Die Frage nach der Berechtigung zur Beauftragung einer externen Verantwortlichen Elektrofachkraft wird immer wieder intensiv diskutiert. Wie sieht die Rechtslage aus?

Bild 1: Die VEFK muss weisungsfrei bestellt werden

Sämtliche elektrotechnische Arbeiten innerhalb eines Unternehmens müssen unter fachlicher und verantwort­licher Leitung erbracht werden. Ist der ­Inhaber des Unternehmens im Rahmen dieses Erfordernisses nicht selbst fachkundig, hat er sich einer Person zu bedienen, die dank ihres Bildungsstandes und Erfahrungswissens die elektrotechnische Fachverantwortung erfüllen kann, und dieser den Aufgaben- und Verantwortungsbereich der ­VEFK zu übertragen.

Unterlässt er eine derartige Pflichtenübertragung oder erfolgt die Pflichtenübertragung nicht in dem erforderlichen Maße, so verbleibt die Haftung maßgeblich bei dem Inhaber des Unternehmens / der Geschäftsführung, der / die dann die aus der unterbliebenen Pflichtenübertragung resultierenden Schadenfälle als eigenes Organisationsverschulden zu verantworten hat. Eine nicht ausreichende Pflichtenübertragung ist dann gegeben, wenn die VEFK nicht weisungsfrei bestellt wird (Bild 1).

Weisungsfreiheit bedeutet, dass sie in ihren fachlichen Entscheidungen weder den Weisungen der Geschäftsleitung noch denen der disziplinarisch übergeordneten Vorgesetzten untersteht.

 

 

Organisatorische Verantwortung der VEFK im Betrieb

Bild 2: Im Rahmen der zu treffenden Organisationsstrukturen im Bereich der Elektrotechnik sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik umzusetzen

Im Rahmen der zu treffenden Organisationsstrukturen im Bereich der Elektrotechnik sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik umzusetzen (Bild 2), insbesondere die VDE-Bestimmungen, welche über die Nennung in § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) einen »quasi-rechtsverbindlichen« Charakter zugesprochen bekommen. Beispielhaft zu nennen ist hier die VDE 1000-10:2021-06 »Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen«.

Der Unternehmer / Arbeitgeber kann bei Anwendung der VDE 1000-10 die sogenannte Vermutungswirkung für sich in Anspruch nehmen, richtig und damit nicht schuldhaft gehandelt zu haben. Wird von der VDE 1000-10 abgewichen, muss die mindestens gleichwertige Erfüllung der Sicherheit im Vergleich zu den entsprechenden anerkannten Regeln der Technik im Vorfeld schriftlich nachgewiesen werden und führt aus juris­tischer Sicht zur Beweislastumkehr im Fall eines Schadensereignisses.

Welche Anforderungen erhebt die VDE 1000-10 an eine VEFK?

Zunächst wird verlangt, dass jede im Bereich der Elektrotechnik tätige Person ausreichend für ihr Handeln qualifiziert sein muss. Die Grundlage für die Qualifikation einer Elek­trofachkraft ist in der Regel mit dem Abschluss einer der nachstehend genannten fachlichen Ausbildungen des jeweiligen Arbeitsgebietes der Elektrotechnik vorhanden:

  • Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf zum Gesellen oder zum Facharbeiter
  • Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker
  • Ausbildung zum Industriemeister
  • Ausbildung zum Handwerksmeister
  • Ausbildung zum Diplomingenieur, Bachelor oder Master.

Daneben fordert die VDE 1000-10, dass für die verantwortliche fachliche Leitung in ­einem elektrotechnischen Betrieb oder Betriebsteil eine Person erforderlich ist, die die Anforderungen an eine VEFK nach Ziffer 3.2 der Norm erfüllt. Diese Anforderungen verlangen, dass diese Person die Fachverantwortung trägt und darüber hinaus mit der Wahrnehmung von Unternehmerpflichten hinsichtlich der elektrotechnischen Anforderungen beauftragt ist.

Anforderungen des ­Arbeitsschutzgesetzes an eine Pflichten­übertragung

Bild 3: Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach dem Arbeitsschutzgesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen

Gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) gilt, dass der Arbeitgeber zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen kann, ihm obliegende Aufgaben nach dem Arbeitsschutzgesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen (Bild 3). Der Gesetzgeber hat in der amtlichen Begründung zu § 13 festgelegt, dass es sich hierbei um Personen handelt, die »den Ablauf der Arbeit tatsächlich bestimmen und in den Arbeitsprozess eingreifen können«. Dies bedeutet in der praktischen Umsetzung, dass diese Person als Empfänger der Pflichtenübertragung einen eigenen Handlungs- und Entscheidungsspielraum sowie eigene Weisungsrechte hat (vgl. Kollmer / Klindt / Schucht – Kommentar zum ArbSchG – zu § 13 RN 47). Diese Person ist mit Befugnissen und Kompetenzen auszustatten (vgl. Pieper – Kommentar zum Arbeitsschutzrecht – zu § 13 ArbSchG RN 8).

Rechtliche Verpflichtung zur ausschließlich innerbetrieblichen Pflichtenübertragung?

Die Wissensdatenbank des Landesinstituts für Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung führt zu der Frage Folgendes aus: »Grundsätzlich steht es dem Unternehmer frei, wen er mit der Übernahme von unternehmerischen Pflichten betraut. Gem. Nr. 2.12. der DGUV Regel ‚Grundsätze der Prävention‘ gehören zu diesen Personen auch ‚betriebsfremde Dienstleister‘. Insoweit kann eine Pflichtenübertragung auch auf externe Personen erfolgen, was aber vertraglich zu fixieren ist« (Komnet Dialog 29882 – Stand 13.11.2020).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten delegiert werden. Voraussetzung hierfür ist eine klare Absprache, die eine Ausschaltung von Gefahren sicherstellt. Dann verengt sich die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich allein Verantwortlichen auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht, die sich darauf erstreckt, ob der Dritte die übernommenen ­Sicherungspflichten auch tatsächlich ausgeführt hat (vgl. Urteil BGH vom 13.12.2019 -V ZR 43/19).

Fazit

In Anbetracht der oben erörterten Zusammenhänge lässt sich eindeutig feststellen, dass die Beauftragung einer externen VEFK nicht nur gerechtfertigt, sondern in einigen Fällen sogar unumgänglich ist. Die klaren rechtlichen Anforderungen an eine Pflichtenübertragung, wie sie im Arbeitsschutzgesetz und in der VDE 1000-10 dargelegt sind, legen nahe, dass der Unternehmer / Arbeitgeber sorgfältig eine fachlich qualifizierte und zuverlässige Person auswählen sollte, um die elektrotechnische Fachverantwortung und Unternehmerpflichten zu übernehmen. Die genannten Rechtsquellen und Empfehlungen aus der Wissensdatenbank des Landesinstituts für Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung bieten eine umfassende Orientierung für Unternehmer und Arbeitgeber, um die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen und eine sichere elektrotechnische Arbeitsumgebung zu gewährleisten.

Autoren

  • Stefan Euler (VDE, VDI), Geschäftsführender Gesellschafter Mebedo Akademie GmbH und Mebedo Consulting GmbH, Montabaur
  • Hartmut Hardt (VDI), Rechtsanwalt, Waltrop

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net