Ein neuer FNN-Hinweis beschreibt die Anforderungen an Stromsensoren und wie diese im Vorzählerbereich von Hausanschlüssen eingesetzt werden können. Energiemanagementsysteme (EMS) und andere Anwendungen benötigen zentral erfasste Daten, um Leistungsbezug und Einspeisung am Netzanschluss ermitteln und optimieren zu können.

Die diversen seit ca. 2009 regelmäßig veröffentlichten VDE-FNN-Hinweise bieten konkrete Hilfe für Netzbetreiber, Anlagenbetreiber, Hersteller und andere Fachkreise, die am Stromnetz arbeiten. Sie ordnen innovative Netztechnologien schnell ein und dienen damit einer schnellen und relativ unkomplizierten Überführung in die Praxis. Dieser Hinweis »Erfassung von Messwerten im Vorzählerbereich« ergänzt die Anforderungen der VDE-AR-N 4100, Abschnitt 6.1, hinsichtlich der Erfassung von Messwerten im Vorzählerbereich. Dieses Dokument wurde vom Lenkungskreis Systemfragen und Netzcodes (SyNe) in der Projektgruppe »Technische Anschlussregeln für die Niederspannung« des Forums Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN) erarbeitet. Es beschreibt, wie Messwerte mit Hilfe von Stromsensoren im Hauptstromversorgungssystem eines Hausanschlusses erfassten werden können, was z. B. von Bedeutung ist für den Einsatz von

  • dynamischem Lastmanagement für Ladeeinrichtungen,
  • Symmetrieeinrichtungen,
  • Visualisierungen des Gesamtenergiebedarfs,
  • Energiemanagementsystemen (EMS) oder
  • PAV,E-Überwachungen (hiermit lässt sich eine von der installierten Leistung abweichende Anschlussleistung mit dem Netzbetreiber vereinbaren und einstellen).

Alle diese genannten Punkte gewinnen im Zuge der Umstellung auf die »All Electric Society«, der flächendeckenden Ladeinfrastruktur-Errichtung sowie dem zu erwartenden, enormen Zuwachs an dezentralen und volatilen Erzeugungseinrichtungen zunehmend an Bedeutung. Es ist davon auszugehen, dass de facto jeder Elektrofachbetrieb in den kommenden Jahren oder Jahrzehnten mit diesen technischen Anforderungen konfrontiert werden wird. Das Lesen dieses Beitrags kann nicht die Notwendigkeit ersetzen, sich mit dem Originaltext des VDE-FNN »Erfassung von Messwerten im Vorzählerbereich« auseinanderzusetzen, wenn der konkrete Anwendungsfall es in der Praxis erfordert. Dieser Originaltext ist herunterladbar unter: www.vde.com/de/fnn → Dokumente → FNN-Hinweise → 2023 – Erfassung von Messwerten im Vorzählerbereich.

Zielgruppe dieses VDE-FNN-Hinweises

Bild 1: Verdrahtungsbeispiel für die Variante Einbau der Stromsensoren im Anschlussschrank (< 250 A)

Dieser Hinweis richtet sich an Netzbetreiber, Messstellenbetreiber, Hersteller, Planer und Errichter für die Planung und Installation von Stromsensoren im Vorzählerbereich. Dabei gilt als unbedingte Grundlage die Einhaltung der VDE-AR-N4100 »Technische Regeln für den Anschluss von Kundenanlagen an das Niederspannungsnetz und deren Betrieb (TAR Niederspannung)«, insbesondere Abschnitt 6.1, was den Einsatz von Stromsensoren im Hauptstromversorgungssystem mit mehreren Anschlussnutzern ermöglichen soll. Die Anwendung ist vorgesehen für elektrische Anlagen, die sowohl neu an das Niederspannungsnetz angeschlossen werden als auch bereits an das Niederspannungsnetz angeschlossen sind.

In diesem Hinweis werden die Mindest­anforderungen für den Einsatz von Sensoren zur Erfassung von Messwerten im Vorzählerbereich in der Niederspannung, je Übergabestelle (Netzanschluss) mit einem Anschlussnehmer und mehreren Anschlussnutzern beschrieben. Es gibt auch Verweise auf einige relevante Normen, die bei der Anwendung dieses VDE-FNN-Hinweises mit zu berücksichtigen sind. Insbesondere ist dabei der Verweis auf die Norm DIN EN 61869-2 (VDE 0414-9-2):2013-07 »Messwandler – Teil 2: Zusätzliche Anforderungen für Stromwandler« hervorzuheben.

Hier werden neu hergestellte induktive Stromwandler beschrieben, die zur Anwendung mit elektrischen Messgeräten und/oder elektrischen Schutzgeräten mit Bemessungsfrequenzen von 15 Hz bis 100 Hz vorgesehen sind. Diese Art von Stromwandlern bilden die Ausgangsbasis des hier beschriebenen VDE-FNN-Hinweises.

 

Allgemeine Grundsätze

Der Einsatz von Stromsensoren im Vorzählerbereich ist beim jeweiligen Netzbetreiber anzumelden und bedarf seiner vorherigen Zustimmung. Der Netzbetreiber gibt Auskunft, ob die angefragte gleichzeitig benötigte Gesamtleistung (inklusive Wohneinheiten, Aufzüge, Ladestationen, Erzeugungseinheiten usw.) am Netzanschlusspunkt möglich ist. Den maximal zulässigen Belastungsgrad des Netzanschlusses sowie des vorgelagerten Netzes legt der Netzbetreiber fest.

Im Bedarfsfall darf ein Energiemanagementsystem (EMS) außer zur Leistungsoptimierung auch für die Begrenzung der Bezugsleistung eingesetzt werden. Die Anforderungen an ein EMS sind dann abhängig vom jeweiligen Einsatzbereich. Beim dynamischen Lastmanagement ist darauf zu achten, dass die vertraglich vereinbarte Leistung an der Übergabestelle nicht überschritten wird. Ein Ausfall der Systemkomponenten darf nicht zu einer Überlastung des Netzanschlusses führen.

Die wesentlichen Begriffe und Abkürzungen

Es gelten folgende Begriffe, die der VDE-AR-N 4100 entlehnt wurden:

  • Stromsensor – Einrichtung, die bei Anregung durch elektrischen Strom ein elektrisches Signal erzeugt, das diesen kennzeichnet (ein physikalisches Phänomen wird durch elektrischen Strom abgebildet)
  • Stromwandler für Messzwecke – Stromwandler, der zur Übertragung eines Informationssignals an Messgeräte oder Elek­trizitätszähler vorgesehen ist
  • PMD (Power Metering and Monitoring Device) – kombinierte Geräte für die Messung und Überwachung des Betriebsverhaltens, die elektrische Parameter und optional zusätzliche externe Größen in elek­trischen Verteilnetzen messen und überwachen
  • Steuergerätefeld – Funktionsfläche, vorgesehen zur Aufnahme eines Steuergerätes.

Mindestanforderungen an die Systemkomponenten

Der hier beschriebene VDE-FNN-Hinweis befasst sich mit den wesentlichen, konkreten Anforderungen für Systemkomponenten, die im Zusammenhang mit Stromsensoren auftreten können. Hierbei geht es insbesondere um Anforderungen an das Gehäuse bzw. den Zählerplatz zum Einbau der Stromsensoren zur Erfassung von Messwerten. Dies können sein:

  • Stromwandler für Messzwecke
  • Power Metering and Monitoring Devices (PMD, deutsch: Leistungs-Mess- und Überwachungsgeräte)
  • weitere Sensor-Ausführungen, z. B. Rogowskispule oder Low Power Instrument Transformers (LPIT, deutsch: Kleinsignal-Messwandler).

Anbindung von Stromsensoren an Energiemanagementsysteme

Bild 2: Einbau der Stromsensoren innerhalb des Zählerschranks (< 250 A)

Für den Anschluss von Stromsensoren ist je Strompfad die Leistungsaufnahme auf 1 VA je Außenleiter zu begrenzen. Besonderer Aufmerksamkeit widmet sich dieser VDE-FNN-Hinweis insbesondere bei der Anbindung von Stromwandlern. Bei der Installa­tion der Anschlussleitungen der Stromwandler ist die Bürde der Leitung zu berücksichtigen. Diese Bürde hat einen direkten Einfluss auf die Genauigkeit der Messung. Eine vorgegebene Formel dient zur Berechnung der Leitungslänge zwischen Stromwandler und Energiemanagementsystem. Dabei wird empfohlen, dass die an der Bürde umgesetzte Leistung nicht unter 1⁄4 der Bemessungsleistung des Wandlers gelegt wird. Eine Berechnung führt das am konkreten Beispiel vor.

Die Anschlussleitungen der Stromwandler sind in H07V-K mit einem Querschnitt von min. 1,5 mm² durchgehend (ungeschnitten) vom Messwandler zu der Stromklemme in einzelnen Aderleitungen, als gemeinsame Mantelleitung/Kabel oder als separate Mantelleitung/Kabel je Strommesswandler auszuführen (Bild 1).

Bei räumlich getrennter Anordnung von Stromwandlern und zugehörigem Energiemanagementsystem sind die Sekundärstromleitungen im Elektroinstallationsrohr nach DIN EN 61386 (VDE 0605) oder geschlossenen Elektroinstallationskanal nach DIN EN 50085 (VDE 0604) zu verlegen. Die Stromwandler sind über eine querbrückbare Klemme als Kurzschließmöglichkeit außerhalb des plombierbaren Bereichs an das Energiemanagementsystem anzuschließen.

Stromsensoren innerhalb elektrischer Anlagen

Bild 3: Einbau der Stromsensoren in getrennt angeordnetem Anschlussschrank

Grundsätzlich dürfen Stromsensoren nicht in Hausanschlusskästen eingebaut werden. Gehäuse oder Abdeckungen von Stromsensoren im Hauptstromversorgungssystem sind plombierbar auszuführen und durch den Errichter zu kennzeichnen. Zulässig ist ein Stromsensor je Außenleiter und PEN- bzw. N-Leiter je Kundenanlage – insgesamt maximal vier Stromsensoren. Zählerplätze, die gegenüber dem Netzbetreiber abrechnungsrelevant sind, müssen den Anforderungen der VDE-AR-N 4100 entsprechen.

Für Standardzählerplatze nach DIN VDE 0603 ist ein Dauerstrom von 250 A auf der Sammelschiene zulässig (Bilder 2 und 3). Bei einem Einbau von Stromsensoren in einer Bestandsanlage sind alle relevanten Leitungen und Betriebsmittel auf ihre Dauerstrombelastbarkeit zu überprüfen. Ggfs. sind hierbei Anpassungen am Hauptstromversorgungssystem sowie am Zählerschrank erforderlich.

Das Energiemanagementsystem ist im Verteilerfeld der jeweiligen Kundenanlage zu installieren. Die Spannungsversorgung für das Energiemanagementsystem erfolgt aus dem gemessenen Bereich. Werden die Leitungen im netzseitigen Anschlussraum des Zählerschrankes geführt, sind diese mit doppelter oder verstärkter Isolierung auszuführen.

Einbauorte der Stromsensoren

Der hier beschriebene VDE-FNN-Hinweis beschreibt die Einsatzmöglichkeiten von Stromsensoren im Hauptstromversorgungssystem von Gebäuden. Verbraucher wie z. B. Ladeinrichtungen sind über den Verteiler bzw. das Verteilerfeld anzuschließen. Es wird bei dieser Sichtweise grob unterschieden in

  • Stromsensoren
  • kundeneigene Auswerteeinheit (z. B. EMS oder Zähler).

Der Anschlussschrank ist vorzugsweise direkt neben dem Zählerschrank anzuordnen, was eine direkte Durchführung der Sammelschienen ermöglicht. Alternativ ist eine getrennte Anordnung mit Einschleifung in die Hauptleitung möglich (Bild 3).

Es werden einige Konstellationen vorgegeben, zwischen denen der Anwender wählen kann, z. B.:

  • Einbau der Stromsensoren im Anschlussschrank (< 250 A)
  • Einbau der Stromsensoren im Kabelanschlusskasten unter dem Zählerschrank (< 250 A)
  • Einbau der Stromsensoren innerhalb des Zählerschranks (< 250 A) (Bild 2)
  • Einbau der Stromsensoren in getrennt angeordnetem Anschlussschrank (Bild 3).

Ausblick

Zu den großen technischen Aufgaben, z. B. auch im sogenannten Masterplan Elektromobilität, zählt die konkrete Aufgabe der Ertüchtigung des Hausanschlusses in Gebäuden. Es ist abzusehen, dass acht Mio. Hausanschlüsse nur bedingt für die neuen Auf­gaben geeignet sind und daher mit entsprechender Messtechnik auszustatten sind. Hierfür stellen die beschriebenen Stromsensoren ein wesentliches Element dar.

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Michael Muschong, Redaktion »de«

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net