Bild 1: In der Industrie und im produzierenden Gewerbe sind Notruflösungen für Mitarbeiter genauso wichtig wie Feuermelder für den Brandschutz, Quelle: Prolift

Noch vor wenigen Jahren nutzen die meisten Notruf- und Alarmierungslösungen klassische Kabelverbindungen. Mit dem Ende des analogen Festnetzes brach schließlich eine neue Zeitrechnung an und viele stiegen auf IP-Lösungen um. Wie sich allerdings nun zeigt, sind Kunden wie auch Installateure und Elektriker besser mit Mobilfunklösungen beraten. Denn diese funktionieren so zuverlässig wie analoge Anschlüsse und sind deutlich leichter zu installieren und zu warten.

Als die Deutsche Telekom vor fünf Jahren damit begann, das ISDN- und analoge Telefonfestnetz abzuschalten, fing eine neue Zeitrechnung an – für Endkunden und Unternehmen, aber auch für Installateure und Elektriker. Millionen von Anschlüssen und Endgeräten mussten umgestellt werden.

Das galt auch für die meisten Notruf- und Alarmierungslösungen, wie sie an Flughäfen, auf Baustellen, in Tiefgaragen, Tunneln, öffentlichen Gebäuden und WCs sowie immer häufiger auch in großen Unternehmen eingesetzt werden. Gerade in der Industrie und im produzierenden Gewerbe sind Notruflösungen für Mitarbeiter genauso wichtig wie Feuermelder für den Brandschutz, damit bei Arbeitsunfällen und in anderen Notlagen umgehend Hilfe angefordert werden kann (Bild 1). Allein die Zahl der Arbeitsunfälle, die jedes Jahr in Deutschland gemeldet werden, liegt bei über 800.000. Verlässliche Notruflösungen sind damit quasi überall unverzichtbar.

 

Notrufleitsysteme in Personenaufzügen

Bild 2: Seit Januar 2021 müssen alle Aufzüge in Deutschland, in denen Personen mitfahren können, über ein Zwei-Wege-Kommunikations­system verfügen; Quelle: Telegärtner

Die Entscheidung der Deutschen Telekom, das analoge Festnetz abzuschaffen, hatte weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung von Notruflösungen und deren Funktionsweise. Betroffen waren beispielsweise auch die Notrufleitsysteme von Hundertausenden von Personenaufzügen (Bild 2). Die Notruflösungen konnten nur dann am IP-basierten Telekom-Anschluss weitergenutzt werden, wenn sie über eine Internetverbindung verfügten oder unabhängig vom Anschluss über Mobilfunk angebunden wurden.

Für die Betreiber sowie die beratenden Installateure und Elektriker hieß es nun, im Einzelfall zu entscheiden, welche Option die bessere war: eine Anbindung ans IP-Netz oder per Mobilfunk. Nicht zuletzt die Skepsis vor Funklösungen bewegte zunächst viele dazu, den vermeintlich sichereren Weg zu gehen und die Notruflösungen auf IP umzustellen. Mitunter lag dies an der Macht der Gewohnheit und der Affinität zu kabelgebundenen Lösungen, mitunter an der hohen Verantwortung. Schließlich sind Notrufsysteme sensible Einrichtungen und an der Zuverlässigkeit hängen sprichwörtlich Leben. Da für viele Mobilfunk in diesem Zusammenhang Neuland war, erschien das Internetprotokoll nicht selten als die bessere Wahl.

Wechsel von IP auf Mobilfunk

Viele Anbieter und Betreiber, die sich zunächst für IP-basierte Anschlüsse entschieden hatten, mussten jedoch mit der Zeit feststellen, dass Mobilfunk für Notruflösungen in den meisten Fällen die bessere Alternative ist. Denn so funktioniert das Notrufsystem bei Bedarf auch unabhängig von der lokalen Infrastruktur. Was vielen nicht bewusst ist: Notruflösungen, die Mobilfunk nutzen, greifen auf den GSM2-Standard (2G) zurück. Dabei handelt es sich um den ersten digitalen Mobilfunkstandard, der seit drei Jahrzehnten im Einsatz und dementsprechend erprobt ist.

Anders als die nachfolgende Generation 3G, die dieses Jahr abgeschaltet werden soll, funktioniert der 2G-Standard zuverlässig und ist in Sachen Stabilität mit den früheren analogen Leitungen zu vergleichen. Dank der einfachen Installation sowie der leichten Wartung sind 2G-basierte Notruflösungen von der Kosten-Nutzen-Rechnung sogar überlegen. Für den Installateur bedeutet dies auch, dass er mehr Kunden betreuen kann und dass die Auftraggeber nicht lange warten müssen, bis Installations- oder Wartungsarbeiten abgeschlossen sind. Einfache und zuverlässige Notruflösungen nutzen aus diesen Gründen das GSM-Mobilfunknetz der zweiten Generation.

Bei den einzelnen mobilfunkbasierten Systemen gibt es allerdings große Unterschiede. Gemeinsam mit der TGE Gruppe entwickelte die Deutsche Telekom bereits frühzeitig eine Mobilfunknotruflösung, die unter anderem dank eines GSM-Moduls einen einfachen und sicheren Umstieg vom analogen Festnetz-Telefonanschluss ermöglichte. Bis heute ist das Gesamtsystem, bestehend aus Mobilfunk-Gateway, SIM-Karte und Notrufgerät, das einzige, das vom TÜV Rheinland zertifiziert wurde.

Barrierefreier Notruf wird immer wichtiger

Bild 3: Beim Thema moderne Notruf- und Alarmierungstechnik stehen viele Unternehmen und Behörden einer fachkundigen Beratung offen gegenüber; Quelle: Telegärtner

Vielen Unternehmen und Behörden ist nicht bewusst, was heutzutage bereits alles machbar ist, und sie müssen entsprechend beraten werden (Bild 3). Das gilt nicht zuletzt auch für das Thema »Barrierefreies Leben und Arbeiten«, was allgemein in Betrieben wie Gemeinden immer wichtiger wird.

Was hier neben Rampen für Rollstuhlfahrer und Hilfsmitteln für Menschen mit Sehbehinderungen allerdings oft vergessen wird, sind adäquate Notrufsysteme für Menschen, die nicht oder kaum etwas hören können. Denn klassische Notrufsysteme funktionieren ausschließlich sprachbasiert. Für Gehörlose und hochgradig Schwerhörige sowie Menschen, die die jeweilige Landessprache nicht beherrschen, bedeutet das, dass sie nicht mit der Leitzentrale kommunizieren können.

Mittlerweile gibt es visuelle Notrufsysteme, die über einen Touchscreen verfügen sowie mehrere Sprachen unterstützen. So ist ein schneller und unkomplizierter Austausch mit der Notrufzentrale möglich. Nachdem der Notrufknopf gedrückt wurde, meldet sich die zuständige Leitstelle. Scheitert der Kontakt über die sprachbasierte Anlage, aktiviert die Leitstelle das visuelle Notrufsystem über eine geschützte Mobilfunkverbindung. Mit Anweisungen, Fragen und Antwortmöglichkeiten wie »Brauchen Sie einen Krankenwagen?« kann über den Touchscreen fortan problemlos kommuniziert werden. Auch den Fortschritt notwendiger Maßnahmen kann die Leitstelle anzeigen wie beispielsweise »Hilfe kommt in zehn Minuten«.

Auch in öffentlichen Toiletten ist Barrierefreiheit wichtig. Bislang kann in den meisten Fällen jedoch lediglich ein lokaler Alarm ausgelöst werden. Mit einem modernen Fernnotruf für Sanitäranlagen lässt sich dafür sorgen, dass nicht nur Passanten oder Mitarbeiter durch ein lokales Signal alarmiert werden, sondern zusätzlich eine Fernsprechverbindung aufgebaut wird.
Durch den Fernanruf auf hinterlegte Telefonnummern beziehungsweise eine Leitzen­trale wird sichergestellt, dass stets schnelle Hilfe garantiert ist. Zudem lässt sich über ein modernes System in beide Richtungen kommunizieren, sodass die hilfsbedürftige Person über die anstehende Hilfe detailliert informiert und bei Bedarf auch beruhigt werden kann.

Flexibilität bei der Aufschaltung

Bild 4: Damit ein Notruf auch an Wochenenden gehört wird, ist eine bedarfsgerechte Aufschaltung auf eine externe, vernetzte Leitzentrale notwendig; Quelle. Siwaltec

Bedenken sollte man als Planer oder beratender Installateur übrigens auch, dass es vielen Unternehmen und Behörden wichtig ist, dass ihre Notruflösungen nicht zwangsläufig an einen bestimmten Dienstleister gebunden sind, der die Notrufe entgegennimmt. Mit flexiblen Lösungen können sich die Betreiber von den herstellerspezifischen Notrufgeräten und der damit verbundenen Aufschaltemöglichkeit lösen und so letztlich Kosten sparen. Denn Aufschaltungen von Notrufgeräten auf externe Leitzentralen kosten Geld und sind in der Regel für mehrere Monate Laufzeit bindend.

Wenn die Unternehmen selbst über ständig besetzte Stellen verfügen wie beispielsweise Krankenhäuser, Hotels, Universitäten und große Wohn- oder Fabrikkomplexe, sollten hier also Notrufsysteme zum Einsatz kommen, die nicht über eine Gesamtlösung an eine bestimmte Leitstelle gebunden sind. Um auf der sicheren Seite zu sein, bieten manche Notrufspezialisten wie etwa Telegärtner Elektronik allerdings eine bedarfsgerechte Aufschaltung auf eine externe Leitzentrale an – gewissermaßen als Notanker, falls die interne Aufschaltung aktuell nicht verfügbar ist.

Darüber hinaus gibt es Notruflösungen bei denen die Notrufe zu den normalen Arbeitszeiten intern abgearbeitet werden und nur nach Feierabend auf externe Leitzentralen laufen (Bild 4). So kann der Betreiber selbst entscheiden, ob das System durchgängig, zeitweise, ausschließlich als Notanker oder gar nicht mit der externen Leitzentrale verbunden sein soll.

Autor

Tillmann Braun, freier Redakteur, Haiterbach

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net