Seit dem 1.6.2021 ist DIN EN 50699 (VDE 0702):2021-06 »Wiederholungsprüfung für elektrische Geräte« gültig. Entstanden ist diese neue Norm durch eine Trennung der bisher gültigen Norm DIN VDE 0701-0702:2008-06 in nun wieder zwei Teile.

Die europäisch getriebene Vorschriftenharmonisierung hat dazu geführt, dass die vor einigen Jahren aus verschiedenen Vorschriften vereinigte Prüfnorm DIN VDE 0701-0702:2008-06 wieder getrennt wurde. Während man die neue VDE 0701 als DIN EN 50678:2021-02 im Februar 2021 veröffentlichte, kommt nun quasi der »Rest« als DIN EN 50699:2021-06 dazu und bildet den Teil VDE 0702, in dem die Wiederholungsprüfungen geregelt sind. Für eine Übergangsfrist bis zum September 2023 lässt sich die alte Vorschrift noch anwenden. Da die Änderungen nicht sehr umfangreich sind, kann man aber auch durchaus zeitnah umschwenken. Eventuell sind dazu die vorhandenen Prüfgeräte anzupassen. Hierzu geben deren Hersteller sicherlich gern Auskunft.

Zwei getrennte Prüfvorschriften

Somit gibt es nun nach einer Prüfvorschrift für elektrische Geräte nach deren Instandsetzung (VDE 0701) eine weitere, die sich mit dem Themenkomplex rund um die in §14 Abs. 2 Betriebssicherheitsverordnung geforderte regelmäßig wiederkehrende Prüfung befasst. Die früher rein national gültigen Vorschriften sind nunmehr europaweit gültig und anzuwenden, was sich auch in der Darstellung als EN manifestiert.

Zunächst stellt der Anwendungsbereich der VDE 0702 klar, dass es den besagten normativen Unterschied zur Instandsetzung gibt. Darüber hinaus gilt die neue Vorschrift nicht für Geräte, die Teil einer elektrischen Anlage sind (als solche nach DIN VDE 0100-600; HD 60364-6 zu prüfen). Auch sonst sind weitere Geräte und Einrichtungen deutlich ausgenommen:

Unterbrechungsfreie Stromversorgungen, Photovoltaik-Wechselrichter und Stromrichter, wie AC/DC-Wandler

  • Ladestationen für E-Fahrzeuge
  • SPS
  • Maschinen (EN 60204-1/VDE 0113-1)
  • Leistungsantriebe und wie bisher schon
  • Medizinische Geräte (EN 62353/VDE 0751)
  • Lichtbogenschweißgeräte (EN 60974-4/VDE 0544-4).

Zunächst beginnt die Vorschrift mit der Begriffsbestimmung. Neben allgemein bekannten und nicht wesentlich geänderten Definitionen wird das elektrische Gerät nunmehr deutlich definiert, als über Stecker oder dauerhaft an einen Endstromkreis angeschlossen. Bislang fand sich die Aussage nur in einer Anmerkung. Geräte in Verteilerstromkreisen sind daher, wie schon im Anwendungsbereich festgehalten, ausgeschlossen.

Anforderungen an Prüfer

Bild: Beispiel-Messschaltung zur Messung des Ableitstroms, erzeugt durch einen isolierten Eingang mit einer Eingangsnennspannung – Legende: 1 Prüfgerät; 2 zu prüfendes Gerät; 3 Sicherung oder Trennschalter; 6.2 Prüfpunkte berührbare leitfähige Teile, nicht an PE angeschlossen; 7 Erdpotential; 8 Gerät von Erde isoliert; 9.1 Prüfsonde auf Schutzleiter und auf berührbare Teile, verbunden mit PE; 9.2 Prüfsonde auf Schutzleiter und auf berührbare Teile, nicht verbunden mit PE; 11 doppelte oder verstärkte Isolation

In den Anforderungen wird endlich eine Inkonsistenz zum staatlichen Arbeitsschutzrecht beseitigt, das zur Durchführung von Prüfungen eine zur Prüfung befähigte Person (§ 2 Abs. 6 BetrSichV / TRBS 1203) fordert. In der alten DIN VDE 0701-0702 waren Wiederholungsprüfungen durch elektrotechnisch unterwiesene Personen denkbar. Dies hat zu unendlichen Diskussionen geführt. Nunmehr werden Prüfungen durch eine Elektrofachkraft durchgeführt, die sich durchaus unter ihrer »Leitung und Aufsicht« zuarbeiten lassen kann – aber letztlich die Verantwortung behält. Auch sonst sind verantwortliche Entscheidungen zu Prüfungen, insbesondere deren Ausweitung bzw. Reduzierung durch eine Elektrofachkraft oder gar die verantwortliche Elektrofachkraft zu treffen.

Durchführung der Prüfung

Bei der Prüfdurchführung gibt es wenig Neues. Man beginnt wie von jeher mit der Sichtprüfung. Die Hinweise zur Sichtprüfung der alten Norm finden sich in der einen oder anderen Form auch hier wieder. Neu ist an dieser Stelle, dass im Rahmen der Sichtprüfung neben der Lesbarkeit auch die Vollständigkeit der Sicherheitskennzeichnung zu prüfen ist. Dies war bislang ein eigener Prüfschritt nach Kapitel 5.9, der chronologisch ans Ende der Prüfungen gelegt war. Nunmehr wird er sinnvollerweise in die vorbereitende Sichtprüfung vorgezogen. Der Prüfer wird hier in den Herstellerunterlagen (Bedienungsanleitung) nachforschen müssen, welche Kennzeichnung notwendig war. Aus der »unsachgemäßen Anwendung / Bedienung« ist die Prüfung auf »nicht bestimmungsgemäße Verwendung« geworden, was allerdings nichts wirklich Anderes sein dürfte. Wer bislang schon die Sichtprüfung, die einen existentiell wichtigen Prüfschritt darstellt, gründlich und mit fachlichem Augenmerk durchführte, dem entgehen auch nach neuer Vorschrift keine Fehler – zumal die Hinweise im Kapitel 5.2 Anregungen darstellen und deren Aufzählung zwar umfänglich aber nicht abschließend sein dürfte.

Rechenmodell für den Erwartungswert zum Schutzleiterwiderstand

Neu ist bei der Messung des Schutzleiterwiderstands, dass der Grenzwert von 0,3 Ω bei Leitungslängen bis 5 m nur noch für einen Querschnitt von 1,5 mm² gilt. Dieser erhöht sich weiterhin pro 7,5 m um 0,1 Ω und erreicht bei 57,5 m seinen Höchstwert von 1,0 Ω. Für andere Querschnitte ist der Grenzwert aus der Formel über den spezifischen Widerstand des Leitermaterials oder alternativ dessen spezifischen Leitwert zu errechnen.

Selbstverständlich kann man diese Formel auch für 1,5 mm² und kleiner verwenden – man bekommt unabhängig vom Grenzwert einen material- und querschnittabhängigen Erwartungswert. Mit diesem Erwartungswert schließt der Prüfer verdeckte Fehler aus, da hier nur das Leitermaterial, der Querschnitt und die Länge eine Rolle spielen und nicht hinter einem pauschalen Grenzwert versteckt werden. Um es kurz zu machen: ein guter Prüfer prüft auf Einhaltung des Erwartungs-, nicht des Grenzwerts.

Isolationsmessung nur, wenn ohne Gerätebeschädigung möglich

Die Isolationswiderstandsmessung ist für fest angeschlossene Geräte nicht notwendig und kann darüber hinaus dann entfallen, wenn das zu prüfende Gerät beschädigt werden könnte. Hier werden vom Prüfer Kenntnisse des Geräteaufbaus erwartet, die er aus der Herstellerdokumentation gewinnen kann. Die Unterteilung der Geräte mit Heizelementen in solche mit > 3,5 kW Leistung oder kleiner ist entfallen. Für letztere gilt die Prüfung weiterhin als bestanden, wenn die Schutzleiterstrommessung erfolgreich war.

Ersatz-Ableitstromverfahren bekommt neuen Namen

Die Verfahren zur Messung des Schutzleiterstroms sind weitestgehend gleichgeblieben. Das Ersatz-Ableitstrommessverfahren nennt sich nun »alternative Methode« und verwendet im Schaltbild den 2-kΩ-Widerstand nicht mehr. Vom Einsatz der direkten Methode mit Strommesszange (Messung am PE) wird abgeraten, wenn nicht feststeht, dass es keine alternativen Erdungspfade zum Gerät gibt. Hinsichtlich der Grenzwerte gab es keine Änderungen.

Berührungsstrom

Für die Messung des Berührungsstroms gilt das gleiche – auch hier heißt das frühere Ersatz-Ableitstromverfahren »alternative Methode«. Inhaltlich ist das Messverfahren unverändert. Der Vorschriftentext enthält erweiterte Hinweise.

Neue Prüfung des Ableitstroms von ­einem isolierten Eingang

Eine Prüfung, die nunmehr ausdrücklich hinzugekommen ist, ist die Messung des Ableitstroms, der von einem isolierten Eingang mit einer Nenneingangsspannung über 50 V AC oder 120 V DC erzeugt wird. Sofern solche Geräte mit dieser Funktion vorliegen, muss entsprechend Kap. 5.8 geprüft werden. Hinweise und ein Schaltbild sind dort dargestellt (Bild).

Weitere Schutzmaßnahmen sind zu prüfen

Zum Abschluss ist wie bisher die Funktionsweise weiterer Schutzmaßnahmen zu bestätigen (früher: »nachzuweisen«). Dies betrifft z. B. RCD, PRCD und Unterspannungsauslöser. Hierbei ist die (verantwortliche) Elek­trofachkraft berufen, zu entscheiden, wie die Prüfung durchzuführen ist.

Keine Funktionsprüfung im Rahmen der Wiederholungsprüfung erforderlich

Eine Funktionsprüfung musste bisher nur für Geräte durchgeführt werden, die aus der Instandsetzung kamen. Dies betrachtet aber nun die DIN EN 50678 (VDE 0701). Daher ist dieses Kapitel und damit auch die Notwendigkeit von Funktionsprüfungen im Rahmen der Wiederholungsprüfung entfallen. Dies ist insbesondere bei in Benutzung stehenden Geräten logisch, da deren Funktion während der Verwendung festgestellt wurde. Ansonsten reichen die Prüfungen aus, um die elektrische Sicherheit nachzuhalten. Würden während der Verwendung oder anlässlich eines solchen Versuchs Funktionsmängel festgestellt, wäre sowieso eine Instandsetzung angezeigt, die dann in der Abschlussprüfung münden wird. Hier muss man ganz klar sehen, dass die Prüfung Sicherheit nachweisen soll und daher die Funktion zwar gegeben sein muss, aber für den Prüfer zunächst ohne prüfnotwendige Relevanz ist.

Umfangreichere Dokumentation wird notwendig

Hinsichtlich des weiteren Verfahrens bei Nichtbestehen der Prüfung sowie der Auswahl von Prüfgeräten ergaben sich keine Änderungen. Die Dokumentation ist allerdings umfangreicher zu führen, als es die bisherige Vorschrift vorsah. So sind nunmehr aufzuzeichnen:

  • die Identifikation des geprüften Geräts
  • dessen gemessene Werte
  • Zeitpunkt der Prüfung und eine Empfehlung für die Wiederholungsprüfung
  • Name des Prüfers
  • die Prüfausrüstung insbesondere das Prüfgerät (ggf. mit dessen Kalibrierungsdatum)
  • das abschließende Prüfergebnis
  • Kommentare zur Prüfung einschließlich der Angabe von Gründen für geänderte Prüfverfahren.

Allgemeine Anleitung im Anhang

Im Anhang A folgen nun umfangreiche Erläuterungen und Kommentare, die sich für die Durchführung der Prüfung und eine diesbezügliche Einarbeitung sicherlich sinnvoll lesen lassen. Wie der Titel ausführt, geht es hier um eine »Allgemeine Anleitung«. Hier wird der Prüfer bei Unklarheiten durchaus Unterstützung finden.

Sehr positiv ist anzumerken, dass die Schaltbilder aus den früheren Anhängen jeweils sachnah in den Vorschriftentext vorgezogen wurden. Ein aufwendiges Springen zwischen Vorschrift und Anhang entfällt, was sich vorteilhaft auf die Lesbarkeit auswirkt.

Fazit

Insgesamt betrachtet, finden wir viel Bekanntes und einige interessante Neuerungen. Für den erfahrenen Prüfer findet keine Revolution statt. Er kann auf seinem bewährten Wissen aufbauend, diese Vorschrift schnell und ohne großen Schulungsaufwand anwenden und umsetzen. Dem Neuling fällt die Einarbeitung aufgrund der umfangreichen Hinweise sicherlich leichter. Da die Trennung der DIN VDE 0701-0702 europäisch initiiert war, gibt es keinen Anlass zur Klage. Mit der Trennung ist die Fokussierung auf die Themenstellungen »Instandsetzung« und »Wiederholungsprüfung« wieder sichtbar geworden, auch wenn es nun teilweise Doppel- oder besser Parallelregelungen in den beiden Nachfolgevorschriften gibt. Der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit ist mit der Trennung durchaus gedient worden.

Autor

Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Klar, LL.M., EABCon Ingenieurbüro Klar,Greiz/Thüringen

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net