Wenn es um die Unfallverhütungsvorschrift »Elektrische Anlagen und Betriebsmittel« geht, fallen so manchem Praktiker gleich Begriffe wie DGUV Vorschrift 3, BGV A3 oder vielleicht sogar noch VBG 4 ein. Aber DGUV Vorschrift 4? Und dann noch gleichen Titels? Dieser Beitrag erklärt, warum es nicht nur zwei, sondern sogar drei Unfallverhütungsvorschriften gleichen Namens gibt, ob und welche Unterschiede zwischen ihnen bestehen und welche Konsequenzen sich hieraus für die Praxis ergeben.

Zugegeben: Die Unfallverhütungsvorschrift (UVV) »Elektrische Anlagen und Betriebsmittel« ist der elektrotechnischen Fachwelt in ihrer berufsgenossenschaftlichen Nomenklatur (aktuell: DGUV Vorschrift 3) sicherlich viel geläufiger als die für Betriebe des öffentlichen Dienstes geltende DGUV Vorschrift 4. Und auch wenn die DGUV Vorschrift 4 für mich als Aufsichtsperson einer Unfallkasse eines meiner »Hauptspielfelder« ist, finde ich deren Schattendasein im Prinzip gar nicht so schlimm, denn beide UVVen verfolgen das gleiche Ziel und sind inhaltlich praktisch identisch. Die wesentlichsten Unterschiede ergeben sich lediglich in den Durchführungsanweisungen zu § 5 »Prüfungen«, wobei die Durchführungsanweisungen genaugenommen gar kein Bestandteil der eigentlichen Vorschrift sind (Bild 1).

Bild 1: Der Unterschied zwischen der DGUV 4 und der DGUV 3 besteht im wesentlichen in den Durchführungsanweisungen; Quelle: BG ETEM/Redaktion »de«

 

In Bezug auf die Anwendung und Auslegung der Vorschriften und Durchführungsanweisungen ergeben sich jedoch immer wieder Fragestellungen sowohl aus Betrieben der freien Wirtschaft als auch des öffentlichen Dienstes. Grund genug also, sich des Themas in einem Fachartikel anzunehmen.

Wie alles begann

Der Vergleich mit anderen in der Vorschriften-Datenbank der DGUV (siehe: https://publikationen.dguv.de/regelwerk/dguv-vorschriften) enthaltenen UVVen bringt zutage, dass die DGUV Vorschriften 3 und 4 (mit Ausnahme einiger spezieller UVVen, wie z. B. für die Straßenreinigung) zu den »dienstältesten« UVVen zählen. Das spricht für die zeitlose Qualität ihrer Inhalte, denn nur die Durchführungsanweisungen wurden zwischenzeitlich aktualisiert.

Dreht man das Rad der Geschichte in die Zeit ihrer Entstehung zurück, so waren damals die Berufsgenossenschaften dem Hauptverband der Gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand der Bundesarbeitsgemeinschaft der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (BAGUV) angeschlossen. Aus Letzterer wurde später der Bundesverband der Unfallkassen (BUK). Beide Hauptverbände koordinierten unabhängig voneinander Arbeitskreise, welche UVVen, Regeln, Informationen und Grundsätze für die jeweils angeschlossenen Unfallversicherungsträger erarbeiteten. Die Tatsache, dass zwei UVVen gleichen Namens existieren, war also zu diesem Zeitpunkt keine Ausnahme, sondern die Regel.

Als der HVBG und der BUK im Jahre 2007 zur heutigen Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (also der gemeinsamen Dachorganisation aller Unfallversicherungsträger) fusionierten, existierte ein breit aufgestelltes Vorschriften- und Regelwerk, das dank der guten Zusammenarbeit der beiden bisherigen Hauptverbände theoretisch ohne wesentlichen Verlust von Inhalten um fast die Hälfte hätte reduziert werden können. Das Wort »hätte« verrät bereits, dass diesem Ziel wohl ein gewichtiger Grund im Wege stand.

Die rechtliche Stellung einer Unfallverhütungsvorschrift

Das Sozialgesetzbuch VII gibt in § 15 den Unfallversicherungsträgern die rechtliche Grundlage, Unfallverhütungsvorschriften zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für die Sicherstellung einer wirksamen Erste Hilfe zu erlassen.

UVVen stellen somit das autonome Satzungsrecht eines jeden Unfallversicherungsträgers dar und unterliegen sowohl einem festgelegten Genehmigungs- als auch einem Inkraft- bzw. Außerkraftsetzungsverfahren. Die Inhalte der UVVen haben für die betreffenden Mitgliedsunternehmen gewissermaßen Gesetzescharakter und sind von ihnen verbindlich einzuhalten.
Die Vorschriftentexte sind in der Regel schutzzielorientiert verfasst, d. h., dass darin lediglich die zu erreichenden Ziele beschrieben werden, nicht jedoch die Wege dorthin. In § 5 der UVV »Elektrische Anlagen und Betriebsmittel« heißt es z. B.: »Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden (…) in bestimmten Zeitabständen. Die Fristen sind so zu bemessen, dass entstehende Mängel, mit denen gerechnet werden muss, rechtzeitig festgestellt werden.«

Eine verbindlich einzuhaltende Frist ist im eigentlichen Vorschriftentext also nicht erwähnt, sondern nur in der Durchführungsanweisung, die diesen Text erläutert. Dazu später mehr.
Da aber auch viele staatliche Arbeitsschutzvorschriften ähnliche Ziele verfolgen und zudem seit den 90er Jahren versucht wird, die Anzahl der Vorschriften einzudämmen (Stichwort: Deregulierung), wurde § 15 des Sozialgesetzbuchs VII zwar geringfügig, jedoch schwerwiegend verändert: »Die Unfallversicherungsträger können unter Mitwirkung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. als autonomes Recht Unfallverhütungsvorschriften (…) erlassen, soweit dies zur Prävention geeignet und erforderlich ist und staatliche Arbeitsschutzvorschriften hierüber keine Regelung treffen; in diesem Rahmen können Unfallverhütungsvorschriften erlassen werden (…).«

Diese Flurbereinigung bewirkte u. a., dass aus der ehemaligen Grundsatz-UVV »Allgemeine Vorschriften« die heutige DGUV Vorschrift 1 »Grundsätze der Prävention« wurde. Andere UVVen mussten aufgrund von Doppelregelungen mit der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) zurückgezogen werden.

Totgesagte leben länger

Bild 2: DGUV Vorschrift 3 mit Durchführungsanweisungen vom Oktober 1996; Quelle: BG ETEM

Warum aber war die UVV »Elektrische Anlagen und Betriebsmittel« hiervon nicht betroffen, obwohl »elektrische Betriebsmittel« nach den Regeln der Mengenlehre auch als »Arbeitsmittel« im Sinne der BetrSichV anzusehen sind? Die Antwort ist frappierend einfach: Weil sie auch für »elektrische Anlagen« gilt. Nach der Definition der UVV werden zwar elektrische Anlagen durch den Zusammenschluss elektrischer Betriebsmittel gebildet, doch wenn man Schalter, Steckdosen, Leitungen und andere Zutaten mit anderen Gebäudebestandteilen zusammenmixt, kommt dabei – sofern man Elektrofachkräfte damit beauftragt – die Elektroinstallation eines Gebäudes heraus. Und diese würde in den Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung fallen. Da aber in der Arbeitsstättenverordnung bis auf eine eher allgemein gefasste Aussage im Anhang keine Anforderungen an die Elektroinstallation gestellt werden, besteht nicht nur keine Doppelregelung mit staatlichem Recht. Die Zurückziehung der UVV hätte zudem eine erhebliche Regelungslücke hinterlassen.

Außer der Überführung der Bezeichnungssystematik in das DGUV-System hat sich also inhaltlich nichts geändert. Auch wenn nun auf jeder UVV die Aufschrift »DGUV Vorschrift« prangt: Die Entscheidung, ob und welche UVV für die jeweils angeschlossenen Mitgliedsunternehmen in Kraft gesetzt wird, bleibt dem jeweiligen Unfallversicherungsträger vorbehalten. Für alle, die sich jemals gefragt haben sollten, warum die auf der Seite der DGUV zum Download bereitgestellten UVVen den Hinweis »Muster-UVV« tragen, ergibt sich die Antwort aus dem Vorgenannten. Und weil das Ei (die UVV) vor der Henne (der DGUV) da war, werden die historisch begründeten Parallelregelungen wohl auch noch bis auf Weiteres bestehen bleiben.

Vorschriftentext und Durchführungs­anweisung

Vergleicht man auf der eingangs erwähnten DGUV-Seite die DGUV Vorschrift 3 und die DGUV Vorschrift 4, enthält Letztere in kursiver Schrift gedruckte Durchführungsanweisungen, während in Ersterer nur der Vorschriftentext enthalten ist. Die zur DGUV Vorschrift 3 gehörigen Durchführungsanweisungen werden auf der DGUV-Seite separat zum Download angeboten. Die Suche bei der BG ETEM, als der in Sachen Elektrotechnik federführenden Fach-Berufsgenossenschaft, liefert hingegen ebenfalls eine mit Durchführungsanweisungen versehene Version der UVV (Bild 2, herunterladbar unter: https://medien.bgetem.de/medienportal). Dies verdeutlicht noch einmal, dass man bei der Suche nach »der richtigen« UVV vorzugsweise beim zuständigen Unfallversicherungsträger beginnen sollte. Es belegt zudem ebenfalls, dass Vorschriftentext und Durchführungsanweisung zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind, auch wenn sie mitunter in der gleichen Schrift zusammen abgebildet werden.

Tabelle: Gegenüberstellung der Durchführungsanweisungen zu Tabelle 1B

Wie bereits dargestellt, beinhalten die Vorschriftentexte was zu erreichen ist, während die Durchführungsanweisungen beschreiben, wie die Ziele aus Sicht der Unfallversicherungsträger erreicht werden können. Es bleibt den Unternehmen dabei meist weitestgehend freigestellt, ob sie sich dem aufgezeigten Weg anschließen oder nicht. Die Durchführungsanweisung ist dabei wie ein Wegweiser zu verstehen: Befolgt man den vorgeschlagenen Weg, wird man das Ziel erreichen. Sucht man sich seinen eigenen Weg, ist nachzuweisen, dass das Ziel gleichwertig erreicht wird. Aus der Formulierung der jeweiligen Durchführungsanweisungen gehen die unterschiedlichen Erfahrungswerte der damaligen Arbeitskreise hervor, wie insbesondere die Erläuterungen zu Tabelle 1B zeigen (Tabelle).

Festzuhalten ist, dass in beiden Durchführungsanweisungen bezüglich der in Tabelle 1B aufgeführten Prüffristen ausdrücklich nur von Richtwerten die Rede ist. Aber bereits bei der Frage, wie die Richtigkeit der Prüffristen zu bestätigen ist und durch wen die Prüfungen durchgeführt werden können, unterscheiden sich die Aussagen deutlich voneinander.

Hinzu kommt, dass bezüglich der Prüfungen auch die Anforderungen der BetrSichV erfüllt werden müssen. Vor diesem Hintergrund können die beiden Aussagen so heute nicht mehr Bestand haben, denn da elektrische Betriebsmittel auch nach § 14 BetrSichV prüfpflichtige Arbeitsmittel darstellen, können sie eigenverantwortlich nur durch befähigte Personen und nicht durch elektrotechnisch unterwiesene Personen (euP) geprüft werden. Zudem legt der Unternehmer nach § 3 Abs. 6 der BetrSichV Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen fest – und nicht die Elektrofachkraft.

Alles kann aber wieder unter dem Dach der BetrSichV vereinigt werden, wenn die euP im Prüfteam mit einer als befähigten Person geltenden Elektrofachkraft tätig wird und diese dem Arbeitgeber nur Vorschläge für Prüffristen – im Sinne einer fachkundigen Beratung nach § 3 Abs. 3 BetrSichV – unterbreitet.

Tabelle 1B – des Pudels Kern

Bild 3: Symbolisierung von Richtwert ≠ Zielgarantie; betrachtet man die Pfeile als Richtwerte für Prüffristen, dann resultiert deren »Streuung« aus der Bandbreite der Anwendungsfälle; Quelle: Rottmann

Durch den Vergleich beider Tabellen werden die grundlegenden Unterschiede in ihrem Aufbau deutlich: Die in der DGUV Vorschrift 3 enthaltene Tabelle 1B bezieht sich auf vier wesentliche Betriebsbereiche (Baustellen, Fertigungsstätten, Werkstätten und Büros) während sich die in DGUV Vorschrift 4 enthaltene Tabelle auf zwölf Anwendungsbereiche (Bäder, Schlachthöfe, Großküchen, Feuerwehren, Gebäudereinigung, Laboratorien, Unterrichtsräume in Schulen, Wäschereien, Werkstätten/Baustellen, Bürobetriebe und Pflegestationen/Heime) bezieht. Zu diesen Anwendungsbereichen werden jeweils auch typischerweise genutzte Betriebsmittel aufgezählt. Zudem unterscheidet Tabelle 1B der DGUV Vorschrift 3 zwischen Richt- und Maximalwerten, wobei Erstere nur bei entsprechend geringer Fehlerquote auf Letztere ausgedehnt werden dürfen. Tabelle 1B der DGUV Vorschrift 4 enthält diese Unterscheidung nicht.

Betrachtet man den Anwendungsfall »Baustelle«, ergibt sich nach Tabelle 1B der DGUV Vorschrift 3 für die Prüffrist ortsveränderlicher Betriebsmittel ein Richtwert von drei Monaten. Im Vergleich dazu wird nach Tabelle 1B der DGUV Vorschrift 4 jedoch ein Richtwert von zwölf Monaten empfohlen. Die augenscheinliche Diskrepanz wird allerdings dadurch relativiert, dass – eine entsprechend geringe Fehlerquote vorausgesetzt – auch nach DGUV Vorschrift 3 ein Maximalwert von zwölf Monaten auf Baustellen zulässig sein kann. Ein weiterer Grund für die Abweichung mag auch darin bestehen, dass es sich bei Baustellen im öffentlichen Dienst oft nur um Tagesbaustellen (z. B. in der Straßen- oder Kanalunterhaltung) handelt und deshalb die Erfahrungswerte zu anderen Prüffristenempfehlungen geführt haben.

Aus dem Vergleich lassen sich zwei sehr wichtige Erkenntnisse ziehen:

  1. Die oft zitierten Unterschiede sind bei näherer Betrachtung oft gar nicht so groß
  2. Die in den Durchführungsanweisungen genannten Fristen sind keine Garantie für eine »Punktlandung«. Oder anders ausgedrückt: Die Streuung in den Prüffristenempfehlungen spiegeln die betrieblichen Realitäten wider und geben nur eine ungefähre Richtung vor.

Letztlich zählt bei der Festlegung von Prüffristen im Wesentlichen, ob die Gefährdungen ordnungsgemäß beurteilt, geeignete Maßnahmen abgeleitet und betriebliche Erfahrungswerte berücksichtigt wurden, so dass sich eine plausibel begründbare Prüffrist ergibt. Die Prüffristenempfehlungen geben keine Zielwertgarantie (Bild 3).

Die Zwei-Prozent-Hürde

Die in der DGUV Vorschrift 3 enthaltene Zwei-Prozent-Regelung wird in der DGUV Vorschrift 4 nur als für die Eisenbahn-Unfallkasse (heute: Unfallversicherung Bund und Bahn) geltend erwähnt. Das hat seinen Grund. Sowohl im Sinne des Vorschriftentextes von § 5 der UVV als auch im Sinne des § 3 Abs. 6 der BetrSichV sind die Fristen wiederkehrender Prüfungen so festzulegen, dass Mängel, mit denen zu rechnen ist, rechtzeitig festgestellt werden. Die Auswertung der Fehlerquote zur Festlegung der Prüffrist ist aber erst nach der Durchführung der Prüfung möglich und begründet zumeist auch nur die Verlängerung der Prüffristen. Die in DGUV Vorschrift 4 enthaltene Formulierung führt hingegen dazu, dass von Anfang an beurteilt werden muss, ob Abweichungen von den sonst üblicherweise gegebenen Betriebs- und Umgebungsbedingungen vorliegen. Das entspricht der Gefährdungsbeurteilung. Zudem verdeutlicht die gewählte Formulierung »(…) kann im Einzelfall zu anderen Prüffristen führen (…)«, dass das Ergebnis der Beurteilung sowohl die Verlängerung der Prüffrist möglich als auch deren Verkürzung nötig machen kann.

Was gilt denn nun?

Da viele gewerbliche Auftragnehmer für Auftraggeber des öffentlichen Dienstes tätig werden, stellt sich die spannende Frage, welche Unfallverhütungsvorschrift anzuwenden ist. Das Erfreuliche vorweg: Bis auf die Durchführungsanweisungen zu § 5 »Prüfungen« bestehen keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Vorschriften. Und da die BetrSichV als vorrangig anzuwendendes staatliches Recht auch ein Wörtchen mitzusprechen hat, können bezüglich Art, Umfang und Fristen durchzuführender Prüfungen sowie bezüglich der Qualifikation des Prüfpersonals die Anforderungen der BetrSichV zugrunde gelegt werden. Das bedeutet, dass Elektrofachkräfte gemäß den Ergebnissen der durch den Arbeitgeber erstellten Gefährdungsbeurteilung tätig werden und diesen durch die bei der Durchführung der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse bei der Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung ggf. fachlich unterstützten.

Neben den bisher aufgezeigten eher formalrechtlichen Unterschieden ergeben sich in Betrieben des öffentlichen Dienstes bezüglich der praktischen Umsetzung der Prüfungen mitunter aber ganz andere Problemstellungen als in gewerblich orientierten Betrieben, was sich besonders gut am Beispiel von Schulen verdeutlichen lässt. Verantwortlich für Bau, Ausstattung und Unterhalt der Schulen sind in der Regel die Kommunen und Kreise als Sachkostenträger (»äußerer Schulbereich«). Die Verantwortung für den »inneren Schulbereich« (also die Organisation des Schulbetriebs einschließlich der ordnungsgemäßen Verwendung der zur Verfügung gestellten elektrischen Anlagen und Betriebsmittel) obliegt jedoch meistens der Schulleitung.

Deshalb ergibt sich insbesondere für externe Prüfpersonen oft die Fragestellung, wer die Prüfungen koordiniert. Auftraggeber (und somit auch verantwortlich für die Prüffristenfestlegung) ist in der Regel der Sachkostenträger, während die Nutzer eher Kenntnis davon haben, wie, wie oft und unter welchen Bedingungen die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel genutzt werden. Unklar ist oft auch, wer sich um die sicheren Rahmenbedingungen (Stichwort: Prüfungen im Chemieraum) und die Terminkoordinierung kümmert.

Hinzu kommt, dass öffentliche Gebäude, wie Schulen, Hochschulen, Krankenhäuser, Versammlungsstätten usw., nicht nur dem Geltungsbereich der DGUV Vorschrift 4 sowie der Arbeitsstättenverordnung und der Betriebssicherheitsverordnung unterliegen, sondern oft auch dem Geltungsbereich des Landesbaurechtes (z. B. Prüfverordnungen für Sonderbauten).
Aus Letzterem ergeben sich mitunter ganz andere Anforderungen an die Qualifikation der Prüfer (Prüfsachverständige anstelle von Elektrofachkräften) sowie die einzuhaltenden Prüffristen (drei bzw. sechs Jahre anstelle von selbst festzulegenden Fristen).

Drei Schritte zur Lösung

Für die Lösung des Problems, wie die unterschiedlichen Anforderungen »unter einen Hut gebracht« werden können, bietet sich eine entsprechende Vorgehensstrategie in drei Schritten an:

Schritt 1: Abgleich der Anforderungen der UVVen und der BetrSichV

  • Informationen beschaffen (Ergebnisse vorheriger Prüfungen, Erfahrungen der Lehrkräfte, Hausmeister und Prüfpersonen, rechtliche Rahmenbedingungen usw.)
  • Sich als Unternehmer fachkundig durch die Prüfperson und die Nutzer beraten lassen
    Art, Umfang und Fristen der jeweils erforderlichen Prüfungen festlegen.

Schritt 2: Prüfkonzept erstellen

  • Wer prüft was in welcher Prüftiefe? (z.B. Sicht- und Funktionskontrollen durch Lehrkräfte, messtechnische Überprüfungen in notwendigen Fristen durch befähigte Personen, Ordnungsprüfungen und »höherwertige« messtechnische Prüfungen durch Prüfsachverständige)
  • Achtung: Damit sich Prüfsachverständige bereits durch Elektrofachkräfte erbrachte Vorleistungen im Rahmen der Ordnungsprüfung zu eigen machen können, ist u. a. die Form der Dokumentation im Vorfeld abzustimmen!
  • ggf. Einbindung von elektrotechnisch unterwiesenen Personen in ein Prüfteam.

Schritt 3: Rahmenbedingungen für die sichere Durchführbarkeit der Prüfungen schaffen

Dies lässt sich z. B. realisieren mittels

  • einer räumlich-zeitlichen Abstimmung zwischen innerem und äußerem Schulbereich,
  • Schaffung sicherer Rahmenbedingungen,
  • Zurverfügungstellung der zu prüfenden Betriebsmittel etc.

Das Licht am Ende des Tunnels

Den Unfallversicherungsträgern ist natürlich bewusst, dass – egal ob in Bezug auf die DGUV Vorschrift 3 oder DGUV Vorschrift 4 – die Durchführungsanweisungen aktualisierungsbedürftig sind. Und wenn schon die Vorschriftentexte annähernd identisch sind: Warum nicht mit einer Sprache sprechen und eine Durchführungsanweisung für beide Vorschriftenwelten schaffen? Dieser Schritt wird aktuell bereits vollzogen. Ähnlich wie bei der DGUV Vorschrift 1 sollen die Durchführungsanweisungen in eine separate DGUV Regel gleichen Namens überführt werden. Das »Grundgerüst« dieser zukünftigen DGUV Regel 103-011 ist bereits geschaffen und bedarf noch der weiteren Abstimmung sowie des notwendigen Feintunings, was noch etwas Zeit beanspruchen wird.

Bis dahin bleibt den Praktikern nichts Anderes übrig, als bei der Übernahme eines Auftrags eindeutig zu klären, welche Rechtsgrundlage anzuwenden ist. In Bezug auf die Prüfungen empfiehlt sich die Abstimmung des skizzierten Prüfkonzeptes.

Und was hatte es jetzt mit der zu Anfang angesprochenen ominösen dritten UVV noch auf sich? Nun, neben Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand gibt es auch eine Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), die natürlich ebenfalls ihr eigenes Vorschriften- und Regelwerk hat. So auch eine UVV »Elektrische Anlagen und Betriebsmittel« (VSG 1.4), mit tatsächlich ganz anderen Vorschriftentexten und Durchführungsanweisungen. Aber das ist nun eine ganz andere, sehr spezielle Geschichte.

Autor

Dipl.-Ing. Rainer Rottmann, Unfallkasse Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net