Im Zusammenhang mit einer gesicherten Stromversorgung der Zukunft, gibt es mittlerweile einige Aussagen, die häufig auch die Unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USV) in den Fokus rücken. Dies geschieht in der Art, dass die USVen eine Art »Mädchen für alles« in Sachen EMV, EDV & Co. sein könnten. Wie sind diese Aussagen für einen Fachmann oder eine Fachfrau zu bewerten?

Die Bundesregierung stellt in einer Risikoanalyse am 13.7.2023 klar: »Deutschland ist Strom­exportland und die Versorgung hierzulande gehört zu den sichersten in Europa. Die Versorgung mit Strom, Wärme und Kraftstoffen ist ein zentraler Baustein für unseren Wohlstand. Der Energieverbrauch ist in Deutschland in den vergangenen 30 Jahren etwa konstant geblieben. Die Bundesregierung unternimmt zahlreiche Schritte, um Energieversorgung in Deutschland klimafreundlicher und zugleich krisensicher zu gestalten.«  (www.bundesregierung.de/breg-de/klimaschutz/stromausfall-blackout-2129818)

Auf dem Weg in die »All Electric Society« – also eine vollständig elektrifizierte Gesellschaft – ist das eine wichtige Botschaft. Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) ruft zum Aufbruch in diese All Electric Society und das ist seine Mission. »Gemeinsam« – so steht es auf seiner Webseite – »treiben wir als ZVEI mit unseren Mitgliedern aus der Elektro- und Digitalindustrie den Wandel zur elektrifizierten und digitalisierten Gesellschaft jeden Tag ein Stück weiter voran.« Und was ist, wenn der Strom mal ausfällt?

Stromausfälle in Niederspannungsnetz

Im Jahr 2020 belief sich die Zeit, in der Haushalte in Deutschland ohne Strom auskommen mussten im Durchschnitt auf ca. elf Minuten. Großflächige langanhaltende Stromausfälle hat es in Deutschland nach Feststellung der vier Übertragungsnetzbetreiber laut BMWK-Stresstest bisher nicht gegeben und das bleibt auch weiterhin sehr unwahrscheinlich.

Örtlich oder zeitlich beschränkte Stromausfälle hingegen betreffen überwiegend das Niederspannungsnetz. »Die Fachbetriebe der Innung sind Ansprechpartner für Lösungen für eine ausfallsichere Stromversorgung sowohl im privaten Haushalt als auch im Gewerbe. Aktuell empfehlen wir den E-Handwerksbetrieben der Innung ihre Kunden intensiver zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) zu beraten«, schreibt die Initiative Elektro+

Was ist eine USV und welchen Zweck hat sie?

Bild 1: Beeinflussungen der Elektroanlagen – Ursachen von Überspannungen

Eine USV ist eine Anordnung aus Schaltern, Gleich- und Wechselrichtern sowie Energiespeichern, die bei Netzspannungsausfall eine kontinuierliche Versorgung über eine mehr oder weniger lange Zeit sicherstellen sollen. (DIN EN 50091-1). Darüber hinaus verbessern sie die Spannungsqualität und schützen je nach USV-Technologie (IEC 62040-3) gegen einige oder alle der folgenden Netzstörungen wie Stromausfall, Spannungseinbrüche, Kurzschluss im öffentlichen Netz, Leitungsrauschen, hohe Spannungsspitzen, Spannungsoberschwingungen und Frequenzabweichungen. (www.demvt.de) Ist sie damit die Lösung für alle Probleme?

Als Allheilmittel gegen Überspannungen oder Einwirkungen von Gewitter (Blitz und elektromagnetische Störungen), Störungen aus dem Stromnetz z. B. Blitzschlag  sowie unzureichende EMV-Planung ist die USV-Anlage nur bedingt einsetzbar. Die Fehler eines Systems die z.B. auf vagabundierende Ströme zurückzuführen sind, können durch eine USV nicht beseitigt werden. Denn eine Überspannung ist eine Spannung, die den Toleranzbereich von +10 % der jeweiligen Netzspannung (DIN EN 60038) überschreitet. Überspannungen führen zu Stör- und/oder Fehlerfällen, wenn dadurch Bauteile oder Bauelemente der Anlage zerstört werden.

Ursachen für Überspannungen

Die Ursachen können vielfältig sein. Dazu gehören schlechte Regelung durch den Energieversorger, unsymmetrische Belastung eines Außenleiters, Stromausfälle in der Netzarchitektur aber auch das Verbraucherverhalten z. B. am Ende eines Fußballspiels oder die bei einem Blitz­einschlag ausgelösten Abschaltungen. Mir persönlich ist eine EMV-Störung bekannt, die durch eine lockere Erdungsklemme im EVU-Bereich ihren Anfang nahm.

Auch transiente Überspannungen durch Abschalten von induktiven Verbrauchern, Schaltfunken an Kontakten oder direkter oder indirekter Blitzeinschlag (»LEMP«, »SEMP«, Bursts) zählen zu den Überspannungen. Transiente Überspannungen können von benachbarten Störquellen auch kapazitiv oder induktiv in Signal- oder Versorgungsleitungen eingekoppelt werden. Kopplungen können galvanisch, induktiv, kapazitiv per Wellen oder Strahlung erfolgen (Bild 1). Für eine Risikoanalyse ist die Beachtung der EN 62305 obligatorisch.

Schadensanalyse

Die Schadensanalyse zeigt die Ursachen von Störungen und Zerstörungen auf:

  • 5 % Überspannungen
  • 15 % kapazitive und induktive Einstreuungen
  • 80 % Potentialdifferenzen im Schutzleiter-System.

Für die EDV bedeutet das laut Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI), »RZ Verfügbarkeitsmaßnahmen« den Handlungsempfehlungen zu baulichen Maßnahmen für Rechenzentren mit erhöhtem Verfügbarkeitsbedarf zu folgen und eine Risikoanalyse (EN 62305 Teil 2) durchzuführen sowie ggf. eine Beeinflussungsmatrix zu erstellen in dem

  • Beeinflussungsfälle
  • Kopplungen von Geräten, Anlagen und Systemen
  • das externe Umfeld

zu erfassen, zu beschrieben und zu analysieren sind.

Eine USV hat ihre Grenzen

Bild 2: Bei Blitzschlag in das Gebäude 1 folgen Überspannungsschäden in Gebäude 1 und 2

Eine USV-Anlage kann nicht alles, dies zeigt die Praxis. Ein oft anzutreffendes Beispiel ist der Einsatz der unterbrechungsfreien Stromversorgung statt der Erstellung eines EMV-Konzepts. Viel zu oft und viel zu häufig wird zum Schutz vor elektromagnetischer Beeinflussung versucht, eine mangelnde Planung, eine unzureichende Auswahl der Schutzgeräte und/oder eine unzulängliche Installation mit den Einsatz einer USV-Anlage auszugleichen. Übersehen wird dabei, dass nur ein kleiner Teil der Gefährdung und elektromagnetischen Störungen damit beherrscht werden kann. Leitungsgebundene Netz­störungen können eine große Anzahl von Gründen haben, für deren Einsatz eine USV nicht das geeignete Mittel ist, um diese Störungen zu beherrschen.

Gemäß DIN EN 60038: 2009 darf die Netzspannung um +/-10 % um den Nennwert schwanken. Aber schon in Büronetzen nimmt der Netz-Sinus bereits Trapezform an. Der große Blindstromanteil führt dazu, dass sich in üblichen Büroinstallationen weit weniger Geräte installieren lassen, als nach der Nennleistungsaufnahme zu erwarten wäre. So löst eine herkömmliche 16-A-Sicherung infolge der hohen Blindströme bereits beim Anschluss dreier Workstations mit je 600 W Nennleistungsaufnahme aus. Obwohl der für die Leuchtmittel maßgebliche Effektivwert stimmt, wirkt das Fehlen von mehreren zehn Volt an der Sinuskuppe wie ein Unterspannung im Netz.

Weitere Netzbeeinflussungen sind Bursts, Surges, Überspannungen und Transienten, die aufgrund von Schalthandlungen beim Abschalten induktiver Lasten, entfernten Blitzeinschlägen (Bild 2), größeren, jedoch kurzzeitigen Überschreitungen der Netztoleranzen und bei plötzlichen Stromänderungen auftreten.

Aber auch in der industriellen Umgebung tauchen häufig elektronische Störer auf, denn jede elektronische Einrichtung kann zum Störer werden. So treten leistungsstarke Elektromotoren oder andere große induktive Lasten dann als Störer auf, wenn sie beim Ein- oder Ausschalten starke Magnetfelder ausbilden. Prinzipiell entstehen überall dort Störungen, wo große Spannungen oder hohe Ströme mit steilen Flanken geschaltet werden, starke Magnetfelder ausbilden und somit große elektrische und magnetische Feldänderungen verursachen. Als gestörte Empfänger können dann alle elektrischen Einrichtungen betrachtet werden, die sich im Wirkbereich des Störfeldes befinden. Das können Smartphones ebenso sein wie EDV- oder USV-Anlagen.

Autor

Peter Respondek, Fachjournalist

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net