Leseranfrage

Bild: Das Foto zeigt den mit der elektrischen Anlage im Inneren verbundenen Kreuzstaberder

Ich habe einige Forstarbeiterhütten mit einer elektrischen Anlage inkl. Ersatzstromgerät ausgerüstet. Die Anlagen werden als TN-S-System im Inselnetzbetrieb mit Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) betrieben. Mit einem Kreuzerder habe ich den Sternpunkt des Generators geerdet.

Die elektrischen Anlagen der Forstarbeiterhütten sind nicht an das öffentliche Netz eines Verteilnetzbetreibers (VNB) angeschlossen. Die elektrische Anlage der Gebäude selbst ist ausschließlich über den 2 m langen Kreuzerder geerdet (Bild). Es gibt keinen Potentialausgleich über die Haupterdungsschiene, aber der Potentialausgleich ist vorhanden zwischen Kreuzerder, Generator und Elektroanlage. Der zum Einsatz kommende Generator ist vom Hersteller Honda, Typ: EU 30is.

Welche Sicherheitsgefahr würde entstehen, wenn dieser Erder nicht mehr vorhanden ist? Die Abschaltbedingung würden ja trotzdem erfüllt werden, da der Fehlerstrom leitungsgebunden zum Sternpunkt fließt. Bei meinen Überlegungen konnte ich keine Sicherheitsgefahr entdecken.

Analyse der Fragestellung

Trotz Ihrer Angaben gibt es immer noch Informationslücken und Widersprüche. Ich werde aber versuchen einige normative Aspekte aufzuzeigen. So schreiben Sie z. B., dass Sie mit einem Kreuzerder den Sternpunkt des Generators geerdet haben. Das von Ihnen vorgesehene Ersatzstromgerät – normativ als Niederspannungsstromerzeugungseinrichtung zu bezeichnen – des Typs Honda EU 30is verfügt aber gemäß Herstellerspezifikation über keinen Sternpunkt, sondern es handelt sich um ein Einphasengerät. Dieses Gerät bietet nur zwei Außenleiter zur Bereitstellung von 230 V über zwei Steckdosen.

Des Weiteren ist davon auszugehen, dass diese Niederspannungsstromerzeugungseinrichtung nicht für den Festanschluss in eine festinstallierte elektrische Anlage vorgesehen ist, sondern der Versorgung steckerfertiger elektrischer Betriebsmittel dient. Auch ist nicht klar welche Art und Umfang von elektrischer Anlage in der Forstarbeiterhütte errichtet wurde.

Allgemeine normative Vorgaben

Für den Inselnetzbetrieb – wie Sie es bezeichnen – gibt es im normativen Anhang ZC von DIN VDE 0100-551:2017-02 zusätzliche Anforderungen für eigenständige Niederspannungsstromerzeugungseinrichtungen, die nicht am Stromverteilungsnetz angeschlossen sind. Somit sind die darin enthaltenen Anforderungen zu beachten. Allerdings gibt es diesbezüglich keine besonderen Anforderungen für die notwendige Erdung des Sternpunktes der Niederspannungsstromerzeugungseinrichtung. Somit gelten die allgemeinen Anforderungen nach DIN VDE 0100-410 und DIN VDE 0100-540.

Aufgrund des von Ihnen beigefügten Bildes gehe ich davon aus, dass es sich nicht um neue Gebäude handelt. Somit kann von der Forderung im Abschnitt 411.4.1 von DIN VDE 0100-410:2018-10 abgewichen werden, einen Fundamenterder nach DIN 18014 zu errichten. Da für das TN-System der Erderwiderstand nicht vorgegeben ist, kann auch ein Kreuzerder für ein TN-System diese Anforderung erfüllen.
Sofern fremde leitfähige Teile in diese »Forstarbeiterhütten« leitfähig eingeführt werden, ist auch ein Schutzpotentialausgleich über die Haupterdungsschiene vorzusehen. Sie schreiben, dass eine Haupt­erdungsschiene nicht vorhanden ist, aber eine Haupterdungsschiene muss vorgesehen werden, an welcher die entsprechenden Schutzpotentialausgleichsleiter anzuschließen sind. Siehe hierzu Abschnitt 411.1 von DIN VDE 0100-410:2018-10, wo Folgendes festgelegt ist: »Schutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung ist eine Schutzmaßnahme, bei der:

  • der Basisschutz vorgesehen ist durch eine Basisisolierung der aktiven Teile oder durch Abdeckung oder Umhüllungen in Übereinstimmung mit Anhang A und
  • der Fehlerschutz vorgesehen ist durch Schutzpotentialausgleich über die Haupterdungsschiene und automatische Abschaltung im Fehlerfall, in Übereinstimmung mit 411.3 bis 411.6.«

Mögliche Sicherheitsgefahren?

Sie haben zwar recht, dass der Fehlerstrom im TN-System immer über den Schutzleiter/PEN-Leiter zur Stromquelle zurückfließen kann und muss. Der Fehlerstrom fließt also nicht über Erde zur Stromquelle zurück (bzw. muss er es nicht). Dass hierbei auch ein sehr geringer Strom – abhängig von den Anlagenverhältnissen und dem Erdungswiderstand – über Erde zum Fließen kommt, ist nicht auszuschließen. Dieser Strom ist aber nie so groß, dass dadurch im Falle einer Unterbrechung des Schutzleiters, eine Sicherung, innerhalb der festgelegten Zeiten, den Fehler abschalten würde. Eine RCD (wie auch von Ihnen vorgesehen) könnte hierbei aber die Abschaltbedingung analog zum TT-System erfüllen. Dass es Ihnen darum aber nicht geht, ist mir klar. Es soll hier jedoch als Ergänzung dienen.

Fakt ist aber, dass eine Verbindung eines Sternpunktes (oder auch eines Außenleiters) an der Stromquelle mit dem Erder notwendig ist. Es handelt sich hier um folgende Grundsatzforderung des Abschnitts 411.4.1 von DIN VDE 0100-410:2018-10: »In TN-Systemen hängt die Erdung der elektrischen Anlage von der zuverlässigen und wirksamen Verbindung des PEN-Leiters oder Schutz­leiters mit Erde ab (…)« Bei einem Drehstromsystem ist das von besonderer Bedeutung, da sonst die Spannung in den Außenleitern gegen Erde, bei einem Erdschluss eines Außenleiters, die Spannungsfestigkeit an den unsymmetrischen Verbrauchern (angeschlossen zwischen Außenleiter und Neutralleiter) überschreiten würde. Diese Spannungserhöhung kann zu einer Zerstörung dieser Betriebsmittel führen und könnte ggf. auch eine Brandgefahr hervorrufen. Unsymmetrisch angeschlossene Betriebsmittel sind üblicherweise nur für 250 V gegen Erde isoliert.

Das Problem des Überschreitens der Spannungsfestigkeit unsymmetrischer Verbraucher würde auch bei den anderen im Anhang ZC von DIN VDE 0100-551:2017-02 noch angeführten zulässigen Schutzmaßnahmen zutreffen. Es wird aber vielfach missachtet.

Fazit

Für eine detaillierte Unterstützung bezüglich Ihres Vorhabens wären nähere Informationen erforderlich. Ich sehe aber Probleme, dass der vorgesehene Niederspannungsstromerzeuger für Ihren vorgesehenen Zweck geeignet ist.

Autor

Werner Hörmann, gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltan­lagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Aktive Normung in verschiedenen Komitees und Unterkomitees der DKE.

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net