Bild 1: Nicht mehr gültig: Zählerplatz für den Anschluss einer Erzeugungsanlage mit Wandlermessung

Der Aufbau elektrischer Anlagen findet in den letzten Jahren zunehmend unter den Bedingungen großer technischer Umbrüche statt. Um schneller auf neue Anforderungen reagieren zu können, nutzt die DKE das Normungsinstrument der VDE-Anwendungsregeln.

Laufen Normenentwicklung und Errichtung elektrischer Anlagen zeitlich parallel, kann es zu Situationen kommen, die widersprüchlich erscheinen. Ein aktueller Fall stellt sich so dar, dass ein Messwandlerschrank mit integriertem NA-Schutz (Netz- und Anlagenschutz) aus dem Jahre 2016 den aktuellen Betreiber in Erklärungsnöte bringt. Der Schrank enthält eine Wandlermessung für PV-Volleinspeisung, eine Zweirichtungs-Wandlermessung für die Kundenanlage, eine Wandlermessung für den PV-Eigenverbrauch und eine Direktmessung für einen PV-Volleinspeiser. Dazwischen befinden sich ein Netzüberwachungsrelais und vier Kuppelschalter. Die in­stallierte PV-Gesamtleistung liegt bei 141 kWp. In VDE-AR-N 4105:2011-08, Punkt 6.2, war seinerzeit Folgendes beschrieben: »Der zentrale NA-Schutz ist als eigenständiges Betriebsmittel in einem dafür geeigneten Stromkreisverteiler nach TAB 2007, Abschnitt 8 Absatz 1, und nicht im oberen Anschlussraum nach TAB 2007, 7.2, Absatz 9, unterzubringen und am zentralen Zählerplatz anzuschließen.« Demzufolge soll die Netzüberwachung nebst Kuppelschaltern in einem separaten Stromkreisverteiler untergebracht und am Zählerschrank angeschlossen sein. In der vorliegenden Netz­anmeldung durfte der Installateur »optional« unterschreiben, was er jedoch nicht tat. Der Anschlussnehmer hingegen unterschrieb diese Netzanmeldung (Bilder 1 bis 3).

Der Betreiber geht nun der Frage nach, welcher technische Ansatz zu diesem Schrank­aufbau geführt haben könnte. So lautet seine These, dass es möglich wäre, dass außer der VDE-AR-N 4105 noch andere Regelwerke anzuwenden seien. Vom Netzbetreiber, dem Schrankhersteller und Installateur sind keine konkreten Aussagen zu diesem Sachverhalt zu bekommen. Der Netzbetreiber hat diesen Schrankaufbau durch Unterschrift de facto genehmigt. Der Anschlussnehmer bzw. Anlagenbetreiber hingegen hat dem Netzbetreiber den Aufbau der Anlage nach DIN VDE und TAB ebenfalls schriftlich bestätigt. Die Befürchtung des derzeitigen Betreibers geht nun dahin, dass er wegen des abweichenden Zählerschranks später für beliebige Schäden in Haftung genommen werden könnte.

Allgemeine Sachlage

Bild 2: Inbetriebsetzungsprotokoll für Erzeugungsanlagen und / oder Speicher – dieses Formular ist zur Vervielfältigung durch den Anwender dieser VDE-Anwendungsregel bestimmt

Die zuvor genannten Hinweise klingen im Wesentlichen zunächst einmal richtig, dennoch schauen wir uns die Fakten etwas näher an. VDE-Bestimmungen stellen keine Gesetze dar. Allerdings entfalten sie durch Bezug in gesetzlichen Regelwerken eine sogenannte Vermutungswirkung. Wer von den VDE-Bestimmungen abweicht, muss im Falle des Falles nachweisen, dass durch seine Ausführung die gleiche oder auch eine höhere Sicherheit erreicht werden kann.

In diesem Beitrag sollen die rechtlichen Belange weitgehend außen vorgelassen werden. Dennoch ist es seitens des Autors nicht anzunehmen, dass in einem Schadensfall an einer anderen Stelle der Anlage, die eingangs genannte Abweichung von den VDE-Bestimmungen negativen Einfluss ausüben könnte. Wenn also der Netzbetreiber von seinen eigenen Vorgaben aus der damals gültigen TAB 2007 und von der VDE-AR-N 4105 abweicht bzw. abweichen lässt, dann liegt das aus meiner Sicht auch in seiner Verantwortung. Korrekterweise hätte diese Abweichung allerdings im betreffenden Prüfprotokoll vermerkt sein müssen.

Normative Vorgaben

Die eingangs genannte Forderung ist erstmals im Abschnitt 6.2 von VDE-AR-N 4105:2011-08 wie folgt angeführt worden: »Der zentrale NA-Schutz ist als eigenständiges Betriebsmittel in einem dafür geeigneten Stromkreisverteiler nach TAB 2007, Abschnitt 8, Absatz 1, und nicht im oberen Anschlussraum nach TAB 2007, 7.2, Absatz 9, unterzubringen und am zentralen Zählerplatz anzuschließen. Er muss plombierbar oder mit einem Passwortschutz versehen sein. Beispiele für die Anordnung des zentralen NA-Schutzes und damit den Anschluss von Erzeugungsanlagen an Zählerplätze sind in Anhang C dargestellt.« Analoge Anforderungen hierzu sind auch in der derzeit gültigen VDE-AR-N 4105:2018-11 enthalten.

In der TAB 2007 (Ausgabe 2011) gab es bezüglich des Netz- und Anlagenschutzes (NA-Schutz) noch keine Festlegungen. Das schließt auch den teilweisen Ersatz der TAB 2007 durch die VDE-AR-N 4001:2011-04 sowie in deren Folgeausgaben mit ein. Jedoch kann aus dem nachfolgenden Zitat geschlossen werden, dass nur bestimmte Betriebsmittel im oberen Anschlussraum zulässig sind. Der Abschnitt 4.2 enthielt unter 10) nämlich nur folgende Festlegung: »Der obere Anschlussraum von Zählerplätzen nach DIN 43870 dient der Aufnahme von Betriebsmitteln für den Anschluss der Zuleitung zum nachfolgenden Stromkreisverteiler, Betriebsmitteln des Netzbetreibers sowie Betriebsmitteln für die in 4.7, 3) beschriebenen Anwendungen. Eine Nutzung als Stromkreisverteiler selbst ist nicht zulässig.«

Unterschrift des Errichters ist entscheidend

Bild 3: Derzeit gültige Norm: Gegenüber Bild 1 in der neuen Norm leicht modifizierte Darstellung des Zählerplatzes für den Anschluss einer Erzeugungsanlage mit Wandlermessung

Es muss klar hervorgehoben werden, dass es nicht die Aufgabe des Anschlussnehmers bzw. Anlagenbetreibers ist, dem Netzbetreiber den Aufbau der Anlage nach DIN VDE und TAB schriftlich zu bestätigen. So etwas kann der Anschlussnehmer bzw. Anlagenbetreiber gar nicht bestätigen. Eine derartige Bestätigung kann bzw. muss ausschließlich durch ein in das Installateurverzeichnis eingetragenes Elektrounternehmen erbracht werden. Der Anlagenbetreiber ist üblicherweise ein elektrotechnischer Laie. Demzufolge kann er niemals bestätigen, dass die Ausführung den relevanten Normen entspricht. Wie sieht es aber nun mit der Vermutung des eingangs genannten Betreibers aus, dass der Anlagenbetreiber das »Inbetriebsetzungsprotokoll für Erzeugungsanlagen und / oder Speicher« unterschreiben müsse? Dieses Protokoll muss vom Errichter ausgefüllt werden, der mit seiner Unterschrift bestätigt, dass er die Vorgaben der Anschlussbedingungen und die einschlägigen Normen erfüllt hat. Mit der Unterschrift auf dem Formular, aus Anhang E.8 von VDE-AR-N 4105:2018-11 (Bild 2) bestätigt der Anlagenbetreiber nur, dass die Anlage zum angegebenen Zeitpunkt in Betrieb genommen wurde und dass der Anlagenbetreiber vom Errichter eingewiesen wurde und dass er eine vollständige Dokumentation vom Anlagenerrichter erhalten hat.

Abschließend ist bezüglich der schriftlichen Unterlagen zu sagen, dass generell ein Inbetriebsetzungsprotokoll erforderlich ist, das auch analog in der Ausgabe VDE-AR-N 4105:2011-08 bereits enthalten war (Bild 2). Welche Unterschriften am Ende tatsächlich benötigt werden, wäre aber Sache des Netzbetreibers gewesen. Dieser hätte evtl. fehlende Unterschriften einfordern müssen. Von der rechtlichen Seite soll hier zwar keine Stellung genommen werden. Bezüglich der Unterschrift bei der Netzanmeldung sei jedoch angemerkt, dass der Anlagenbetreiber zunächst das »Inbetriebsetzungsprotokoll für Erzeugungsanlagen und / oder Speicher« unterschreiben muss. Damit bestätigt er aber nicht – was er ja auch gar nicht kann –, dass der Anlagenbetreiber die einschlägigen Normen eingehalten hat. Dies bleibt Sache des Errichters.

Fazit

Da von der Einbringung solcher Betriebsmittel, z. B. ein NA-Schutz, in den oberen Anschlussraum keine Gefährdung ausgehen kann – zumindest nicht, wenn die maximal zulässige Verlustleistung innerhalb des Zählerschranks nicht überschritten und die Schutzklasse II nicht beeinträchtigt wird – hätte der Autor keine Bedenken bezüglich einer derartigen Ausführung. Schließlich sind es in erster Linie Vorgaben der Netzbetreiber, die aus Gründen der Einheitlichkeit bei den TABs in die VDE AR-N übernommen wurden.

Durch das Einbringen von Betriebsmitteln, die nicht durch die CE-Konformität des Zählerschrankherstellers abgedeckt sind, dürfte allerdings die CE-Konformität verloren gehen. Somit wäre eine neue CE-Konformität zu erstellen. Zur Verdeutlichung der normativen Vorgaben fügt der Autor an dieser Stelle das Bild C.3 aus der ungültigen VDE-AR-N 4005:2011-08 (hier Bild 1) und das Bild C.3 aus der derzeit gültigen VDE-AR-N 4105:2018-11 (hier Bild 3) ein. Hieraus wird ersichtlich, dass sich bezüglich der Anordnung des NA-Schutzes nichts geändert hat. Im eingangs genannten Fall entspricht der Verteiler formal also nicht der VDE-AR-N 4105, jedoch wurde er vom Netzbetreiber so akzeptiert wie er ist.

Autor

Werner Hörmann, gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltan­lagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Verfasser zahlreicher Beiträge in der Fachzeitschrift »de« sowie Autor diverser Fachbücher.

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net