Das Bild zeigt einen Büroarbeitsplatz mit einer Steckdosenleiste, an welche mehrere Elektrogeräte angeschlossen sind. Eine derartige Situation findet sich in der Praxis in ähnlicher Form unzählige Male wieder. Die geforderte wiederkehrende Prüfung verleitet nicht wenige Fachleute dazu, die Schutzklasse-I-Geräte im zusammengeschlossenen Zustand zu prüfen. Manche nennen das auch »Verbundmessung«.

Ein dem Autor dieses Beitrags vorliegender Vorschlag sah diesbezüglich z. B. Folgendes vor: Man prüfe SK-I-Geräte im Verbund und zusätzlich die SK-II-Geräte separat. Alle Geräte werden in eine Datenbank aufgenommen und bekommen eine ID-Nummer. Das Messergebnis wird in der ID der Steckdosenleiste abgespeichert. Man verspricht sich dadurch eine Zeitersparnis. Doch, ist so etwas zulässig?

Grundsätzliche Anforderungen an die regelmäßige Prüfung

Bild: Ein Büroarbeitsplatz, wie er in der Praxis in ähnlicher Form unzählige Male vorkommt

Die regelmäßige Prüfung elektrischer Arbeitsmittel (Geräte) soll deren ordnungsgemäßen Zustand sicherstellen und zur ­sicheren Verwendung von Arbeitsmitteln beitragen. Die Umsetzung dieser Prüfungen gehört somit auch zur vorbeugenden Instandhaltung. Die richtige Herangehensweise und Umsetzung sind daher unabdingbar, ebenso die normkonforme Dokumentation.

Als Voraussetzung für das ordnungsgemäße Vorbereiten und Durchführen von Prüfungen sind für das Prüfpersonal umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen erforderlich. Diese müssen erlangt und in angemessenen Zeitabständen, z. B. durch Teilnahme an Schulungen, aktualisiert werden. Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und die hinsichtlich Prüfpersonal konkretisierende Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1203 definieren die Voraussetzungen für Personen, die zur Prüfung von Arbeitsmitteln zum Einsatz kommen. Eine zur Prüfung befähigte Person nach TRBS 1203 für die Prüfung von Arbeitsmitteln mit elektrischen Komponenten zeichnet sich aus durch eine abge­schlossene elektrotechnische Berufsausbildung, mindestens ein Jahr Berufserfahrung, eine zeitnahe berufliche Tätigkeit und spezielle Kenntnisse hinsichtlich der Geräteprüfung.

Die zur Prüfung befähigte Person hat, unter Beachtung relevanter Regelwerke und Normen, festzulegen, welche Prüfungen durchzuführen sind, um die Sicherheit der Arbeitsmittel festzustellen. Sie hat zu ermitteln, welche Schutzmaßnahmen für die berührbaren leitfähigen Teile wirksam und welche Messungen an diesen Teilen durchzuführen sind.

Verbundmessung – eine Fehlinterpretation der Vergangenheit

Die eingangs beschriebene Vorgehensweise bedarf der genauen normativen Recherche sowie der Beachtung dort definierter Vorgaben. In den vergangenen Jahrzehnten geisterte der Begriff der »Verbundmessung« immer wieder durch verschiedene Publikationen. Gemeint war damit jedoch nicht die Prüfung aller Arbeitsmittel eines Arbeitsplatzes oder gar eines ganzen Stromkreises, sondern die gemeinsame Prüfung einer Netzanschlussleitung mit einem daran angeschlossenen Arbeitsmittel.

Dies ist sinnvoll, und die Prüfschritte ergänzen sich zu einem Gesamtbild. So wird von der Kombination aus Laptop-Netzteil und Anschlussleitung zunächst die Anschlussleitung geprüft auf

  • Schutzleiterwiderstand und
  • Isolationswiderstand.

Anschließend wird das Netzteil eingesteckt und der Prüfablauf fortgesetzt mit

  • Schutzleiterstrom im Differenzstrom-Messverfahren und
  • ggf. Berührungsstrom-Messung und weiteren Messungen.

Aus der Prüfdokumentation muss dieses Vorgehen ersichtlich sein, und auch für den Anwender muss durch die Kennzeichnung am Gerät und an der Anschlussleitung ersichtlich sein, dass es sich hier um ein in Gänze geprüftes Gerät handelt.

Aktuelle Anforderungen

Die aktuellen Regelwerke kennen den Begriff der Verbundmessung nicht. Ebenfalls findet sich in den maßgeblichen und erläuternden Regelwerken der Unfallversicherungen (DGUV Information 203-070 und 203-071) kein Hinweis auf diese Vorgehensweise.

Die der Prüfung zugrunde liegende VDE-Norm spricht von der Durchführung einzelner Prüfschritte für das jeweilige Gerät (man beachte: Einzahl). In den Anmerkungen lassen sich zudem Hinweise auf die Beeinflussung durch parallele Erdverbindungen finden. So kann der Wert des zu messenden Schutzleiterwiderstands durch parallele Erdverbindungen wie Datenleitungen oder andere Erdverbindungen wie parallele Schutzleiteranschlüsse beeinflusst werden.

Grenzwerte nennt die DIN EN 50678 (VDE 0702):2021-06 ebenfalls nur für jeweils ein Gerät. Bei zehn gleichzeitig geprüften Geräten wäre es mehr als fahrlässig, die Grenzwerte entsprechend zu erhöhen. Die eingangs beschriebene Vorgehensweise führt auch zur Erfassung sämtlicher Ableitströme der angeschlossenen Geräte und übersteigt daher eventuell auch das vorgesehene Maximum von 3,5 mA – wie in der Norm definiert. Eine Bewertung, von welchem Gerät nun ein erhöhter Ableitstrom (Schutzleiterstrom) und damit einhergehend ein eventueller Isolationsfehler ausgeht, ist so nicht möglich.

Soll-Ist-Vergleich bei Arbeitsmitteln

Die TRBS 1201 für das Prüfen von Arbeitsmitteln beschreibt ebenfalls deutlich, dass die Prüfung sich jeweils auf ein Arbeitsmittel bezieht. Für jedes Arbeitsmittel muss ein Vergleich des Ist-Zustands mit dem in der Gefährdungsbeurteilung beschriebenen Soll-Zustand ermittelt werden. Diesen Soll-Zustand für alle Arbeitsmittel an einem Büroarbeitsplatz gemeinsam zu beschreiben, dürfte ein ziemlich unhandliches Unterfangen sein. Das Ermitteln der notwendigen Prüfungen (und Teilprüfungen) erfolgt nach den Technischen Regeln der Betriebssicherheit TRBS 1201 im Abschnitt 3.1: »(1) Bei der Festlegung von erforderlichen Prüfungen und Kontrollen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber zu berücksichtigen:

  • (…) Informationen des Herstellers der Arbeitsmittel, z. B. die Betriebsanleitung des Herstellers;
  • Regeln und Empfehlungen des Ausschusses für Betriebssicherheit (TRBS und EmpfBS).

Als weitere Erkenntnisquellen können dienen:

  • Regelwerke und weitere Erkenntnisse der gesetzlichen Unfallversicherungsträger, der Länder sowie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA);
  • Maßnahmen, die sich in der Praxis bewährt haben (Veröffentlichungen von z. B. Industrieverbänden und Branchenstandards).«

Die Verbundmessung wird – wie wir bereits festgestellt haben – in keinem der o. g. Informationsquellen genannt. Es wäre also der Nachweis zu führen, dass die Methode mindestens gleichwertige Sicherheit bietet wie eine klassische Prüfung nach VDE 0702 jedes einzelnen Gerätes.

Prüfung durch befähigten Person

Grundsätzlich ist die zur Prüfung befähigte Person bei ihrer Prüfaufgabe weisungsfrei. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie »über das Wasser laufen« kann. Sie ist an viele Regelwerke unterschiedlicher Regelsetzer gebunden. Die Prüfaufgabe der zur Prüfung befähigten Person wird auch in der TRBS 1203 im Abschnitt 2.1 beschrieben: »(3) Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die zur Prüfung befähigte Person ausreichend befähigt ist, sodass sie hinsichtlich der übertragenen Prüfaufgaben

  1. Abweichungen des Istzustandes vom Sollzustand (siehe TRBS 1111) erkennen, bewerten und das Ergebnis dokumentieren kann,
  2. die bei der vorgesehenen Verwendung des Arbeitsmittels auftretenden Gefährdungen beurteilen kann,
  3. Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen kennt, die in der Gefährdungsbeurteilung festgelegt wurden,
  4. beurteilen kann, ob die vorgesehenen Prüfverfahren (Anm.: s. o. TRBS 1201 Abs. 3.1) für die Prüfaufgabe geeignet sind, sowie
  5. die Prüfverfahren anwenden kann.«

Die Umsetzung der vorgenannten Punkte wird schon reichlich schwierig, falls eine Verbundmessung durchgeführt wird und es dann um die Einordnung der Messwerte geht. Und dann vor allem, welcher Messwerte? Beim Schutzleiterwiderstand wäre trotzdem jedes SK-I-Arbeitsmittel abzutasten und mindestens der schlechteste Wert mit der Beschreibung des Messpunktes zu dokumentieren. Wird die Isolationswiderstandsmessung ausgelassen, dann können Fehler unentdeckt bleiben. Beim Schutzleiterstrom wird es dann ganz kniffelig. Ist der ermittelte Messwert wirklich in Ordnung oder schleicht sich ein Fehler mit ein?

Fazit

Die eingangs beschriebene Vorgehensweise mag eine zeitliche Ersparnis mit sich bringen. Aus fachlicher Sicht ist diese allerdings nicht ratsam und wird in keinem aktuellen Regelwerk beschrieben. Sie birgt zudem ­einige Ungereimtheiten und eventuell sogar Gefahren durch unentdeckte Fehler. Ziel der uns bekannten Wiederholungsprüfung ist die Überprüfung der zur Anwendung gelangten Schutzmaßnahmen und damit der elektrischen Sicherheit jedes einzelnen Gerätes. Nur so kann gewährleistet werden, dass ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten sichere Arbeitsmittel zur Verfügung stellt.

Autor

Michael Lochthofen, Autor der Rubrik Praxisprobleme, Hamburg

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net