Bild 1: Die 54 smarten Mastleuchten sind durch ein WLAN-Mesh-Netzwerk miteinander vernetzt

Im Rahmen von Maßnahmen zur Stärkung der Lagequalität hat man in der Hamburger Mönckebergstraße die konventionelle Straßenbeleuchtung für rund 2,5 Mio. € durch smarte Mastleuchten ersetzt. Diese werden über ein WLAN-Mesh-Netzwerk untereinander sowie mit dem zentralen Leitrechner vernetzt. So lassen sich die Lichtszenarien zuverlässig umsetzen (Bild 1).

Bei der Mönckebergstraße, kurz »Mö« genannt, handelt es sich um die zwischen Hauptbahnhof und Rathaus gelegene, 800 m lange Haupteinkaufsstraße in der Hamburger Altstadt. Heute wird die Flaniermeile nachts von 54 smarten Leuchten des italienischen Unternehmens iGuzzini beleuchtet.

Zur Realisierung einer automatisierten Lichtsteuerung mussten die Lampen untereinander sowie mit dem Leitrechner verbunden werden. Wie sich während des Projekts herausstellte, war das eine erhebliche Herausforderung. Denn da die Bestandsleuchten zunächst lediglich erneuert werden sollten, konnten keine Kommunikationsleitungen zu ihnen verlegt werden. Nachdem erste Lösungsversuche mit Powerline, also der Übertragung von Ethernet-Daten über die Energieleitung, scheiterten, betrauten die Auftraggeber das Systemhaus Computer Mack GmbH mit der Durchführung des Projekts. Geschäftsführer Michael Mack und sein Team entschieden sich dann nach ausgiebigen Tests für den Einsatz einer drahtlosen Kommunikationslösung, die auf WLAN-Mesh von Phoenix Contact basiert.

Individuell über verschiedene Licht­szenarien beleuchtet

Bild 2: Über eine intuitiv zu bedienende Benutzeroberfläche können die einzelnen Leuchtenfunktionen und Lichtszenen der Straßenbeleuchtung gesteuert werden

Die 54 smarten Mastleuchten dienen einerseits der üblichen Straßenbeleuchtung, die weiterhin von der Stadt geschaltet wird, andererseits lässt sich die Flaniermeile nun auch mit individuellen Lichtszenarien beleuchten. Über ansteuerbare LEDs kann man die einzelnen Häuserfassaden anstrahlen oder die Gehwege in jeder erdenklichen Färbung illuminieren. Zu diesem Zweck sind in allen Mastleuchten jeweils zwölf separat ansteuerbare LED-Leuchtelemente verbaut. Darüber hinaus umfasst jede zweite Mastleuchte drei weitere Schnittstellen zur Versorgung und Steuerung von Dekorbeleuchtung, die beispielweise zu Weihnachten zum Einsatz kommt. Die Leuchtelemente werden über das Dali-Protokoll von einer in der Mastleuchte befindlichen SPS gesteuert. Für die Kommunikation zwischen den einzelnen Lichtmasten und dem zentralen Leitrechner, der in einem Straßenverteiler untergebracht ist, dient das Protokoll Modbus-TCP. Ein Leitrechner, der sich über das Internet fernwarten lässt, überwacht die Straßenbeleuchtung (Bild 2).

Nachträgliche Leitungsverlegung ausgeschlossen

Bild 3: Da Mesh-Knoten mehrere Verbindungen haben können, gibt es in einem Mesh-Netzwerk meist mehrere alternative Wege zum Ziel; auf diese Art und Weise lässt sich die Übertragungs­sicherheit deutlich erhöhen, da sich das Signal bei einem Wegfall einer Verbindung eine alternative Route sucht

Da es beim Beleuchtungsprojekt Mönckebergstraße um die Aktualisierung einer Bestandsanlage geht, in deren Rahmen die alten Lichtmasten gegen neue, smarte Mastlampen ausgetauscht werden, waren weder Kommunikationsleitungen noch Leerrohre vorhanden. Das nachträgliche Verlegen der Kabel in der Straße oder unter den Bürgersteigen hatte die Stadtverwaltung von vornherein ausgeschlossen. Deshalb stand das Systemhaus vor der Herausforderung, die Datenübertragung zu den Mastlampen umzusetzen. Zunächst verfolgten Michael Mack und sein Team den schon genannten Ansatz, die Ethernet-Daten mittels TCP/IP-Powerline über die bestehenden Energieleitungen auszutauschen. Dabei werden die Daten auf das vorhandene Energienetz aufmoduliert. Dieses Konzept wurde schnell verworfen, weil sich in der Praxis herausstellte, dass sowohl die Zuverlässigkeit der Kommunikation als auch die realisierbare Datenrate deutlich zu gering sind.

Als Alternativlösung bot sich die Nutzung einer Funktechnologie an. Vor diesem Hintergrund testeten die Mack-Mitarbeiter gemeinsam mit der für die Elektroinstallation zuständigen Elektro Schiebold GmbH & Co. KG verschiedene Verfahren umfassend auf ihre Tauglichkeit und Zuverlässigkeit. Letztendlich entschieden sich die Beleuchtungsexperten für den WLAN-Mesh-Ansatz von Phoenix Contact auf Basis der Module der WLAN-Produktfamilie 2100. Als einzige untersuchte Lösung erfüllt WLAN-Mesh die funktionalen Kriterien ebenso wie die hohen Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Datenübertragung (Bild 3).

Funkverbindung automatisch aufgebaut

Bild 4: Die smarten Straßenleuchten können die einzelnen Häuserfassaden individuell über Lichtszenen anstrahlen sowie die Gehwege durch farbige LEDs beleuchten

Der industrielle WLAN-Access-Point der Baureihe »WLAN 2100« beinhaltet neben dem üblichen Access Point und Client-Mode ebenfalls die Betriebsart Mesh. Bei einem WLAN-Mesh-Netzwerk handelt es sich um ein autonomes, sich selbst organisierendes Ad-hoc-Netzwerk. Im Gegensatz zu den Standard-WLAN-Netzen benötigt es keine zentrale Infrastruktur, wie WLAN-Access-Points. Das WLAN-Mesh-Netzwerk umfasst nur gleichberechtigte WLAN-Mesh-Knoten (Mesh-Knoten), die automatisch eine Verbindung (Ad-hoc) zu allen anderen Mesh-Knoten im gleichen Netzwerk aufbauen, sofern sich diese in ihrer Funkreichweite befinden. Somit kann ein Mesh-Knoten gleichzeitig mit vielen Mesh-Teilnehmern verbunden sein. Weil diese Mesh-Teilnehmer wiederum über weitere Verbindungen zu anderen Mesh-Knoten verfügen, entsteht automatisch ein vermaschtes Netzwerk (Mesh-Netzwerk), über das die Mesh-Teilnehmer mit­einander kommunizieren können.

Sind Mesh-Teilnehmer nicht direkt erreichbar, erfolgt die Anbindung über andere Mesh-Knoten via Routing (Hops). Auf diese Weise ergibt sich eine Wegeredundanz, sodass die Daten beim Wegfall eines Mesh-Knotens einfach über einen alternativen Pfad an ihr Ziel geroutet werden, was die Ausfallsicherheit erhöht. Wie in einem Standard-WLAN-Netzwerk sichert WPA-2-Security mit AES-Verschlüsselung die Datenübertragung vor Manipulation und Abhören ab. Über den lokalen Ethernet-Port der WLAN-Mesh-Knoten lassen sich einzelne Ethernet-Geräte sowie lokale Ethernet-Netzwerke in das WLAN-Mesh-Netzwerk integrieren. Aus Sicht der Anwendung respektive der End­geräte arbeitet das gesamte Mesh-Netzwerk logisch wie ein verteilter Switch. Der Netzwerkverkehr wird im Mesh-Netzwerk gekapselt an sein Ziel geschickt.

Flexibel an die örtlichen Gegebenheiten anpassen

An jede der entlang der Mönckebergstraße aufgestellten Mastleuchten haben Michael Mack und seine Mitarbeiter nun im oberen Bereich einen WLAN-Mesh-Knoten installiert. Die SPS zur Lampensteuerung ist dann jeweils an den Ethernet-Anschluss der Mesh-Knoten angebunden. Über einen Mesh-Knoten, der in einem Straßenverteiler verbaut ist, wird das Mesh-Netzwerk und somit die Mastlampen schließlich an den zentralen Leitrechner angekoppelt. Die Distanz zwischen zwei Lampen, die auf beiden Straßenseiten montiert sind, beträgt dabei in der Regel etwa 30 m. Allerdings sind die Straßen­seiten mit Bäumen bewachsen, weshalb die Funkreichweite negativ beeinflusst werden kann. Hier zeigt sich ein Vorteil des Mesh-Netzwerks: Da es sich selbst organisiert, passt es seine Verbindungen dynamisch an die örtlichen Gegebenheiten an. Fällt eine Verbindung also mangels Sichtkontakt aus oder verschlechtert sich die Signalqualität, wird automatisch eine andere Route durch das Mesh-Netzwerk gewählt .

Fazit

Bei dem Projekt an der Hamburger Mönckebergstraße handelt es sich um das bislang größte mit der WLAN-Mesh-Lösung von Phoenix Contact realisierte Netzwerk. Bei dessen Umsetzung tauchten doch einige projektspezifische Herausforderungen auf, die durch die Zusammenarbeit zwischen Computer Mack, Elektro Schiebold sowie Phoenix Contact gelöst worden sind. Neben den gewonnenen Erfahrungen haben die Funk­spezialisten die WLAN-Mesh-Firmware weiter für derartige Anwendungsfälle optimiert. Pünktlich zu den dunkler werdenden Tagen ging die smarte Beleuchtung der Mönckebergstraße Ende 2020 in Betrieb (Bild 4).

Autor

Dipl. Ing. (FH) Jürgen Weczerek, Produktmanager Network Technology Wireless, Phoenix Contact Electronics GmbH, Bad Pyrmont

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net