Bild 1: Sanftes, automatisches Nachtlicht hilft Stürze zu vermeiden

Auch wenn der Alltag in Teilbereichen wiederkehrt, so hat die Corona-Krise doch vieles verändert. Zu dem im Bereich Gebäudeautomation üblichen Dreiklang aus Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz kann ein weiterer Aspekt hinzukommen: Die Gesundheit der Nutzer – und dabei geht es nicht nur um die Gefahr, die von Viren ausgeht.

Viren können auf verschiedenen Materialien unterschiedlich lange überleben. Auf Kunststoff sind dies laut einer aktuellen Studie bis zu 72 h – auch wenn damit nicht geklärt ist, wie lange die Viren auch in ausreichender Konzentration infek­tiös bleiben. Da Schalter und Taster üblicherweise aus Kunststoff bestehen, lohnt es sich, auch die Gebäudetechnik unter dem Aspekt der Infektionsübertragung zu betrachten.

Im Bereich des Smart Home, also im privaten Wohnumfeld, dürfte der Aspekt der Virenübertragung durch Lichtschalter oder Türklinken nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen – die so genannte (Schmier-)Infektion. Hier steht die direkte Ansteckung durch Tröpfchen oder Aerosole klar im Vordergrund.

Dennoch spielt das Thema Gesundheit im smarten Zuhause eine immer wichtigere Rolle, vor allem vor dem Hintergrund einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft. Nachbarländer wie die Niederlande sind da deutlich weiter. So hat z. B. der Anbieter Loxone dort eine Reihe von Projekten im AAL-Umfeld (Ambient Assisted Living, Genera­tionengerechtes Wohnen) realisiert. Die Projekte beginnen mit klassischen Gebäude­automationsfunktionen, die zunächst einmal unabhängig vom Alter der Bewohner deren Komfort steigern. Typisches Beispiel ist ein automatisches, gedimmtes Nachtlicht, das im Schlafzimmer durch unter dem Bett installierte Bewegungsmelder realisiert wird und das dem Bewohner dann auf seinem Weg ins Badezimmer »folgt«. Bewohner jedes Alters empfinden diese Funktion als komfortabel, im Alter hilft sie, die Gefahr von Stürzen im Dunkeln zu reduzieren (Bild 1).

Bild 2: Ein Magnetschlüssel erkennt die Anwesenheit von Personen – und trennt bei Abwesenheit automatisch bestimmte Verbraucher vom Stromnetz

Die einmal installierte Automations-Infrastruktur lässt sich je nach Anforderung in vielfältiger Weise nutzen, beispielsweise durch das Erkennen einer sich entwickelnden Demenz. So gilt es als ein typisches Zeichen einer beginnenden Demenz, dass sich Bewegungsmuster verändern. Über die Bewegungsmelder kann man z. B. die tägliche Routine beim Zu-Bett-Gehen erfassen.

Weicht dieses Muster eines Tages deutlich vom typischen Verhalten ab, so erkennt die Gebäudeautomation dies und löst dann z. B. zunächst einen internen Voralarm aus, den der Bewohner per Tastendruck quittieren kann, falls alles in Ordnung ist. Findet diese Quittierung nicht in einem gewissen Zeitraum statt, würde in einem nächsten Schritt ein externer Alarm an einen oder mehrere Familienangehörige gehen, als letzter Schritt könnte ein Pflegedienst alarmiert werden.

Ein weiteres Sicherheitsfeature ist die Kontrolle von Verbrauchern wie E-Herd, Kaffeemaschine oder Wasserkocher. Diese Verbraucher werden bei Verlassen der Wohnung automatisch stromlos geschaltet. Ob sich ein Bewohner in seiner Wohnung befindet oder nicht, wird unter anderem mittels eines magnetischen Schlüssels erkannt, der neben der Wohnungstür hängt (Bild 2).

Ein Grund für die vielen derartigen Projekte in den Niederlanden liegt darin, dass es dort entsprechende Fördermaßnahmen gibt. Doch auch für Deutschland erwartet Rüdiger Keinberger (Bild 3), CEO von Loxone, eine Belebung des Marktes: »Die Zunahme an älteren Menschen wird sich nicht mit dem heutigen Stand an Pflegeplätzen bewältigen lassen. Können die Menschen länger in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben, so entspricht das in der Regel ihrem persönlichen Wunsch und entlastet gleichzeitig die Pflegeheime.«.

Bild 3: Rüdiger Keinberger: »Automatisierte Abläufe im Gebäude tragen zur Sicherheit und Gesundheit der Bewohner bei«

Bei den Pflegeheimen selbst, oder im Krankenhaus, kann Gebäudeautomation auch zur Entlastung beitragen. Wenn die gebäudetechnischen Funktionen automatisiert ablaufen, muss sich das Pflegepersonal nicht darum kümmern und hat mehr Zeit für seine eigentlichen Aufgaben.

Im öffentlichen Raum spielen dann auch die Schmierinfektionen eine Rolle. In erster Linie ist die regelmäßige Desinfektion der Hände und der Flächen wichtig. Da Schalter und Taster hauptsächlich aus Kunststoff bestehen und das Virus hier besonders gut haftet, kann die Automatisierung hier helfen, Schmierinfektionen zu verhindern.

Die berührungslose Steuerung durch Automatisierung kann hier dazu beitragen, die Infektionsketten zu unterbrechen. Im Sanitärbereich ist das heute schon quasi Standard, etwa bei berührungslosen Wasserhähnen, Seifenspendern oder Toilettenspülungen. Moderne Gebäudeautomation ermöglicht dies auch bei Funktionen wie Beleuchtung, Beschattung, Temperatur oder Lüftung. Hier verweist Rüdiger Keinberger als Beispiel auf die Loxone-eigenen Büros. Dort gebe es keine Taster, Thermostate oder ähnliches Bedienelemente. Für die automatisierte Steuerung des Lichts sorgen Bewegungsmelder mit eingebauten Helligkeitssensoren. Raumklima-Sensoren erfassen u. a. die Temperatur und steuern diese automatisch auf Basis der Anwesenheit der Mitarbeiter. Sollte ein manueller Eingriff nötig sein, erfolgt dieser mit einem persönlichen Bediengerät, also am Arbeitsplatz via Webbrowser oder per Smart­phone.

Eine weitere Möglichkeit, ein Gebäude berührungslos zu steuern, wäre die Sprachsteuerung. Bei Loxone forciert man diesen Ansatz nicht, auch wenn technisch die Einbindung von z. B. Alexa möglich ist – und zwar aus Gründen der Datensicherheit, wie Rüdiger Keinberger ausführt: »Philosophie unseres Gebäudeautomationssystems ist, dass die Daten der Nutzer innerhalb des Hauses bleiben, wir benötigen keine Cloud. Beim Einsatz einer Sprachsteuerung landen die Daten des Kunden immer auf externen Servern, daher empfehlen wir diese Lösung nicht.«

Autor

Dipl.-Ing. Andreas Stöcklhuber, Chefredakteur »de«

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net