlangen, siehe § 34 (2) MsbG.
  • Ein Lieferant bzw. Dienstleister, der den Strom aufkauft und gleichzeitig einen dynamischen Tarif anbietet. Haushalte können nicht direkt an der Börse handeln und benötigen daher einen Zwischenhändler. Für größere Anlagen gibt es diverse Aggregatoren. Bei Haushalten ist es immer üblich gewesen, den Weg über die EEG-Vergütung zu gehen.
  • Ein Energiemanagementsystem, welches dynamische Preise verarbeiten kann. Energiemanagementsysteme zur Optimierung des Eigenverbrauchs gibt es zahlreiche am Markt. Darüber hinaus muss das Energiemanagementsystem auch dynamische Preise verarbeiten können, was technisch gut machbar ist.

Fazit

In einem zunehmend dezentralen und dynamischen Energiesystem sollten die dezentralen Anlagen nicht pauschal abgerechnet werden, sondern auf die Situation im Energiesystem reagieren. Dynamische Preise sind ein geeignetes Instrument, um diese Informationen mitsamt Anreiz weiterzugeben. Energiemanagementsysteme können darauf vollautomatisch reagieren und Strom dann einspeisen, wenn er am meisten gebraucht wird. Letztlich ist der Sinn der Digitalisierung der Energienetze eine intelligentere Integration der dezentralen Erzeuger und Verbraucher.

Autor

Tobias Riedel, Intelligent Systems and Production Engineering, Karlsruhe

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net