Technische Lösungen im Smart Home-Segment eröffnen gerade für ältere Menschen neue Perspektiven. Sie bieten Mehrwert für alle, die trotz körperlicher Einschränkungen zuhause wohnen bleiben möchten. Ambient Assisted Living (AAL) bezeichnet alltagstaugliche Assistenzlösungen für das selbstbestimmte Leben (Bild 1). Der attraktive Zukunftsmarkt gewinnt an Fahrt und bietet enorme Chancen für das Elektrohandwerk.

Der demografische Wandel mit einer immer älter werdenden Gesellschaft bei gleichzeitigem Fachkräftemangel im Pflegebereich stellt hohe Anforderungen an seniorengerechtes Wohnen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wird bis 2035 die Zahl der Menschen ab 67 Jahre um 22 % steigen. Senioren möchten meist so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben. Moderne technische Lösungen aus dem Bereich der Gebäudeautomation machen das zunehmend sicher möglich. Als AAL umfassen sie Produkte, Dienstleistungen und Systeme, die älteren oder pflegebedürftigen Menschen oder Personen mit Handicap im Alltag assistieren. Architekten, Planer und Handwerker, die diesen vielversprechenden Wachstumsmarkt antizipieren, sichern sich schon heute einen Wettbewerbsvorteil.

Vom Smart Home bis zum AAL

Die Mehrheit der Elektro-Fachleute zeichnet sich bereits durch Smart Home-Kompetenz aus – und die Grenzen zu AAL sind fließend. Was später gegebenenfalls ein unverzichtbares Hilfsmittel ist, wird vorher als Komfortfunktion innerhalb eines smarten Zuhauses empfunden – wie etwa die Steuerung von Fenstern und die Meldung von Türöffnungen via Tablet oder die automatische Bedienung von Jalousien. AAL geht allerdings weit über dieses Szenario hinaus. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von der Unterstützung bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben über den zuverlässigen Einbruchsschutz bis hin zur Nutzung als intelligentes Sicherheitssystem – etwa zur Identifikation von Stürzen sowie anderen Notfällen und entsprechender Alarmierung.

Rundum sicher mit AAL

Bild 2: KNX-basierte Alarmfunktionen können z. B. davor schützen, dass bei beginnender Demenz ein Bewohner unbemerkt das Haus verlässt oder dass er sich aussperrt

Mit steigendem Bewusstsein für die Bedürfnisse im Alter entscheiden sich immer mehr Menschen für einen barrierefreien Neu- oder Umbau. Damit einhergehend muss auch die Planung einer ausbaufähigen AAL-gerechten Elektroinstallation vorausschauend erfolgen. Sind die technischen Weichen bereits bei der Gebäudeplanung gestellt, ist die AAL-Umgebung deutlich einfacher und kostengünstiger umzusetzen.

Werden bei Neubau oder Renovation KNX-Leitungen verlegt, stehen die entsprechenden Automationsfunktionen bereit – auch mit der Möglichkeit, zunächst installierte Komfort-Funktionen später um AAL-Aspekte zu erweitern. Die KNX-Technologie ermöglicht es zum Beispiel mit dem Sortiment »Spacelogic« von Schneider Electric, ein Alarmsystem vollständig getrennt vom Internet als eigenen Schaltkreis zu betreiben, ohne bei den Funktionen im Haus auf die App-Steuerung verzichten zu müssen (Bild 2). Durch Bewegungsmelder, automatische Beleuchtung und Alarmfunktionen schützt sie sowohl vor ungebetenen Gästen als auch davor, dass beispielsweise bei beginnender Demenz ein Bewohner unbemerkt das Haus verlässt.

Alternativ verhindert das System auch, dass er sich aussperrt: Durch Abfrage der Kontakte im Griff oder extern in einem magnetischen Öffnungssensor erkennt das System eine unerwartete Öffnung der Haustür und verhindert die Verriegelung. Schließlich lässt sich z. B. ein Lichtschalter neben dem Bett als Panik-Taster parametrieren, der beispielsweise die Türverriegelung ansteuert, die Beleuchtung einschaltet und eine Kontaktperson benachrichtigt. Zur Sicherheit in der Küche tragen Feuchtigkeits- und Wärmemelder bei, die etwa eine automatische Abschaltung des Herdes veranlassen, wenn ein Topf darauf vergessen wurde.

Lösungen für Bestandsbauten

Bild 3: Mehr Sicherheit für Bewohner: Sehen, wer vor der Tür steht, und per App die Tür öffnen

In Mietwohnungen oder Häusern ohne KNX bieten sich funkbasierte Lösungen an oder solche, die eine bestehende Infrastruktur nutzen. Ein Beispiel hierfür sind die Türkommunikationsanlagen der Marke Ritto. Sie ermöglichen den Video-Türruf in Ein- und Zweifamilienhäusern, ohne dass neue Leitungen verlegt werden müssen (falls schon eine Türsprechanlage vorhanden war).

Auf diese Weise können Fachleute ihren Kunden mit geringem Aufwand – lediglich Austausch der Tür- und der Innenstation – Sicherheit in den Alltag bringen. Türruf, Sprechverbindung und Türöffnung zeigt die Außenstation sowohl visuell als auch per Signalton an. Diese AAL-Funktionalität kommt besonders Kunden mit eingeschränktem Seh- und Hörvermögen entgegen. Eine Erleichterung für mobilitätseingeschränkte Personen ist die optionale App-Steuerung, die ein Öffnen der Tür via Smartphone oder Tablet ermöglicht (Bild 3).

Wärme, Energie und Sicherheit mit Funk vernetzt

Bild 4: Bedienung per App: Ein Vorteil für mobilitätseingeschränkte Personen

Für die Automation von Temperatur- und Lichtsteuerung im Bestand eignet sich »Wiser Home« von Schneider Electric, das auf dem Funkstandard Zigbee basiert. So kann man beispielsweise die alten Heizkörperthermostate durch eine smarte Variante ersetzen. Im Zusammenspiel mit einem frei platzierbaren Raumthermostat konfigurieren Bewohner oder Betreuer dann die Temperatur mit der App. Funkbasierte Temperaturfühler haben dabei den Vorteil, dass sie beliebig positioniert werden können und so dort die Temperatur messen, wo sich die Bewohner tatsächlich aufhalten (Bild 4).

Auch bei der Licht- und Jalousiesteuerung und dem Stromsparen unterstützen die funkbasieren Lösungen. Über einen entsprechenden Schaltaktor in der UP-Dose lässt sich eine Leuchte klassisch über einen Taster an der Wand bedienen, aber auch über Funktaster oder Sprachsteuerung. Alternativ löschen Bewegungs- und Präsenzmelder bei Abwesenheit automatisch das Licht.

Schließt sich die Haustür hinter dem als Steuerung verwendeten Smartphone, während beispielsweise der Fernseher oder das Radio noch in Betrieb sind, helfen smarte Steckdosen dabei, Energie zu sparen. Je nach Einstellungen schicken sie über die App eine Benachrichtigung, oder sie schalten das Gerät direkt aus.

 

Ausblick: Großes Potenzial

Bild 5: Sensoren können erfassen, ob ein Bewohner von der hinterlegten Routine abweicht; dann kann eine Alarmkette ausgelöst werden

Weitere Möglichkeiten eröffnet die Kombination des kabelgebundenen KNX-Systems mit funkbasierten Lösungen. So ist es möglich, den üblichen Tagesablauf eines Bewohners zu erfassen, ohne dessen Privatsphäre durch Kameras zu verletzen. Angehörige oder Pflegekräfte können sich dann darauf verlassen, dass Ausnahmesituationen nicht unbemerkt bleiben, denn Sensoren wie Bewegungs- und Türöffnungssensoren sowie Präsenzmelder erfassen Abweichungen von der hinterlegten Routine.

Wurde beispielsweise das Medikamentenkabinett bis zu einer bestimmten Uhrzeit nicht geöffnet, erinnert eine Echtzeitbenachrichtigung den Bewohner an seine Tabletten. Analog kann das System auch eine Alarmkette auslösen, wenn z. B. bis 10:00 Uhr das Bad nicht betreten oder nachts die Haustür geöffnet wurde, oder wenn eine Bewegung plötzlich im Flur endet. Das System sendet dann eine Meldung an die Smartwatch, das Smartphone oder das Tablet des Bewohners. Quittiert dieser die Abweichung nicht, werden beispielsweise Familienmitglieder, Nachbarn oder Pflegekräfte benachrichtigt (Bild 5).

Die technologischen Möglichkeiten rund um AAL sind vielfältig und der Angebotsdschungel wächst. Fachleute, die ihre Klientel umfassend beraten und maßgeschneiderte Lösungen aus einer Hand anbieten können, sind klar im Vorteil.

Autorin

Valerie Becker, Head of Home Automation DACH, Schneider Electric GmbH

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net