Bild 1: Ladeinfrastruktur wird zunehmend im privaten und öffentlichen Umfeld sichtbar

Für die Elektro- und Installationsbranche ist Elektromobilität ein zunehmend wichtiger Arbeitsbereich. Immer mehr Wohn- und Gewerbeimmobilien werden mit Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ausgestattet und die umfangreichen Fördermaßnahmen verstärken den aktuellen Trend zusätzlich (Bild 1). Elektroinstallateure sollten sich spätestens jetzt mit den Rahmenbedingungen und Besonderheiten von Lade­infrastruktur-Projekten beschäftigen, um die Chancen dieses wachsenden Marktes für ihr Unternehmen nutzen zu können.

Egal ob Wallbox in der Garage eines Wohnhauses oder Schnellladestation auf dem Supermarktparkplatz: Die Installation von Ladeinfrastruktur für Elek­trofahrzeuge muss immer durch einen zertifizierten Fachbetrieb erfolgen und beim Netzbetreiber angemeldet werden. Die technischen Aspekte der Installation von Ladestationen sind ausführlich dokumentiert, z. B. in dem »Technischen Leitfaden Ladein­frastruktur Elektromobilität«, den der VDE, der ZVEI, der ZVEH und weitere Verbände gemeinsam herausgegeben haben.

Für die erfolgreiche Planung und Realisierung von Ladeinfrastruktur-Projekten ist ein fundiertes Verständnis für die Gesamtprojektplanung Voraussetzung, die über die rein technischen Aspekte hinausgeht.

Der Ladeinfrastruktur-Ausbau erfordert Weitblick

Die massive Förderung der Elektromobilität ist aktuell Treiber des Ladeinfrastruktur-Ausbaus. Hinzu kommen politische Weichenstellungen, wie z. B. das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz, das am 1.12.2020 in Kraft getreten ist und für Mieter sowie Wohnungsbesitzer in Eigentümergemeinschaften einen rechtlichen Anspruch auf Ladestationen formuliert. Viele Privatpersonen, Wohnungsbaugesellschaften und Unternehmen beginnen nun, Immobilien und Stellplätze mit Ladesäulen und Wallboxen auszustatten. Dabei wird vielfach nur auf den aktuellen Bedarf geschaut, die potenzielle Entwicklung der kommenden Jahre aber außer Acht gelassen. Die Zukunft der Mobilität ist jedoch elektrisch und in vielen Fällen ist die Notwendigkeit eines weiteren Ausbaus der Ladeinfrastruktur bereits abzusehen.

Je nach vorhandenem Anschluss und weiteren lokalen Gegebenheiten lohnt es sich für die Kunden, bereits in der Projektplanung die netz- und stationsseitigen Grundlagen für einen künftigen Ausbau zu legen: eine spätere Erweiterung kann oft kostspielig werden. Dies betrifft Wohnungsbaugesellschaften, die bestimmte Quoten erfüllen müssen ebenso wie Wohnungseigentümergemeinschaften oder auch Unternehmen, Kommunen und Institutionen, deren Flotten perspektivisch auf Elektroantrieb umgestellt werden.

Wie wird die Ladeinfrastruktur künftig genutzt?

Einer der häufigsten Fehler, dem wir in der Praxis regelmäßig begegnen, ist eine unzureichende Nutzungs- und Betriebsplanung im Vorfeld. In der Projektierung wird sich oft an der vermeintlich logischen Abfolge: Planung, Aufbau, Inbetriebnahme, Nutzung orientiert. Gedanklich sollte aber das Nutzer- und Betreiberkonzept an erster Stelle stehen, denn es gibt sehr unterschiedliche Möglichkeiten, Ladeinfrastruktur zu nutzen und zu betreiben.

Je nachdem, ob z. B. zu Hause, im Unternehmen oder im öffentlichen Raum geladen werden soll, müssen die Ladesysteme unterschiedliche Anforderungen erfüllen, was sich maßgeblich auf die Kosten und den Aufwand des Betriebs der Ladeinfrastruktur auswirkt. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Frage der Nutzergruppe, denn es macht einen großen Unterschied, ob nur ein Haushalt den Ladepunkt nutzt oder eine Firmenflotte. Zu Beginn der Planung sollten Antworten auf relevante Fragen gefunden werden, wie zum Beispiel:

  • Gibt es verschiedene Nutzergruppen mit unterschiedlichen Berechtigungen und Tarifen?
  • Soll nur eigenen Mitarbeitenden oder auch Gästen Zugang zur Ladeinfrastruktur gewährt werden oder dürfen auch externe Nutzer laden?
  • Werden Ladekarten ausgegeben?
  • Wie viele Fahrzeuge sollen geladen werden?
  • Wie hoch sind die Ladeleistungen?
  • Haben die E-Fahrzeuge eine kurze oder lange Verweildauer?
  • Wer übernimmt den Betrieb mit Abrechnung und Reporting?
  • Soll eine Fernwartung möglich sein?

Bereits diese wenigen, beispielhaften Fragen verdeutlichen, dass der spätere Betrieb einen entscheidenden Einfluss auf die individuelle technische Planung hat. Ladeleistung und Standzeiten z. B. geben Aufschluss darüber, ob AC-Normalladen oder DC-Schnellladen die richtige Ladelösung ist. Viele unterschiedliche Nutzer an einem (halb-)öffentlichen Ladepunkt stellen besondere Herausforderungen an das Zugangs- und Abrechnungsmanagement, denen in den meisten Fällen mit einem schlanken Direktbezahlsystem begegnet werden kann.

Experten-Tipp: Nutzungs- und Betriebsmodelle bereits in der Planungsphase berücksichtigen

Betriebsmodell hat Einfluss auf Aufwand und Wirtschaftlichkeit

Nur wenn ich als Betreiber weiß, wie meine Ladeinfrastruktur genutzt und betrieben werden soll, kann ich die richtigen Entscheidungen für die technische Realisierung treffen. Wer sich bspw. dafür entscheidet, seine Ladeinfrastruktur bestimmten Nutzergruppen und gleichzeitig der Öffentlichkeit kostenpflichtig zur Verfügung zu stellen, sollte sich ausführlich Gedanken darüber machen, wie Zugang, Verwaltung und Abrechnung geregelt werden. Dies schränkt nicht nur ggf. den Kreis der infrage kommenden Stationen ein, sondern hat nicht zuletzt auch entscheidenden Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit.

Die meisten Betriebsmodelle dürften zudem so aufwendig oder komplex sein, dass sie nicht vom Ladestationsbetreiber selbst durchgeführt werden können. Diese Aufgaben übernehmen dann externe Spezialisten bzw. Ladedienstleister.

In den meisten Fällen entscheiden sich Betreiber öffentlicher bzw. öffentlich zugänglicher Ladestationen dafür, ihre Lade­infrastruktur über Roaming in ein großes Ladenetz einzugliedern. Das ist aktuell die verbreitetste Variante, aber nicht immer die beste.

Was viele nicht wissen: Es gibt bereits ausgereifte Direktbezahlsysteme. An solchen Ladestationen können die E-Mobilisten bspw. einfach mit ihrer kontaktlosen Girokarte zahlen, genau wie im Supermarkt oder an einer konventionellen Tankstelle. Dies geht nicht nur einfach und schnell, sondern bietet auch Preistransparenz (leider immer noch nicht die Regel) und durch den Wegfall von Roaminggebühren eine deutlich flexiblere Tarifgestaltung – eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.

Experten-Tipp: Wenn der spätere Betrieb von einem Ladedienstleister übernommen werden soll, ist es sinnvoll, diesen von Anfang an in die Planung einzubinden

Installation von Ladeinfrastruktur wird gefördert

Bild 2: Der Technische Leitfaden Ladeinfrastruktur Elektromobilität gibt es beim VDE kostenlos zum Download

Die Errichtung von Ladestationen wird in Deutschland breit gefördert. Die großen Förderprogramme des Bundes und der Bundesländer beziehen sich auf öffentliche oder gewerbliche Ladeinfrastruktur. Die in einzelnen Förderaufrufen mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten organisierte Förderrichtlinie Ladeinfrastruktur des Bundes  hat den Aufbau öffentlicher und halböffentlicher Ladeinfrastruktur im Blick. Maximal 60 % der Investitionen werden gefördert: bis zu 3000 € pro AC-Ladepunkt und zwischen 12.000 € bis 30.000 € pro DC-Ladepunkt, je nach Leistung und regionalem Bedarf. Zudem sind auch die Netzanschlusskosten förderfähig: Hier können für den Anschluss an das Niederspannungsnetz maximal 5000 € und für den Anschluss an das Mittelspannungsnetz maximal 50.000 € beantragt werden. Voraussetzung ist immer, auch für die nachfolgenden Landesprogramme, dass die Ladepunkte mit Ökostrom betrieben werden.

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), kleine Stadtwerke und kommunale Gebietskörperschaften sowie Unternehmen des Einzelhandels und des Hotel- und Gastgewerbes hat das BMVI z. B. ein neues Förderprogramm aufgelegt, für das seit dem 12.4.2021 Anträge eingereicht werden können. Im Rahmen von »Ladein­frastruktur vor Ort« wird Ladeinfrastruktur an attraktiven Zielorten des Alltags mit 300 Mio. € gefördert. Insgesamt können bis zu 80 % der Investitionskosten durch die Förderung abgedeckt werden. Als zuwendungsfähig gelten dabei die Anschaffungskosten für Hardware (AC-Normallader und DC-Schnelllader), Installations- und Aufbaukosten sowie Herstellung oder Erweiterung des Netzanschlusses.

Seit Ende 2020 existiert zudem eine attraktive Förderung von Wallboxen, die den wichtigen privaten Ladeinfrastruktur-Aufbau im Blick hat. 900 € pro Ladepunkt stehen pauschal für Hardware und Installation zur Verfügung, wenn alle Anforderungen erfüllt sind. Für eine Wallbox mit zwei Ladepunkten z. B. können 1800 € beantragt werden.

Antragsberechtigt sind nicht nur Eigentümer, Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermieter, sondern auch Mieter. Voraussetzung für eine Förderung von privaten Ladestationen ist z. B., dass diese über eine Leistung von 11 kW und eine intelligente Steuerung verfügen müssen. Wichtig auch hier: Es darf ausschließlich Ökostrom genutzt werden.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Förderlandschaft in Deutschland sehr dynamisch und regelmäßigen Veränderungen unterworfen ist, weshalb es insbesondere bei größeren Vorhaben angeraten ist, sich ausführlich über den aktuellen Stand zu informieren oder die Beratungsleistungen von Fördermittelexperten in Anspruch zu nehmen.

Experten-Tipp: Vor der Anschaffung von Ladeinfrastruktur von Fördermittelexperten beraten lassen

Autor

Dr. Andreas Zumschlinge, Geschäftsführer des Ladedienstleisters Parkstrom

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net