Der Einsatz intelligenter Videotechnik lohnt sich in vielen Bereichen – auch an Elektro-Ladestationen. Dort sorgt eine softwarebasierte Bildverarbeitung für Sicherheit und Effizienz: Sie verbessert das Nutzererlebnis, vereinfacht Instandhaltung und Betrieb und verschafft Betreibern langfristig Vorteile bei Verfügbarkeit und Auslastung.

Bild 1: Eine softwarebasierte Bildverarbeitung sorgt für mehr Sicherheit und Effizienz beim Ladevorgang

Vorfahren, tanken, bezahlen, fertig: Von reibungslosen Routinen wie an der Tankstelle ist der Ladesäulenmarkt gegenwärtig noch weit entfernt. Eine wesentliche Ursache für komplizierte und fehleranfällige Ladevorgänge ist die mangelnde Nutzung der Digitalisierung. Denn anders als die Versorgung mit fossilen Kraftstoffen hängt die Elektromobilität entscheidend von digitalen Prozessen ab, die vernetzt, sicher und intelligent gestaltet sein müssen.

Bislang sind Ladeplätze jedoch selten konsequent auf das Nutzererlebnis ausgerichtet. Nur wenige Betreiber nutzen smarte Technologien, die die einzelnen Bereiche ihrer Infrastruktur vernetzen und Probleme sofort erkennen sowie melden. Stattdessen verlassen sie sich häufig bei ihrem Angebot auf heute schon veraltete Technik mit mangelnder Kontrolle und Vernetzung. So fallen technische Defekte, Beschädigungen oder Fehlbedienung erst bei der nächsten Routinekon­trolle auf. Dann haben viele potenzielle Kunden bereits frustriert die nächste Ladestation angesteuert.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Überwachung der Stationen mit intelligenter Videotechnik in Kombination mit Cloud-Applikationen und Analysefähigkeiten für immer mehr Betreiber als Schlüssel für mehr Auslastung und Sicherheit, weniger Fehler und Ausfälle und ein optimiertes Nutzungserlebnis der Kundinnen und Kunden (Bild 1).

Intelligente Systeme bringen Sicherheit und Effizienz

Den Zielkonflikt von hoher Sicherheit und gleichzeitig geschützter Privatsphäre vermeidet Videotechnik heute durch die intelligente Erfassung von Metadaten: Dank Edge Computing befindet sich die Intelligenz des Systems in der Kamera oder in einem lüfterlosen IoT-Computer. Je nach Anforderung und Anwendungsfall stehen vielfältige IoT-Komponenten zur Auswahl. Statt Videobilder aufzuzeichnen, findet eine Datenverarbeitung live und vor Ort statt. Im Videomanagementsystem (VMS) werden keine personenbezogenen Daten verarbeitet, sondern Metadaten. In der Cloud werden diese analysiert und in einem Managementsystem übersichtlich und leicht nachvollziehbar dargestellt.

Aufgrund der Offenheit und Flexibilität der Systeme sind Betreibern bei der Nutzung der intelligenten Technologie kaum Grenzen gesetzt. Unter den zahlreichen Möglichkeiten von Video- und Sicherheitstechnik in der E-Mobilität stehen fünf Anwendungsbereiche im Mittelpunkt: Sicherheit (allgemein und Brandschutz), Nutzerzufriedenheit, Prozessoptimierung, Zufahrtskontrolle sowie Fernüberwachung. Betreiber, die sich für die Überwachung ihrer Ladestationen durch intelligente Technik entscheiden, können heute auf eine Vielzahl an Standardszenarien zurückgreifen. Ebenso ist es möglich, die Systeme einfach an individuelle Anforderungen und Wünsche anzupassen.

Für Nutzer, Betreiber, Infrastruktur und Umwelt muss die Ladeinfrastruktur vor allem Sicherheit gewährleisten. Abseits gelegene oder unübersichtliche Stationen profitieren bereits durch die reine Sichtbarkeit von Videosystemen. Diese können wesentlich dazu beitragen Vorfälle wie Vandalismus, Überfälle und Diebstahl zu verhindern, indem sie rund um die Uhr präsent sind.

Anders als klassische Videoaufzeichnung können intelligente Systeme nicht nur bei der Aufklärung helfen, sondern präventiv schützen: Erkennt das System etwa ein falsch geparktes Fahrzeug, bleibt der Ladevorgang gesperrt, bis der Fahrer den Anweisungen Folge leistet und sein Fahrzeug ordnungsgemäß parkt. Dadurch steigert sich auch die Effizienz, da jeder Nutzer seinen Ladeplatz nutzen kann. Werden Personen mit auffälligen Verhaltensweisen auf dem Gelände entdeckt, kann ein Servicemitarbeitender über Lautsprecher Kontakt aufnehmen und ggf. durch eine direkte Ansprache möglichen Vandalismus oder Diebstahl abwenden.

Nutzerzufriedenheit und Prozesse optimieren

Auch Schwierigkeiten beim Ladevorgang können durch die direkte Kommunikation mit Kunden per Gegensprechanlage schnell und effizient gelöst werden. Dank bidirektionaler Kommunikation können Servicemitarbeitende Rückfragen beantworten und bei Problemen assistieren.

Intelligente Videotechnik kann sogar erkennen, wenn Autos beim Laden auf Kabeln anderer Säulen stehen oder diese beim Parkvorgang überfahren werden. Zudem hilft sie Betreibern, nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Sauberkeit und ein positives Ambiente der Ladestationen für die Nutzer zu bewahren. Videotechnik liefert rund um die Uhr ein Bild vom Zustand der Station. Auch in Warte- und Selbstbedienungsbereichen kann sie für Sicherheit und Service sorgen.

Darüber hinaus können über Videotechnologie Daten zur Auslastung und Nutzung der Anlage erhoben werden, etwa zur Menge der Fahrzeuge und zur Verweildauer. Auch eventuelle Abweichungen der Standzeit vom Ladevorgang lassen sich ermitteln. Das ermöglicht eine effizientere Auslastung jedes Ladeplatzes – beispielsweise, indem für vollständig geladene Fahrzeuge nach einem gesetzten Zeitraum eine zusätzliche Parkgebühr erhoben wird. Ergeben Analysen, dass die Station besonders häufig von Familien genutzt wird, kann die begleitende Infrastruktur den Bedürfnissen entsprechend angepasst werden – etwa um einen Spielplatz oder geschützte Ruhebereiche und Wickelräume.

Zufahrt kontrollieren, Auslastung analysieren

Private Ladestationen für Mitarbeitende und Kunden werden häufig durch eine Schranke gesichert. Eine kontrollierte Zufahrtssteuerung per Kennzeichenerkennung mit Erlaubnislisten erhöht die Sicherheit und verbessert den Service. Durch den Abgleich mit Erlaubnis- und Sperrlisten öffnet sich die Schranke nur für E-Fahrzeuge und regis­trierte Besucher und bleibt geschlossen, wenn unbefugte oder unerwünschte Fahrzeuge Zufahrt erbitten.

Anhand der Kennzeichen und Fahrzeugermittlung beim Ein- und Ausfahren lassen sich in Verbindung mit Metadaten wie Zeitstempeln statistische Werte sammeln: etwa Aufenthaltsdauer, Anzahl und Frequenz der Besuche. Diese sind für den wirtschaftlichen Betrieb der Anlage wichtig und lassen sich auch für die Marktanalyse verwenden. Auch ob Fahrzeuge bei der Einfahrt unbeschädigt waren, lässt sich für den Fall von Reklamationen nachvollziehen.

Einfache Fernüberwachung und Datenauswertung

Ladeparks werden mit wenig Personal oder komplett autonom betrieben. In Verbindung mit Cloud-Anwendungen und Fernzugriff ermöglicht Videotechnik, die Stationen bequem und rund um die Uhr aus der Ferne zu überwachen und nur bei Bedarf aus der Ferne (remote) einzugreifen. Durch Remote-Zugriff lassen sich Standorte ressourcenschonend betreiben. So ist weniger Personal vor Ort nötig und routinemäßige Kontrollbesuche entfallen.

Betreiber mehrerer Stationen profitieren dabei besonders von der Möglichkeit, mehrere Orte gleichzeitig im Blick zu behalten. Der Zugriff kann für jeden Mitarbeitenden individuell geregelt werden: Während lokale Mitarbeitende nur lokalen Zugriff haben, können etwa Bereichsleiter alle Standorte überblicken. Die Ereignisrecherche auf Basis der gesammelten Metadaten funktioniert ortsübergreifend, was den Zugriff, die Zusammenführung und die Auswertung von Daten komfortabel gestaltet. Die technische Infrastruktur ohne energie- und kostenintensive Speicher und Serverinstallationen machen sich für Betreiber ebenfalls bezahlt.

Qualifizierter Brandschutz mit Videosensorik

Batteriebrände stellen ein hohes Sicherheitsrisiko dar, das Betreiber unbedingt vermeiden müssen, um mögliche Schäden und lange Ausfallzeiten zu verhindern. Deshalb ist qualifizierter Brandschutz durch klassische Brandmeldetechnik in Kombination mit intelligenter Videotechnik für die Erkennung von Rauch und Feuer besonders wichtig.

Gerade bei Fahrzeugen mit größeren oder externen Energiespeichern kann Videotechnologie den Brandschutz sowohl beim Laden als auch entlang der Liniennetze zusätzlich unterstützen; hierbei können optische oder thermale Kameras zum Einsatz kommen. Werden durch das Speichermanagement stationäre Energiespeicher auf Fehler wie Tiefenentladung oder Überladung überwacht, so lassen sich diese durch Videodetektion zusätzlich vor Überhitzung sichern.

Ladestellen für E-Autos sind zudem häufig auf Freiflächen verortet. Dort ist die frühzeitige Detektion von Rauch besonders durch die fehlenden Stauflächen und die vorhandene Zugluft erschwert. Hier spielt die Rauch-, Wärme- und Flammendetektion mittels intelligenter Video-Algorithmen ihre Stärken aus.

Durch diese Kombination von Video- und Branddetektion sowie Brandmeldetechnik ist es möglich, einen Alarm an die Brandmeldezentrale abzusetzen und über ein Videomanagementsystem (VMS) die Verifikation der Situation vorzunehmen. So kann schnell und zuverlässig die Feuerwehr informiert und für solche Bereiche ein passender Brandschutz gewährleistet werden.

Mehrwerte für Kunden und Betreiber schaffen

Bild 2: Mit offenen Schnittstellen fügt sich intelligente Videotechnik nahtlos und ohne Umrüstung in bestehende Strukturen ein

Damit Elektromobilität nachhaltig erfolgreich wird, ist eine umfassend verfügbare, resiliente und zuverlässige Ladeinfrastruktur unabdingbar. Intelligente Videotechnik ist ein Schlüssel für wirtschaftlich tragfähige Ladestationen und ein positives Nutzungserlebnis bei jedem Ladevorgang. Durch die direkte Kommunikation mit Nutzern ohne Personal vor Ort wird die Auslastung optimiert und alle Ressourcen werden bestmöglich genutzt. Die direkte Einflussnahme mit automatisierter Ansprache verhindert Zeitverluste und bietet Service.

Automatisierte Überwachung und Alarmierung erhöhen die allgemeine Sicherheit und können frühzeitig vor Brandgefahren warnen. Der ortsunabhängige Zugriff auf Live-Informationen, wie Videoansichten oder Ladezustände, verschafft Betreibern mehr Flexibilität und Planbarkeit. So sind sie zu jeder Zeit in der Lage, ihre Kapazitäten bei Bedarf zu erhöhen oder das Geschäftsmodell zu erweitern.

Umfassende Möglichkeiten und höchste Anforderungen an den Datenschutz stellen bei intelligenten Videosystemen keinen Widerspruch mehr dar: DSGVO-konforme (Datenschutz-Grundverordnung) Technologien erfüllen sämtliche Anforderungen an eine gesetzeskonforme Datenauswertung, wahren die Privatsphäre der Nutzer und schützen Betreiber vor ungewollten Verstößen.

Mit offenen Schnittstellen fügt sich intelligente Videotechnik nahtlos in bestehende Strukturen ein und kann als Retrofit sogar mangelnde Fähigkeiten existierender Ladesäulen ausgleichen, ohne eine komplette Umrüstung zu erfordern (Bild 2). Teilweise ist intelligente, vernetzte Sicherheitstechnik sogar als Option verfügbar, wird aber noch nicht genutzt. Hier helfen Servicepakete der Hersteller, die Potenziale zu heben und den Besuch der Ladestation zu einem ganzheitlich positiven Erlebnis zu machen. Ob Standardpaket oder individuelle Anforderungen: Mit dem richtigen Anbieter finden Betreiber von Ladestationen die passende Lösung für ihre Herausforderungen.

Autoren

  • Markus Niederberger, Leiter Portfoliomanagement Security, Siemens Smart Infrastructure, Frankfurt/Main
  • Andreas Seeger, Portfolio Manager Video Security bei Siemens Smart Infrastructure, Frankfurt/Main

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net