Gebäude, die aktuell in der Planung sind, werden erst in einigen Jahren bezogen. Sie müssen also bereits heute die technischen Anforderungen und die gesetzlichen Vorgaben der Zukunft erfüllen – gerade auch im Bereich der Gebäudetechnik. Auf Planende kommen damit ganz neue Aufgaben und Herausforderungen zu, etwa in Bezug auf Cybersecurity.
Die Energiewende prägt die Diskussion in der Gebäudetechnikbranche. Tatsächlich wird uns das Thema Energieeffizienz bei der Temperierung von Innenräumen – nicht zuletzt aufgrund der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen in Europa – in den nächsten Jahren weiter beschäftigen. Gleichzeitig bringt die Digitalisierung auch in der Gebäudetechnik neue Chancen und Möglichkeiten ebenso mit sich wie neue Herausforderungen.

Diese liegen beispielsweise in der cybersicheren Ausgestaltung digitaler Systemlandschaften und in der Vernetzung intelligenter Gebäude (Bild 1). Speziell vor dem Hintergrund von zwei neuen bzw. neu gefassten EU-Richtlinien, der NIS-2-Richtlinie und der europäischen Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD), stehen dabei vor allem Cybersecurity und Gebäudeenergieperformance im Fokus. Aber auch das Internet of Things (IoT) wird die Zukunft der Gebäudetechnik in den nächsten Jahren bestimmen.

Bild 1: Steigende Anforderungen an Cybersecurity in der Gebäudetechnik werden das Tätigkeitsprofil von Planenden verändern – und um neue Auf­gaben und Chancen erweitern; Quelle: Siemens AG

Entwicklungen in der Cybersecurity

Die NIS-2-Richtlinie (Network and Information Security Directive) der EU wurde Ende 2022 veröffentlicht und ist seit Januar 2023 in Kraft. Bis Oktober 2024 müssen die EU-Mitgliedsstaaten die NIS-2 in nationales Recht überführen, in Deutschland mit dem geplanten NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS-2UmsuCG). Generell regelt die Richtlinie die Cyber- und Informationssicherheit für Kritische Infrastrukturen (Kritis) neu.

Was hat das nun mit der technischen Ausstattung von Gebäuden zu tun? Tatsächlich ist die NIS-2-Richtlinie sehr umfassend formuliert: Zum einen betreffen die Neuregelungen sämtliche Netzwerke inklusive der Gebäudeautomation. Zum anderen gelten praktisch rund 80 % aller Unternehmen und Institutionen in der EU als Kritische Infrastruktur im Sinne der Richtline. Das heißt im Umkehrschluss: Ab Oktober 2024 müssen in 18 definierten Industriesektoren alle Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden bzw. mehr als 10 Mio. Euro Jahresumsatz höhere Cybersecurity-Mindeststandards erfüllen. Auch kleinere Betriebe können von NIS-2 betroffen sein, etwa wenn ein Ausfall dieses Betriebes erhebliche Konsequenzen hätte. Alles in allem werden allein in Deutschland rund 20 000 zusätzliche Betriebe von diesen Regulierungen betroffen sein.

Zusätzliche Brisanz erhält die NIS-2 dadurch, dass für die Geschäftsleitung der betroffenen Organisationen strengere Haftungsregeln gelten. Die Richtlinie nimmt nämlich nicht in erster Konsequenz die Hersteller in die Pflicht, wenn die entsprechenden Vorgaben nicht eingehalten werden, sondern die CEOs. Damit steigt auch die Verantwortung für den Planer der entsprechenden digitalen Infrastrukturen inklusive der Gebäudetechnik.

Gebäudeenergie-Performance im Spiegel der EPBD

Ebenfalls auf der Zielgeraden ist derzeit eine weitere Überarbeitung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD). Die letzte Überarbeitung erfolgte erst 2018 und gilt seit 2020. Diese Version bildet auch die Grundlage für das deutsche Gebäudeenergiegesetz (GEG). Im März 2023 nahm das EU-Parlament nun die jüngste Novelle der EPBD an. Dies wird dann voraussichtlich für die Jahre 2024 bis 2029 gültig sein.

Dabei wird sich der Kreis der betroffenen Gebäude enorm erweitern: Sind bis zum 31. Dezember 2024 Nichtwohngebäude mit einer effektiven Nennleistung für Heizsysteme, Kühlsysteme oder Systeme für kombinierte Raumheizung und -lüftung von über 290 kW betroffen, liegt der neue Grenzwert ab 2027 (und zunächst bis zum 31. Dezember 2029) bei nur noch 70 kW.

Die geänderten Vorgaben sollen u. a. dafür sorgen, dass der Gebäudebereich in der EU bis 2030 wesentlich weniger Treibhausgasemissionen erzeugt und der Energieverbrauch sinkt. Gebäude, die in der EU für rund 40 % des gesamten Energieverbrauchs verantwortlich sind, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Im Einzelnen verfolgt die neue EPDB dabei fünf Ziele:

  1. Verbesserung der Gesamtenergieeffi­zienz von Gebäuden
  2. Verringerung der Treibhausgasemissionen von Gebäuden
  3. Verbesserung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Energiesystems
  4. Gesundes Raumklima
  5. Emissionsfreier Gebäudebestand (»Zero-Emission Building«-Standard – kurz: ZEB-Standard) in der EU bis zum Jahr 2050.

Den Weg dorthin beschreibt in jedem EU-Land ein nationaler Gebäude-Renovierungsplan (NBRP). Dieser sieht, jeweils unter Beachtung der länderspezifischen Bedingungen, vor, dass Neubauten bis Ende 2026 als Niedrigstenergiegebäude und ab 2027 als emissionsfreies Gebäude (ZEB) ausgeführt werden müssen. Auch Bestandgebäude müssen so umgerüstet werden, dass sie die geforderten Standards erfüllen. Ist dies technisch und wirtschaftlich nicht realisierbar, muss ihr Primärenergiebedarf um mindestens 60 % reduziert werden.

Der Einsatz von energieeffizienten und ohne fossile Brennstoffe arbeitenden Heiz- und Kühlsystemen zählt dabei zu den wesentlichen Maßnahmen. Weitere sind selbstregulierende Einrichtungen zur getrennten Regelung der Temperatur in jedem Raum sowie die Installation von kommunikationsfähigen und interoperablen Mess- und Kontrollgeräten für die regelmäßige Überwachung und Regulierung von Gebäudeautomation, Raumautomation und automatischen Beleuchtungssteuerungen. Die kontinuierliche Überwachung schafft die Voraussetzung für die Protokollierung, Analyse und Anpassung des Energieverbrauchs. Außerdem lassen sich Effizienzverluste gebäudetechnischer Anlagen und Potenziale zur Verbesserung der Energie­effizienz identifizieren.

Antworten für ein sicheres IoT

Bild 2: Das Internet of Things (IoT) wird die Zukunft der Gebäudetechnik in den nächsten Jahren bestimmen; Quelle: Siemens AG

Geräte und Systeme, die diese Ansprüche erfüllen, müssen bereit sein für eine Integra­tion in das Internet of Things (Bild 2). Dies gelingt am einfachsten über offene Standards. Diese gewährleisten eine freie, herstellerübergreifende Auswahl und erlauben die weitgehende Beibehaltung des bestehenden Bestandssystem.

Ein solcher Standard ist bekanntermaßen BACnet. Es bietet als offenes und neutrales Kommunikationsprotokoll für die Vernetzung von Gebäuden eine Reihe entscheidender Vorteile und hat sich so aus guten Gründen zum bevorzugten Protokoll für interoperable Gebäudeautomation entwickelt (Bild 3). In seiner ursprünglichen Form fehlte es BACnet – aus heutiger Sicht – jedoch an essenziellen Sicherheitsfeatures.

Deshalb wurde »BACnet Secure Connect« (kurz: BACnet/SC) mit dem Ziel entwickelt, dem aktuellen BACnet-Standard zu einem höheren Maß an Sicherheit und IT-Freundlichkeit zu verhelfen und schrittweise einen Umstieg zu ermöglichen. Die Technologie erweitert das Protokoll um verschlüsselten Datenverkehr und ermöglicht die Authentifizierung von Geräten untereinander. Ein großer Vorteil der Lösung besteht darin, dass sie komplett abwärtskompatibel und damit auf Geräten mit verschiedenen BACnet-Revisionen anwendbar ist.

Die Mechanismen des Sicherheitskonzeptes, die dabei zum Tragen kommen, ähneln denen des World Wide Web. Der Datenverkehr wird über TLS (Transport Layer Security, Sicherheitsprotokoll) verschlüsselt. Unabhängig davon ersetzt ein IT-freundliches TCP-Protokoll (Transmission Control Protocol, verbindungsbasiertes Netzwerkprotokoll) das verbindungslose UDP-Protokoll (User Datagram Protocol) und wirkt damit dem bei BACnet unbeliebten Massenbroadcast entgegen. Eine einfache Einrichtung von Firewalls wird über eine Art Client-Server-Prinzip (Knoten-Hub-Prinzip) unterstützt. Der Schutz vor nicht autorisierten oder nicht vertrauenswürdigen Teilnehmern wird ebenfalls über Zertifikate realisiert.

Zu den wichtigsten Eigenschaften von BACnet/SC zählt die Tatsache, dass die zugrundeliegende Anwendung sich nicht ändert und zudem eine Koexistenz zu BACnet/IP ermöglicht wird. Genauso wie beim WWW, wo http und https parallel existieren und der Anwender zwischen beiden Protokollen keinen Unterschied bemerkt, müssen für BACnet/SC keine neuen Zeitpläne oder Grafiken für die Managementstation erzeugt werden. Zudem ist der Einsatz von gemischten Netzwerken zusammen mit BACnet/IP oder auch BACnet/MSTP möglich

Bild 3: Gebäude, die aktuell in der Planung sind, müssen bereits heute die technischen Anforderungen und die gesetzlichen Vorgaben der Zukunft erfüllen; Quelle: Siemens AG

Ausblick

Ein Blick in die Zukunft der Gebäudetechnik zeigt: Steigende Anforderungen in Bezug auf Energieeffizienz und Cybersecurity werden das Tätigkeitsprofil von Planenden verändern – und um neue Aufgaben und Chancen erweitern. Über die beschriebenen Veränderungen hinaus werden zudem Smart Building und Smart Home auf der Basis von Standards weiter zusammenwachsen.

Autor

Klaus Wächter, Globales Standardisierungs-Management, Siemens Smart Infrastructure,  Zug (Schweiz)

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net