Bild 1: Steckdose ohne Herstellerkennung – das VDE-Prüfzeichen ist fälschlicherweise aufgebracht

Im Handel werden mobile Wallboxen mit einer Nenn-Ladeleistung von 3,6 kW und einem Schukostecker-auf-Typ-2-Stecker angeboten. Diese Ladeleistung geht an die Grenzen der bisher üblichen Leistungs­anforderung an Schuko-Haushaltssteckdosen. In der Praxis führt dies zur Verunsicherung hinsichtlich der Frage, ob und wie eine derartige mobile Ladebox VDE-gerecht betrieben werden kann.

Ortsfeste Schutzkontakt-Steckdosen (sogenannte Schuko-Steck­dosen) entsprechen den Maßblättern der DIN 49440-5 und werden entsprechend DIN VDE 0620-1 konstruiert und durch eine in der Norm definierte Typprüfung auf Übereinstimmung mit den Anforderungen geprüft.

Einige Hersteller lassen diese Prüfungen zudem durch unabhängige Prüflabore durchführen und erhalten somit die Zeichnungsgenehmigung der jeweiligen Prüforgani­­sa­tion (z. B. VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut GmbH, Offenbach a. M.).

 

Probleme herkömmlicher Schutz­kontakt-Steckdosen

Eine Schuko-Steckdose darf übrigens nicht das CE-Zeichen führen, da es keine europaeinheitliche Festlegung zu einem Steckdosentyp gibt. Daher sind Steckdosen ­eines der wenigen Produkte, die keine ­CE-Kennzeichnung aufweisen. Das kann in der Praxis dazu führen, dass Steckdosen in den elektrischen Anlagen installiert sind, die dem Fachmann dann als »ungewöhnlich« erscheinen und ggf. nicht den normativen Anforderungen entsprechen. Hierbei ist es nicht leicht, die Qualität der Steckdose zu prüfen.

In der Realität vorzufindende Schutz­kontakt-Steck­dosen

Bild 2: Schuko-Steckdose mit den Angaben Wechselstrom (Sinuswelle), Bemessungsstrom 16 A und Bemessungsspannung 250 V – entspricht den Standard-Bemessungswerten gemäß DIN VDE 0620-1

Das fehlende CE-Zeichen ist hierbei kein Hinweis auf ungeprüfte Steckdosen. Ein wichtiger Hinweis hingegen ist der Herstellername. Sollte dieser fehlen, kann die Steckdose den normativen Anforderungen nicht entsprechen. Im Bild 1 ist eine solche Steckdose ohne Herstellerkennung abgebildet, die zudem noch fälschlicherweise das VDE-Prüfzeichen führt. Wie sich derartige Steckdosen in der Nutzung mit einer mobilen Wallbox verhalten, lässt sich nicht abschätzen. Daher beziehen sich die weiteren Ausführungen auf »normgerechte« Schuko-Steckdosen und Schuko-Stecker.

Wie im Bild 2 zu erkennen ist, trägt die Schuko-Steckdose die Angabe Wechselstrom (Sinuswelle), Bemessungsstrom 16 A und Bemessungsspannung 250 V. Dieses sind die Standard-Bemessungs­werte, welche in DIN VDE 0620-1 festgelegt sind.

Belastungsprüfungen von Steckdosen seitens der Hersteller

Für Steckdosen ist eine Prüfung der Temperaturerhöhung vorgesehen. Hierzu werden die Steckdosen mit einem Leiter mit einem Bemessungsquerschnitt von 2,5 mm² angeschlossen und in eine im Hartholzblock eingesetzte Gerätedose (Schalterdose) installiert. Im Anschluss werden die Steckdosen mit einem Strom von 22 A über einen Zeitraum von 1 h betrieben. Die Temperaturerhöhung an den Klemmen und inneren Verbindungen darf hierbei 45 K nicht übersteigen.

Darüber hinaus wird das Schaltvermögen der Steckdosen mit 50 definierten Steckvorgängen bei einem Prüfstrom von 20 A und einer Prüfspannung von 275 V durchgeführt. Eine weitere Prüfung soll den bestimmungsgemäßen Betrieb unter Bemessungsbedingungen nachweisen. Hierzu werden 5000 Steckvorgänge mit Bemessungsstrom 16 A und Bemessungsspannung 250 V durchgeführt.
Weitere Prüfungen hinsichtlich einer Dauerstrombelastung bei Bemessungsstrom sind in der Produktnorm nicht enthalten. Im Fazit bedeutet dies, dass »nor­male« Schutzkontakt-Steckdosen nicht für Dauerbelastung geprüft werden. Wie diese sich also bei der Anwendung als Ladesteckdose für Elektromobilität verhalten, ist daher leider nicht abschätzbar.

Schutz­kontakt-Steckdosen brennen des Öfteren an

Bild 3: Angebrannte Steckdosen infolge des ­Anschlusses von Haushaltsgeräten hoher Anschlussleistung

Bei Mehrfachsteckdosenleisten findet man in den Packungsbeilagen häufig Betriebs­hinweise für den bestimmungsgemäßen ­Betrieb. Hier wird ein Dauerbetrieb und ­gewerblicher Betrieb ausgeschlossen. Eigentlich müsste es derartige Nutzerhinweise auch für Schuko-Steckdosen geben. Ich kenne ­keine Bedienungs- und Montageanleitungen, die auf die eingeschränkte Dauerstrombelastung hinweisen. Angebrannte Steckdosen durch Waschmaschinen, Trockner oder andere Wärmegeräte konnte ich in meiner bisherigen Praxis bereits mehrfach auffinden (Bild 3). Ob und warum es zu ­diesem Anbrennen kommt, hängt vermutlich von vielen Faktoren wie Hersteller, Anschlussquerschnitte, Einbau­situation, Alter, Häufigkeit der Belastung u. v. m. ab.

In Deutschland werden Schutzkontakt-Stecker gemäß DIN VDE 0625-1 geprüft. Die Prüfbedingungen sind gleichlautend zu den Steckdosen, so dass auch diese nur für 1 h mit 22 A belastet werden, ohne dass die Temperatur­erhöhung mehr als 45 K ­beträgt.

Mobile Ladekabel können nur Notlösung sein

Bild 4: Beispiel eines Notladekabels mit Sicherheits- und Kommunikationseinrichtungen in Form einer In-Kabel-Kontrollbox in der Zuleitung. Diese ist hier auf dem Steckdosenverteiler abgelegt, damit das Gewicht nicht auf die Steckverbindung einwirkt

Bei den oben angesprochenen Ladekabeln sehe ich noch ein weiteres Problem. In den Zuleitungen sind i. d. R. Sicherheits- und Kommunikationseinrichtungen in Form ­einer In-Kabel-Kontrollbox (englisch: In-Cable Control Box – ICCB) integriert (Bild 4). Das Gewicht dieser oft frei in der Luft hängenden Boxen wird oftmals auf den eingesteckten Stecker wirken und die ­Kontakte zusätzlich belasten. Hierdurch können eine zusätzliche Widerstands­erhöhung und in der Folge ­höhere Temperaturen auftreten, die ebenfalls in der Produktnorm nicht berücksichtigt sind.

Die Frage nach der Verantwortung ist relativ einfach zu beantworten: Der Anlagenbetreiber ist verantwortlich. Sollte es zu einer Überlastung der Steckdose durch ein Ladekabel und in der Folge ggf. zu einem Brandschaden kommen, dann wird der Betreiber für den Schaden aufkommen müssen. Dieser Schmorschaden ist in der Regel nicht durch Versicherungen abgedeckt. Der Elektrofachbetrieb hat bei einer fachgerechten Installation keinen Fehler bei der Auswahl und Installation einer normgerechten Schuko-Steckdose begangen. Der Hersteller der Steckdose oder des Steckers hat normgeprüfte Betriebsmittel auf den Markt gebracht. Vielleicht kommt irgendwann jemand auf die Idee, eine Schadensübernahme im Sinne des Produkthaftungsgesetzes einzuklagen, weil notwendige Angaben zum ­Betrieb nicht vorhanden sind.

Der Hersteller des Ladekabels hat vermutlich auch ein Produkt geschaffen, welches den einschlägigen gesetzlichen und norma­tiven Vorgaben entspricht. Daher hat eigentlich keiner so richtig etwas falsch gemacht und ich denke, ­die auftretenden Schadensfälle werden überschaubar sein und die wirtschaftlichen Folgen eher gering ausfallen.

Fachleute und Fachverbände sind sich einig: Die mobilen Ladekabel Mode 2 ­sollen nur ­eine Übergangslösung oder Notlösung sein. Das dauerhafte Laden von Elektro­autos mit einer so geringen Ladeleistung ist nicht die Zukunft der Elektromobilität. Hier werden Ladeleistungen von 11 kW oder höher zum Standard werden.

Lösungsansatz für gegenwärtige Praxis

Bild 5: Ladesäule mit drei Ladepunkten verschiedener Lademodes

Wie man die mobile Ladebox »VDE-­konform« betreiben kann, ist im Beiblatt 1 zur DIN VDE 0100-520 im Abschnitt 526.4.101 beschrieben: »(…) den Hersteller um Unterstützung anzufragen.« Die Normung kennt das Problem, das Produktnormen und Anwendungspraxis nicht übereinstimmen und empfiehlt im Bedarfsfall, die Hersteller um Rat zu bitten. Ich gehe davon aus, dass kein namhafter Hersteller sagen wird, »mit unserer Schuko-Steckdose können Sie ein Elektroauto dauerhaft laden.« Vermutlich werden die Hersteller ihre Prüfbedingungen mitteilen bzw. ­darauf verweisen.

Anders sieht das bei Herstellern von ­Ladekabeln aus. Hier macht man sich Gedanken, wie man eine zuverlässige Verbindung herstellen, eine Überlastung vermeiden und ggf. die Temperaturen im Stecker und Ladekabel überwachen kann.  Alternativ findet man in den Betriebsanleitungen Sätze wie: »Lade­infra­struktur im Zweifelsfall durch eine Elektro­fachkraft auf Tauglichkeit prüfen lassen.« Viele Fahrzeuge begrenzen bei der Nutzung der entsprechend Widerstandscodierten Ladekabel den Ladestrom auf 10 A oder 13 A. Die temporäre Belastung der Schuko-Steckdose wird so nicht zu ­einem unmittelbaren Schaden führen, sondern wenn dann überhaupt erst die dauerhafte ­Nutzung der Steckdosen.

Ladekabel Mode 2 alias Notladekabel

An dieser Stelle soll ein beispielhafter Auszug wiedergegeben werden aus der Herstellerbeschreibung der Fa. Mennekes für das Produkt »Ladekabel Mode 2 Typ 2 13A 4m VDE«: »Mit den mobilen Ladekabeln Mode 2, auch als Notladekabel bekannt, kann ein Elektro- oder Hybridfahrzeug an jeder gängigen Haushaltssteck­dose ­(Schuko) oder CE-Steckdose geladen werden, für den Fall, dass keine fest­installierte ­Ladestation zur Verfügung steht. Dabei übernimmt die Steuerungseinheit (IC-CPD) alle sicherheitsrelevanten Funktionen wie beispielsweise das Temperaturmanagement und die automatische Ladestrom­reduzierung bei Überhitzung.«

Fazit

Unsere Aufgabe als Fachleute sehe ich hierbei darin, dass wir unsere Kunden entsprechend beraten. Eine Schuko-Steckdose im Carport oder in der Garage ist kein geeigneter dauerhafter Ladepunkt für das Elektro­auto. Die entsprechende Lösung ist in Abhängigkeit des jeweiligen Fahrzeuges zu finden.

Hierbei kann es ausreichend sein, auf CEE-Steckdosen (dreipolig, 16 A, Blau) nach VDE 0623-1 / VDE 0623-2 und entsprechende Ladekabel auszuweichen. Diese sind aufgrund ihres konstruktiven Aufbaus besser für diese Anwendung geeignet, obwohl die Prüfung der Temperaturerhöhung unter den gleichen Bedingungen erfolgt. Der einzige Unterschied ist: die maximal zulässige Temperaturerhöhung beträgt hier 50 K. Diese CEE-Steckdosen sollten vorzugsweise so ­installiert werden,

  • dass der ICCB auf dem Boden oder einer Ab­lagefläche aufliegen kann und
  • dass großzügige Biegeradien gegeben sind.

Der Nachteil für den Nutzer in der Praxis ist, dass eine solche Steckdose nur sehr eingeschränkt vorzufinden sein wird.

Die beste Lösung sind nach wie vor »echte« Ladepunkte in Form von Wall­boxen oder ­Ladesäulen. Aber nicht alle Elektro­autos unterstützen den Mode 3 (Bild 5). Zudem ­wissen viele Autofahrer, dass die Lade­infrastruktur flächendeckend noch nicht vorhanden ist und behelfen sich daher mit ihren mobilen Ladepunkten. Dieses Problem wird sich nur über entsprechende Standards, einfache Abrechnungssysteme, einheitliche Ladeinfrastrukturen und einen flächen­deckenden Ausbau lösen lassen. Diese Entwicklung wird sicher noch einige Jahre in Anspruch nehmen.

Autor

Sven Bonhagen, Autor der Rubrik Praxisprobleme, Wardenburg

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net