Bild 1: In hohen Industriehallen bieten Ansaugrauchmelder geeignete Lösungen für den Brandschutz; Quelle: Hekatron

Die dynamische Entwicklung der Industrie stellt beim Thema Brandschutz hohe Anforderungen an Gebäudeplaner und Errichter. Ob Rechenzentrum, Tunnelbau oder Recyclinganlage – jedes Projekt ist einzigartig und bringt seine speziellen Anforderungen mit. Gefragt sind bei solchen Projekten leistungsfähige Brandschutzsysteme, die Produkte von der Stange mit maßgeschneiderten Lösungen verknüpfen.

In Deutschland entstehen inzwischen industrielle Bauten, die ganz neue Anforderungen an den Brandschutz stellen (Bild 1). Etwa der Thyssenkrupp Testturm bei Rottweil: ein 246 m hohes Gebäude – errichtet, um Hochgeschwindigkeitsaufzüge zu testen. Denn rund um den Globus entstehen derzeit Mega-Cities. Ihr rasantes Wachstum verlangt nach immer höheren Büro- und Wohngebäuden mitsamt entsprechenden Aufzugssystemen. Kein Zweifel: Unsere Lebensbedingungen und mit ihnen Märkte und Produktionsumgebungen verändern sich mit einer nie dagewesenen Dynamik. Die Auswirkungen bekommen auch die Errichter für Sicherheitstechnik und Planer von Gebäuden zu spüren. Sie müssen sich mit immer neuen, oft sehr spezifischen Anforderungen auseinandersetzen.

Herausforderung für Fachplaner

Bild 2: Im U-Bahn-Tunnel sind wegen der intensiven Luftumwälzung besonders empfindliche Rauchmelder gefragt, Quelle: Rudy and Peter Skitterians auf Pixabay

Die Liste der Anwender und Szenarien ist lang. Da finden sich Landwirtschaftsbetriebe mit Stallungen und Recyclingfirmen ebenso wie Galvanikbetriebe, Tiefkühllager oder Wäschereien. Aber auch Lebensmittelhersteller oder Unternehmen, die Arzneimittel oder andere chemische Stoffe in Reinräumen produzieren. Nicht nur Firmen, die mit schwierigen Werkstoffen oder in speziellen Umgebungen arbeiten, benötigen maßgeschneiderte Sonderlösungen, sondern auch Tiefgaragen- und Schwimmbadbetreiber, Nahverkehrsunternehmen (Bild 2) oder öffentliche Einrichtungen wie Kirchen oder Veranstaltungshallen.

Fachplaner und Errichter von Gebäuden müssen sich deshalb heute mehr denn je Gedanken darüber machen, wie sie im Brandschutz zwei Dinge vereinen: spezifische Anforderungen, die das jeweilige Geschäfts­modell des Anwenders mit sich bringt, und Standardlösungen, wie sie zum Beispiel häufig in Bürogebäuden verbaut werden. Anforderungen jedenfalls, die weit über den standardisierten Brandschutz und den Einsatz punktförmiger Brandmelder hinausgehen.

Schließlich gilt es auch unter schwierigen Bedingungen wie extremen Temperaturen, verschmutzter Luft, korrosiven Gasen oder hoher Luftfeuchtigkeit eine zuverlässige Alarmierung sicherzustellen. Dabei sind die Anwendungsumgebung und Störpotenziale – im Fachjargon »Störgrößen« – zu berücksichtigen. Außerdem spielen Umwelteinflüsse und die spezifischen Eigenschaften der Gebäude und Produktionsanlagen eine wesentliche Rolle.

Komplexes Zusammenwirken

»Da ist jeder Fall anders gelagert und oft ist das Zusammenwirken der verschiedenen Einflussgrößen sehr komplex«, sagt Thomas Merkt, Leiter Projektierung bei Hekatron Brandschutz. »In Serverräumen zum Beispiel wird Rauch durch die starke Luftumwälzung schnell verdünnt. Deshalb brauchen wir hier besonders empfindliche Brandmelder, die sehr schnell reagieren. Andererseits sollen die Melder keinen Fehlalarm auslösen. Das gilt im Grunde auch für jede andere Anwendungsumgebung.« Um das auszubalancieren, müsse man genau wissen, welche Anforderungen die räumlichen Bedingungen stellen, welche Detektionstechnologie geeignet ist und was die Software leisten muss (siehe Tabelle).

Tabelle: Einsatzmöglichkeiten für Sonderbrandmelder in der Übersicht

Ein ganz anderes Beispiel sind holzverarbeitende Betriebe oder Baumärkte mit Holzzuschnitt. Staub und Sägemehl, aber auch Öle, Fette und die Abwärme von Maschinen sorgen hier für hohes Störpotenzial, das die Funktionsweise der Brandmelder erschwert. Außerdem entsteht in solchen Räumen immer wieder Rauch durch heiß laufende Sägeblätter. Die Lösung besteht hier aus linearen Infrarotlicht-Rauchmeldern: Ansaugrauchmelder saugen über ein Rohrsystem permanent Umgebungsluft aus dem Gebäude an und analysieren diese Luft mit hochempfindlichen Rauchsensoren. Die Ansaugöffnungen sind mit nur wenigen Millimetern Durchmesser kaum sichtbar, weshalb diese »unsichtbare Lösung« auch gerne in Kirchen, Museen oder Konzerthallen eingesetzt wird. Denn auch das Gerät selbst lässt sich verdeckt installieren.

Asymmetrische Rohrverlegung

Bei vielen Ansaugrauchmeldern ist es erforderlich, die beiden Rohre symmetrisch zu verlegen. Beide Stränge müssen hier gleich lang und die Zahl ihrer Bohrungen identisch sein, damit das System zuverlässig arbeitet. Allerdings erschweren die baulichen Gegebenheiten oft eine symmetrische Verlegung.

Lineare Infrarotlicht-Rauchmelder hingegen arbeiten mit einem Sender-Empfänger-System. Der Sender schickt Infrarotlicht auf die gegenüberliegende Seite des Raumes. Dort trifft der Lichtstrahl entweder auf ein Empfangsgerät, das ihn direkt auswertet, oder ein Reflektor sendet ihn wieder zurück. In diesem Fall fungiert der Sender auch als Empfänger und analysiert das zurückgesandte Signal. Das funktioniert selbst in sehr hohen Räumen wie etwa einer Kirche problemlos.

Moderne Systeme orientieren sich an zwei Faktoren: zum einen daran, ob im Brandfall der Lichtstrahl durch Rauch abgeschwächt wird. Zum anderen erfasst der Melder die Veränderung der Frequenzen, das Flackern also, das bei einem Brand auftritt. Da die Geräte eine Distanz bis zu 200 m überbrücken, sind sie für den Einsatz selbst in sehr großen Hallen geeignet. Außerdem lassen sie sich auch vertikal anordnen, etwa in Schachtanlagen.

Resistenz gegen Störgrößen

In vielen Industrieanlagen oder in Stallungen ist die Luft verunreinigt, aber auch Wasserdampf in Wäschereien oder chemisch-aggressive Stoffe in Lackierereien stellen erhebliche Störgrößen dar. Trotz dieser Bedingungen muss der Brandschutz zuverlässig funktionieren. Mit linienförmigen Rauchmeldern zum Beispiel, die mit nano-versiegelten Scheiben ausgestattet sind, um einer Verschmutzung entgegenzuwirken.

Rauchmelder mit Ansaug- oder Durchlichttechnik – oft auch miteinander kombiniert – kommen in Betrieben mit Maschinen, Laboreinrichtungen oder Elektroschränken, in Trafostationen oder Sende- und Übermittlungsanlagen zum Einsatz. In Trocknungsanlagen von Lackierstraßen mit extrem hohen Temperaturen bis zu 300 °C sind linienförmige Wärmemelder gefragt. Ihr Wirkprinzip ist einfach: Die Fühlerrohre erfassen permanent die Umgebungstemperatur. Durch eine Erhöhung der Temperatur steigt auch der Luftdruck im Fühlerrohr, welcher dann mit einstellbaren Druckschwellen ab einer vordefinierten Temperatur zur Alarmauslösung führt.

Statt aus Edelstahl oder Kupfer lassen sich auch Fühlerrohre aus Teflon einsetzen. Teflonschläuche sind äußerst robust und resistent gegen fast alle Chemikalien. Hinzu kommt, dass sie besonders einfach zu verlegen sind. Typische Anwendungsbereiche für linienförmige Wärmemelder sind nicht nur Räume mit extremen Temperaturen wie Gießereien, sondern auch Umgebungen mit hohen Temperaturschwankungen – zum Beispiel Industrieküchen, Lagerhallen oder Motorenprüfstände. Aber auch bei extremen Störgrößen wie Stallungen mit starker Gasentwicklung – in diesem Fall vor allem Ammoniak – sind diese Lösungen geeignet.

Filter sichern Funktion

Ansaugrauchmelder können mit Partikelfiltern ausgerüstet werden. Spezielle Magnetfilter sondern selbst kleinste metallurgische Staubpartikel aus, die wegen ihrer sehr geringen Abmessungen unter Umständen den Staubfilter passieren. Moderne linienförmige Wärmemelder filtern kurzfristige Temperaturschwankungen über eine spezielle Filterfunktion aus. Ein technischer Meilenstein ist in diesem Zusammenhang der »Dynamic Heat Watch«-Algorithmus (DHW). Durch ihn ist der zugehörige linienförmige Wärmemelder in der Lage, zuverlässig zwischen einer Störung und einer tatsächlichen Gefahrensituation zu unterscheiden.

Sicher ist: Sonderbrandlösungen erfordern viel Erfahrung und Know-how. Die Projektplaner müssen alle relevanten Anwendungsszenarien, Techniken und neuesten Entwicklungen kennen, sie brauchen Beratungskompetenz und Verständnis für das Gesamtsystem. In der Kombination ist es möglich, den steigenden Anforderungen durch sichere und wirtschaftliche Lösungen gerecht zu werden. Wirtschaftlich heißt unter anderem, dass der bauliche Aufwand für die Installation der Brandmeldesysteme möglichst niedrig sein sollte. Und, dass die Systeme auch unter anspruchsvollen Bedingungen über einen langen Zeitraum stabil funktionieren und wenig Aufwand für die Wartung benötigen.

Autor

Swen Drogosch, Produktmanager, Markt Brandmeldersysteme, Hekatron Brandschutz, Sulzburg

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net