Bild 1: Industrial Ethernet spielt speziell im Ex-Bereich eine immer größere Rolle

Schnelle Datenkommunikation auf Basis von Industrial Ethernet spielt auch in der Prozessautomatisierung und speziell im Ex-Bereich eine immer größere Rolle (Bild 1). Doch dort gelten spezielle Anforderungen, auf die dieser Beitrag näher eingeht.

Feldbus-Systeme wie Profibus DP oder Foundation Fieldbus H1 sind mittlerweile auch in explosionsgefährdeten Bereichen weit verbreitet. Im Kontext von Industrie 4.0 steht der Prozessindustrie mit der Ethernet-Vernetzung der nächste Technologiesprung ins Haus. Verschiedene Feldbus-Organisationen – darunter die FieldComm Group (FCG), die ODVA und Profibus International (PI) – haben mit HART/IP und FF HSE, Ethernet/IP und Profinet leistungsfähige Protokolle für Industrial Ethernet entwickelt. Mit hohen Bandbreiten ­ermöglichen diese Systeme eine kollisionsfreie, deterministische Datenkommunika­tion. Über die Echtzeitfähigkeit hinaus erfordern Lösungen für Industrial Ethernet in der Prozessindustrie wesentlich robuster ausgelegte Komponenten. Kabel, Steckverbinder, Switches und Medienkonverter müssen ­einen höheren IP-Schutz gewährleisten und sich in einem erweiterten Temperaturbereich einsetzen lassen.

Ethernet für explosionsgefährdete Bereiche

Bild 2: Das Remote-I/O-System »IS1+« mit Profinet-Schnittstelle für die Ethernet-Kommuni­kation in explosions­gefährdeten Bereichen

Um Industrial Ethernet bis in die Ex-Bereiche verfügbar zu machen, bedarf es geeigneter Schutzkonzepte. So bietet z. B. R. Stahl auf Basis verschiedener Zündschutzarten vielfältige Optionen für die explosionsgeschützte Datenkommunikation und hat geeignete Systemlösungen zur Visualisierung, Bedienung und Prozessdatenübertragung entwickelt. So kann man etwa mit dem Remote-I/O-System »IS1+« zur Installation in Zone 1 und 2 Feldgeräte im Ex-Bereich mit Lichtwellenleitern oder CAT-Kupferverkabelung über Profinet, EtherNet/IP oder Modbus TCP an unterschiedliche Prozessleitsysteme anbinden (Bild 2). Die Anbindung konventioneller Feldgeräte in der Zone 0, 1 oder 2 erfolgt über I/O-Module mit bis zu 16 Kanälen und eigensicheren, nicht-eigensicheren oder pneumatischen Schnittstellen.

Alternativen zur Eigensicherheit

Bild 3: Ex-e-Klemme zur montagefreundlichen Installation von Kupferkabeln in Zone 1 für Datenraten bis 1 Gbit/s

Als gängige Methode zum Ausschluss von Zündrisiken in der Übertragungstechnik gilt zumeist die »Eigensicherheit« (Ex i). Bei dieser Zündschutzart wird die elektrische Energie durch Begrenzung von Strom und Spannung auf ein nicht-zündfähiges Maß reduziert. Ein standardisiertes, eigensicheres Ethernet wird derzeit unter dem Namen »Ethernet-APL« entwickelt. Doch nicht in jedem Fall stellen eigensicher ausgelegte Komponenten und Anschlüsse die wirtschaftlich optimale und praktikabelste Lösung für das Industrial Ethernet im Ex-Bereich dar. Für kurze Leitungslängen bis 100 m lassen sich Kupferleitungen gemäß der Zündschutzart »erhöhte Sicherheit« (Ex e) bis in Zone 1 verlegen. Besonders zu achten ist bei Ex-e-Installationen auf die Kabel und die Leitungsführung, um Beschädigungen und so potenzielle Zündquellen zu vermeiden.

Als problematisch erwies sich bisher der Anschluss an das entsprechende explosionsgeschützte Betriebsmittel, da sich die gängigen RJ45-Stecker nicht für Anwendungen in Zone 1 eignen. Zwar lassen sich Ethernet-Kabel über spezielle Leitungseinführungen auch in Ex-d-Gehäuse einführen. Aufgrund des beträchtlichen Aufwands ist diese Lösung vor Ort allerdings schwer umsetzbar und spätestens bei Umbauten oder Wartungsarbeiten kaum mehr sinnvoll zu handhaben. Als praktikable Alternative hat R. Stahl daher eine zur Installation in Zone 1 zugelassene Ex-e-Klemme entwickelt, die sich für Ethernet-Kabel mit bis zu acht Adern mit einer Übertragungsrate von bis zu 1 Gbit/s eignet (Bild 3). Die in Zugfedertechnik ausgeführte Klemme wird in einem Ex-e-Anschlussraum installiert und ist damit auch für Wartungsarbeiten einfach zugänglich.

LWL: Schnelle Kommunikation über lange Distanzen

Im Unterschied zu Kupferkabeln lassen sich mit Lichtwellenleitern weitläufige Kommunikationsnetze einrichten, um beispielsweise auch einzelne Ex-Bereiche in ausgedehnten Industrieanlagen per Ethernet anzubinden. Überdies erspart die störsichere LWL-Verkabelung die aufwendige Erdung und Schirmung gegen elektromagnetische Störungen.

Allerdings sind auch beim LWL-Einsatz in explosionsgefährdeten Zonen spezielle Schutzvorkehrungen zu treffen, um durch optische Strahlung verursachte Zündgefahren auszuschließen. Die entsprechende Norm IEC 60079-28 zum Explosionsschutz von Geräten und Übertragungssystemen, die mit optischer Strahlung arbeiten, benennt vier Gefahrenquellen: Neben dem Risiko ­einer thermischen oder photochemischen Zündung sowie eines direkten laserinduzierten Durchschlags muss vermieden werden, dass sich durch Erhitzung von Partikeln eine zündfähige Oberflächentemperatur entwickelt. Hierzu werden drei verschiedene Zündschutzarten definiert.

Ex-Schutzkonzepte für Glasfaser

Bild 4: Konverter und Switches zur Ex-op-­geschützten LWL-Installation in explosions­gefährdeten Zonen

Analog zur Eigensicherheit lassen sich Lichtwellenleiter durch inhärent sichere optische Strahlung (Ex op is) schützen. Dafür wird die Energie des Lichtbündels auf ein nicht-explosionsfähiges Maß begrenzt. Als maximal zulässige optische Leistung für den Einsatz in Zone 1 und der Explosionsgruppe IIB gelten beispielsweise 35 mW bei Temperaturklasse T4. Da die inhärent geschützten Lichtwellenleiter während des laufenden Betriebs im Ex-Bereich verbunden und getrennt werden können, sind Installations, Umbau- und Wartungsarbeiten unkompliziert und kostengünstig zu bewerkstelligen. Aktuelle Remote-I/O-Systeme erlauben im Ex-Bereich inzwischen sogar die Installation eines optischen Rings mit komfortablen Diagnose- und Meldefunktionen – zum Beispiel bei ­Faserbruch. Hierzu führt R. Stahl entsprechende Medienkonverter und Switches mit vier LWL-Ports in Schutzart Ex op is im Programm (Bild 4). Diese auch für den Profinet-Standard adaptierten Verteiler bieten eine Ringfunktionalität auf Basis des Media ­Redundancy Protocol (MRP).

Nach den Vorgaben der Zündschutzart Ex op pr (»geschützte optische Strahlung«) gibt es auch speziell für Zone 1 konzipierte Spleißboxen für LWL-Verteiler. Das Spleißen gewährleistet, dass die Verteilung normenkonform vor versehentlichem Trennen geschützt und durch das Gehäuse gegen zerstörerische Einflüsse gesichert ist.

Die dritte Zündschutzvariante Ex op sh basiert auf einer Zündquellenüberwachung ähnlich der funktionalen Sicherheit gemäß IEC 61508 und IEC 61511, um im Fehlerfall die optische Strahlung unmittelbar abzuschalten.

Funkvernetzung bis in den Ex-Bereich

Bild 5: Explosionsgeschützter WLAN Access Point 8265 mit kundenspezifischen Einbauten

Für Funksysteme spricht ihre flexible Handhabung. Die Vorteile kommen besonders bei temporären Installationen, der Nachrüstung bestehender Anlagen und dem Datenaustausch mit mobilen Endgeräten zum Tragen. Da funkfähige Betriebsmittel wie WLAN ­Access Points, Mobilfunk-Komponenten oder RFID-Leser elektrische Zündgefahren in sich bergen, erfordert die Funkübertragung im Ex-Bereich sowohl für die installierten Geräte als auch für die (Funk-)Schnittstellen einen passenden Zündschutz.

Meist sind im Verwaltungs- und Logistikbereich vieler Unternehmen bereits WLAN-Netzwerke in Betrieb. Ein WLAN-Netzwerk entfaltet jedoch meist erst dann seinen vollen Nutzen, wenn es firmenübergreifend homogen und zentral administrierbar ist.

Daher sind viele Anwender bestrebt, bei Erweiterungen ihres WLAN-Netzwerkes in die Fertigungsbereiche identische Geräte zum Einsatz zu bringen. Diese Geräte verfügen im Regelfall jedoch über keine Zulassung für den Betrieb in explosionsgefährdeten Bereichen. Deshalb bietet R. Stahl auf Basis eines Sortiments an Gehäusesystemen und Komponenten applikationsgerechte Lösungen an, mit denen sich konventionelle WLAN Access Points und andere Netzwerkkomponenten für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen ertüchtigen lassen (Bild 5).

 

Eigensichere Antennenanbindung

Neben der Absicherung des Funkgeräts muss auch die angeschlossene Antenne gegen potenzielle Zündgefahren geschützt sein. Die zulässigen Grenzwerte für die abgestrahlte Funkleistung an der Antenne (EIRP) sind in der IEC 600790 festgelegt und reichen je nach Explosionsgruppe der umgebenden Gase oder Dämpfe von 2 W bis 6 W. Hier gilt es, den sogenannten Antennengewinn zu beachten. Zusätzlich verlangt die Norm eine Fehlerfallbetrachtung für in Zone 1 installierte Geräte, um sicherzustellen, dass sich auch Fehlfunktionen nicht explosionsauslösend auswirken können.

Zwar ist es bei der WLAN-Installation in Zone 1 prinzipiell möglich, die Antenne im Ex-Schutz-Gehäuse zusammen mit dem WLAN Access Point zu platzieren, doch wirkt sich dies nachteilig auf die Funkleistung und den Abstrahlwinkel aus. Stattdessen kann man auf externe Antennen in explosionsgeschützter Ausführung ausweichen – meist in der Schutzart Ex e. Allerdings beschränkt sich die Auswahl auf wenige Modelle mit omnidirektionaler Abstrahlung, die relativ unflexibel sind, was Planung, Installation und Wartung betrifft. Als Alternative bietet R. Stahl mit dem »HFisolator« der Serie 9730 eine Lösung, die das Funksignal in ein eigensicheres Signal umwandelt. Damit kann die Funkanlage mit jeder beliebigen industrietauglichen Antenne betrieben werden. Zudem vereinfachen sich Handhabung und Betrieb, weil die Verbindung zwischen funkfähigem Gerät und Antenne über gesteckte Kabel erfolgt.

Autor

André Fritsch, Senior Product Manager Remote I/O & Fieldbus bei R. Stahl, Waldenburg
Quelle und Bildquelle: www.elektro.net