Ein wichtiger Bestandteil einer rechtssicheren Abnahme einer Netzwerkverkabelung ist der technisch einwandfreie Zustand des Messgerätes, mit dem die Messungen und Bewertungen der einzelnen Datenstrecken durchgeführt werden. Als äußeren Beweis für den zuverlässigen Betrieb und die Erfüllung der geforderten Messgenauigkeiten gilt die Einhaltung und Dokumentation des ordnungsgemäßen Kalibrierzustandes des Messgerätes.

Eine gültige Kalibrierung garantiert die Einhaltung der von den Messnormen vorgeschriebenen zulässigen Messunsicherheiten – in Verbindung mit den Vorgaben des Geräteherstellers für einen definierten Zeitraum. Da Genauigkeit vergänglich ist, ist die regelmäßige Wiederholung der Überprüfung und Kalibrierung ein ständiger Begleiter im Leben eines Messgerätes. Diese immer wiederkehrende Anforderung wirft bei vielen Nutzern Fragen nach dem Warum und Wieso auf, die in diesem Beitrag beantwortet werden.

Kalibrierung – eine Definition

Unter Kalibrierung wird im eigentlichen Sinne der Vergleich eines Messgerätes gegen ein höherwertiges sogenanntes Normal verstanden. Ein Normal ist üblicherweise ein mindestens um den Faktor 10 genaueres Gerät oder einzelne Geräte, die zusammen die genauigkeitsrelevanten Parameter des zu kalibrierenden Geräts fundiert bewerten können. Zur ordnungsgemäßen Kalibrierung gehört die Verwendung eines auf nationale Normale rückführbaren Kalibriernormals.

Soweit der theoretische Ansatz. In der Praxis beinhaltet die Kalibrierung meist auch Korrekturen in den einzelnen Parametern. Wenn ein Messgerät zur Kalibrierung eingesendet wird, berechtigt der Kunde das Reparaturteam für gewöhnlich dazu, das Messgerät nachzujustieren, um es wieder im optimalen Arbeitsbereich betreiben zu können. Sollte es allerdings bereits beim Eingangstest außerhalb der erforderlichen Genauigkeiten sein, ist Rücksprache notwendig.

Warum muss ein Messgerät kalibriert werden?

Bild 1: Kalibrierartefakte für die Kalibrierung der Hochfrequenzeigenschaften eines »Wire­xpert« in Verbindung mit spezieller Kalibriersoftware; Quelle: Softing IT Networks

Ist das Unternehmen nach dem ISO 9001 Qualitätsmanagement-System zertifiziert, ist es verpflichtet, alle Messinstrumente zu kalibrieren, die qualitätsrelevant eingesetzt werden. Somit wird jederzeit sichergestellt, dass alle Messungen mit ausreichender Genauigkeit durchgeführt werden.

Sehen wir uns einen Praxisfall an: Es ist keine gültige Kalibrierung nachweisbar und es kommt zu einem Streit über die installierte Verkabelung. Außerdem zeigen die Messberichte, dass das Messgerät nicht ordnungsgemäß kalibriert war – dadurch werden diese Berichte wertlos, wenn es darum geht, die eigene Position zu stärken. Dies wird erst recht ein gewichtiges rechtliches Argument, wenn in den zugrundeliegenden Ausschreibungen auf Normen referenziert wird, die Messungen mit kalibrierten Geräten vorschreiben, wie z. B. die DIN EN 50174-1.

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die mehrjährigen Herstellergarantien auf Verkabelungen, sofern sie von zugelassenen Installateuren aufgebaut wurden. Ein wesentlicher Bestandteil sind hier Abnahmemessungen als Beleg für den einwandfreien Zustand der Anlage. Um die Garantie zu erhalten, müssen diese Daten durch Geräte mit gültiger Kalibrierung erfasst und die Tests gemäß den Spezifikationen des Herstellers durchgeführt werden. Um die Bezahlung für einen Auftrag zu erhalten, müssen die Strecken erfolgreich zertifiziert und dem Hersteller des Verkabelungssystems zur Kontrolle übersendet werden.

Technische Gründe für ein Nachkalibrieren

Neben diesen kommerziellen Aspekten gibt es natürlich auch technische Gründe für ein regelmäßiges Nachkalibrieren. Zwar sind in einem Zertifizierer keine beweglichen Teile, die verschleißen könnten, sondern nur elektronische Bauteile wie Widerstände, Kondensatoren, Spulen und integrierte Schaltungen. Aber wie bei jedem anderen elektronischen Gerät ändert sich die Leistung dieser Komponenten im Laufe der Zeit. Umgebungseinflüsse wie Temperaturwechsel, Änderungen der Luftfeuchtigkeit, Lager- und Transportbedingungen können zu Abweichungen im Messgerät führen.

Wird der typische Einsatzort derartiger Geräte betrachtet, kommen noch äußere Einflüsse wie Staub und Schmutz dazu, die Schäden anrichten können. Nicht zu erwähnen, was passieren kann, wenn ein solches Gerät fallen gelassen wird. Eine regelmäßige Inspektion beim Hersteller kann hier mithelfen, potenzielle Probleme früh zu erkennen und zu beseitigen.

Auswirkungen von fehlerhaften und ungenauen Messgeräten

Ein Messgerät, welches ungenaue oder sogar fehlerhafte Messungen liefert, kann viel Ärger erzeugen. Messergebnisse werden zum Beispiel zu positiv ausgegeben und somit Strecken von nicht ausreichender Performance für den Betrieb »freigegeben«. Dadurch können unter anderem Netzwerkprobleme hervorgerufen werden, die eventuell Produktionsprozesse beeinträchtigen, Schäden erzeugen und in massiven Regressansprüchen gegenüber dem Installateur münden können.

Bewertet das Messgerät andererseits gute Strecken als fehlerhaft, wird beim Installateur unnötige Zeit und somit Geld mit der Fehlersuche und bei Reparaturversuchen verschwendet, wo diese überhaupt nicht erforderlich waren. Mit einem ordnungsgemäß gewarteten und kalibrierten Gerät und mit nicht verschlissenem Messzubehör werden derartige Probleme vermieden. Es kann somit sichergestellt werden, dass die Messergebnisse stimmen und auch einer Gegenüberstellung mit Messungen standhalten werden, die eventuell im Streitfall ein Auditor oder Gutachter mit seinem Messgerät ausführt.

Kalibrierung beim Hersteller vs. Dienstleister

Bild 2: Nur durch eine fachgerechte Kalibrierung der Messgeräte werden korrekte Mess­ergebnisse erzielt; Quelle: Schobert

Sind der Sinn und die Notwendigkeit von regelmäßiger Kalibrierung erkannt, stellt sich die Frage: An wen wende ich mich? Zur Auswahl steht an erster Stelle immer der Hersteller, eine von ihm autorisierte Servicestelle oder ein unabhängiger externer Dienstleister, der bei einfachen elektrischen oder mechanischen Messgeräten durchaus eine lukrative Alternative darstellt. Bei Geräten vom Schlag eines Verkabelungszertifizierers bleiben meist nur der Hersteller oder autorisierte Labore übrig, um der Komplexität der Geräte Rechenschaft zu leisten.

Wenn z. B. der Kupfer- bzw. Glasfaser-Zertifizierer »Wirexpert« von Softing IT Networks an ein firmeneigenes oder autorisiertes Servicezentrum gesendet wird, ist sichergestellt, dass das Gerät präzise nach Werksvorgaben eine ordentliche Inspektion durchläuft. Inspektion deshalb, weil sich in den eigenen oder autorisierten Servicezentren die Techniker nicht nur auf das Testen der Geräte beschränken, sondern eventuell erforderliche Korrekturen gleich vorgenommen werden können. Sollte sogar eine Reparatur notwendig werden, wird das Gerät hier mit Original-Ersatzteilen instandgesetzt. Zudem werden Aktualisierungen, die immer wieder für Software und Firmware zur Verfügung stehen, automatisch bei einer Inspektion aufgespielt. Immer in Rücksprache mit dem Kunden wird auch das komplette Zubehör überprüft und gegebenenfalls ersetzt. Reinigen des Testers und abschließende Kalibrierung mit Ausgangstests runden die Inspektion ab.

Testverfahren, Artefakte und Korrekturtabellen

Bild 3: Ein kalibrierter Zertifizierer garantiert die Einhaltung der erforderlichen Messgenauigkeiten bei der Abnahme von Verkabelungsstrecken; Quelle: Softing IT Networks

Bei der Kalibrierung eines Kupfer- bzw. Glasfaser-Zertifizierers werden spezielle Testverfahren und Kalibrierhilfsmittel, sogenannte Artefakte verwendet (Bild 1). Die Kalibrierverfahren und eingesetzten Artefakte basieren auf den Entwicklungsvorgaben und langjährigen Erfahrungswerten aus Produktion und Service der Geräte. So sind die angewandten Prozeduren optimal auf das Verhalten der Geräte abgestimmt und ermöglichen Optimierungen über den gesamten Leistungsbereich durch den Zugriff auf die geräteinternen Korrekturtabellen und Referenzen.

Es reicht nicht, mit einem Zertifizierer genau zu messen. Die Messergebnisse müssen gegen seine eigenen internen Referenzen verglichen werden (Bild 2), um die gewünschten Bestanden- oder Nicht-Bestanden-Aussagen ableiten zu können.

Nicht autorisierte Kalibrierlabore haben weder Zugang zu diesen internen Korrekturtabellen und Referenzen, noch verfügen sie über die proprietären Artefakte, die auf das Gerät abgestimmt sind. Es können somit nur grundlegende Messungen wie Länge oder Widerstand kalibriert und einzelne Vergleichspunkte im Frequenzspektrum überprüft werden. Die gesamte Hoch­frequenz-Performance eines derartigen miniaturisierten vektoriellen Netzwerkanalysators und seinem Messzubehör kann daher durch diese Stellen generell nicht verifiziert werden.
Die zur Kalibrierung verwendeten Artefakte und Geräte beim Hersteller oder in vom Hersteller autorisierten Laboren werden selbstverständlich regelmäßig selbst kalibriert, um sicherzustellen, dass die Genauigkeiten und Rückführbarkeiten zwischen dem nationalen Normal und dem zu kalibrierenden Messgerät stets aufrechterhalten bleiben.

Fazit

Wenn das Messgerät also das nächste Mal auf die bald fällige Kalibrierung hinweist, ist eine zeitnahe Durchführung immer eine gute Investition. Mit dem Wissen um die zuverlässige Arbeit des Messgerätes wird unnötiger Arbeitsaufwand vermieden und es werden etwaige Kosten und Problempotenziale mit unzufriedenen Kunden minimiert. Die Effizienz beim Einmessen von Netzwerken und bei der Fehlersuche steigt (Bild 3), was die Kosten einer Inspektion sehr schnell kompensiert.

Die turnusgemäße Wartung der Geräte beim Hersteller stellt sicher, dass immer die genauesten Messwerte erzielt werden und das Produkt so arbeitet, wie es soll. Insgesamt verlängert eine gute Wartung die Lebensdauer des Messgerätes.

Autor

Alfred Huber, Technischer Leiter, Softing IT Networks, Haar

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net