In Deutschland sind sogenannte Steuerboxen erforderlich, um steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen, private Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge oder Batteriespeicher gemäß § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in das Stromnetz zu integrieren. Diese Steuerboxen sollen es den Netzbetreibern ermöglichen, bei drohender Netzüberlastung die Leistungsaufnahme dieser Geräte temporär zu reduzieren, um die Netzstabilität zu gewährleisten.
Aktuell sind solche Steuerboxen noch nicht flächendeckend verfügbar. Einige Netzbetreiber geben an, dass die Steuerboxen voraussichtlich erst ab 2026 zur Verfügung stehen werden. Generell ist die Verfügbarkeit von Steuerboxen derzeit tatsächlich ein heikles Thema. Da sich die Verfügbarkeit und Implementierung der Steuerboxen regional unterscheiden können, ist es zu empfehlen, sich beim lokalen Netzbetreiber über die aktuellen Möglichkeiten und Anforderungen zu informieren. Hierbei gibt es derzeit nämlich große Unterschiede hinsichtlich der Handhabung dieses Themas.
Hintergründe zu Steuerbarkeiten
In Deutschland stehen über 800 Verteilnetzbetreiber zeitgleich vor der Herausforderung, die Steuerung von Nachtspeichern, Wärmepumpen, EEG-Anlagen und Elektromobilität anzupassen. Dabei müssen Anlagen im zweistelligen GW-Bereich über alle Spannungsebenen hinweg gesteuert werden. Insbesondere in der Niederspannung sind Steuerungsfunktionen zentral, um heutige Heizungssteuerungen durch intelligente Messsysteme zu ersetzen. Dies erfordert zuverlässige Schaltprogramme und synchronisierte Tarifgestaltung.
Einzelanlagen lassen sich meist unkritisch steuern, während die Gruppierung von Anlagen höhere Anforderungen stellt – so etwa bei kritischen Netzsituationen. Hier sind erweiterte Kommunikations- und Steuerungsmaßnahmen nötig, die Priorisierung, Verfügbarkeit und Schutz der Infrastruktur sicherstellen.
Das VDE/FNN fokussiert derzeit auf die Ablösung der Rundsteuertechnik, die den Großteil der bestehenden Anwendungen betrifft, während weitere Entwicklungen vorgesehen sind. Das VDE-FNN-Lastenheft Steuerbox (»Lastenheft Steuerbox – Funktionale und konstruktive Merkmale«) schafft die Grundlage für ein standardisiertes Steuerungssystem im intelligenten Messsystem. Standardisierung ist entscheidend, um die Kosten für Rollout und Betrieb von Steuerboxen zu minimieren.
Reibungsbehaftete Einführung der FNN-Steuerbox
Nach unseren Recherchen gibt es schon einige potenzielle Anbieter von Steuerboxen. Die mit diesen Geräten angebotenen Funktionalitäten und Parameter wirken noch etwas uneinheitlich. Natürlich gibt es dafür das Lastenheft von VDE FNN, auf das wir weiter unten eingehen werden. Hersteller oder Netzbetreiber verwenden daher für Produkte, die diesem Lastenheft zumindest in großen Teilen entsprechen, auch häufig den Begriff FNN-Steuerbox, um sie von anderen Steuerboxen abzugrenzen.
Nichtsdestotrotz ist das Ziel steuerbarer Verbrauchseinrichtungen in § 14a EnWG gesetzlich festgeschrieben, woraus folgt: Steuerboxen werden heute und künftig benötigt. Die dafür geltende gesetzliche Regelung ist seit dem 1.1.2024 in Kraft getreten und gilt seitdem für alle neuen steuerbaren Verbrauchseinrichtungen. Alle Netzbetreiber sind verpflichtet, diese Anlagen anzuschließen und im Bedarfsfall zu steuern. Im Gegenzug profitieren Betreiber solcher Anlagen von reduzierten Netzentgelten – zumindest ist das so vorgesehen und zeitnah umzusetzen.
Voraussetzung: intelligente Messsysteme
Bis zur breiten Verfügbarkeit der Steuerboxen erfolgt die Steuerung der Verbrauchseinrichtungen über intelligente Messsysteme in Kombination mit geeigneten Steuereinrichtungen.
Die genaue technische Umsetzung kann je nach Netzbetreiber variieren. Es ist daher ratsam, sich direkt beim zuständigen Netzbetreiber über den aktuellen Stand und die verfügbaren Lösungen zu informieren, als Beispiele seien hier genannt:
- Rundsteuerempfänger
- Steuerung mit Nachweisführung im Smart-Meter-Gateway mit Energiemanagementsystem (EMS).
Entscheidender Baustein für steuerbare Verbrauchseinrichtungen
Das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) unterscheidet zwischen modernen Messeinrichtungen (mME) und intelligenten Messsystemen (iMSys). Intelligente Messsysteme werden umgangssprachlich auch als Smart Meter bezeichnet (Bilder 1 und 2). Die Steuerbox ist ein Zusatzgerät, das an ein Smart Meter Gateway (SMG) angeschlossen werden kann und zukünftig zur Durchführung des Last- und Einspeisemanagements dient. Sie kann beispielsweise künftig bei einer PV-Anlage mit Batteriespeicher oder im Zusammenspiel mit Energiemangement-Systemen zum Einsatz kommen (Bild 3). Die Steuerbox stellt also ein leistungsstarkes Glied in der Steuerkette dar.
Funktionale und konstruktive Merkmale
Die Definition der Funktionalitäten und konstruktiven Merkmale von Steuerboxen erfolgt über ein Lastenheft des VDE FNN. Daher zeichnet sich ab, dass sich im fachlichen Sprachgebrauch wahrscheinlich die Bezeichnung FNN-Steuerbox etablieren wird. Es gibt eine Reihe von Anbietern, die schon früher den Begriff Steuerbox für diverse Produkte verwendet hatten. Somit ist mit dem Begriff FNN-Steuerbox eine bessere Abgrenzung möglich. Anhand der Herstellerangaben ist es nämlich oft etwas undurchsichtig, ob eine Steuerbox im Sinne aller Anforderungen des § 14a einsetzbar ist. Die Entscheidung über den Einsatz einer konkreten FNN-Steuerbox trifft aber im Grunde nicht der Betreiber einer elektrischen Anlage, sondern dies bleibt den Akteuren Messstellenbetreiber bzw. Verteilnetzbetreiber vorbehalten.
VDE-FNN-Lastenheft Steuerbox
Das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) legt technische Mindestanforderungen für Smart Meter Gateways fest, die neben Messfunktionen auch Steuerungsaufgaben übernehmen sollen. Als Grundlage hierfür dienen Schutzprofile und BSI-Richtlinien. Zentral ist das Smart-Meter-Gateway mit Schnittstellen (WAN, LMN und HAN) und der CLS-Schnittstelle für sichere Steuerungsintegration. Das »Lastenheft Steuerbox – Funktionale und konstruktive Merkmale« wurde in der Version 1.4 am 13.8.2024 herausgegeben. Es definiert Funktionen und Merkmale interoperabler Steuerboxen für bestehende und neue Anlagen, etwa PV-Anlagen (Bilder 4 und 5). Es beschreibt Architektur, Systemprozesse und Schnittstellen zur Integration in intelligente Messsysteme.
Die Geräte erfüllen Mindestanforderungen an Sicherheit und Datenschutz. Änderungen technischer Vorgaben durch Behörden erfordern eine Anpassung der Spezifikationen. Das Lastenheft dient als Basis für die erste Steuerbox-Generation im Bereich von Niederspannungsanlagen. Das in diesem Beitrag erläuterte Lastenheft beschreibt
- die Funktionen und konstruktiven Merkmale für die Umsetzung einer Steuerbox, die in Bestandsanlagen zum Einsatz kommen kann,
- die Funktionen für die Umsetzung einer Steuerbox, die zukünftig auch in neue Anlagen (z. B. Wechselrichter oder PV-Anlagen) integriert werden kann, und
- die Architekturmerkmale, Systemprozesse und Schnittstellen, die zur Integration in die bestehende Smart-Meter-Gateway- bzw. intelligente-Messsystem-Architektur notwendig sind.
Funktionalitäten der Steuerbox
Hier nun ein kleiner Auszug aus den Schnittstellen-Anforderungen, die z. T. auch nur optional an eine Steuerbox gestellt werden:
Eingänge:
- Galvanisch getrennte Rückmeldeeingänge
- Spannungsbereich 195 … 264,5 V AC sicher erkennbar
Ausgänge:
- Variante 1: 4 bistabile Relais (2 Schließer, 2 Wechsler), 1A, 5 … 250 V AC
- Variante 2: 4 Halbleiterausgänge (2 Schließer, 2 Wechsler), 100 mA, 5 … 250 V AC
Anschlusstechnik:
- Klemmen für flexible Leitungen bis 2,5 mm² (Schraub- oder Federkraftklemmen)
- Schrauben: unverlierbar, anziehbar nach DIN EN 60999-1
Kontrollleuchten/Anzeigen:
- Betriebsanzeige »PWR« – grüne LED
- Kommunikationsanzeige »TLS« – grüne LED
- Stellungsanzeige Aktor »S1«, »S2«, »W3«, »W4« – grüne LEDs
- Optional: Eingangsstellungsanzeigen (»E1« etc.) – grüne LEDs
Ethernet:
- IEEE 802.3-konforme Schnittstellen
- RJ45-Buchsen
- Mindestens eine Schnittstelle für SMGW (»CLS«).
- Optionale Schnittstellen (»ETH1«, »ETH2« etc.).
- PoE-Geräte dürfen keinen Einfluss auf die Funktion ausüben
Administrator für den Betrieb einer Steuerbox erforderlich
Für die Rolle des Steuerbox-Administrators (STB-A) hat ebenfalls auch das VDE FNN einen Hinweis mit dem Titel »VDE/FNN Hinweis: Steuerbox-Administrator – Beschreibung der Ausgestaltung von Funktionen und Schnittstellen für die Durchführung von Steuerhandlungen über intelligente Messsysteme durch den Messstellenbetreiber« veröffentlicht. Dieser beschreibt die Verantwortung und Funktionalität von Marktakteuren im Kontext Gesetz zum Neustart der Energiewende (GNDEW) und der Steuerbox-Administration. Verteilnetzbetreiber (VNB) stabilisieren Netze, während Lieferanten kommerzielle Steuerungen vornehmen können. Messstellenbetreiber (MSB) stellen die Infrastruktur bereit und übernehmen technische Aufgaben wie Gateway-Administration und Steuerbox-Management.
Der STB-A verbindet Systeme, ermöglicht Steuerungen und übermittelt Signale, wobei die Verantwortung für technische und rechtliche Korrektheit bei VNB oder Lieferanten liegt. Das Dokument »Steuerbox-Administrator« umfasst funktionale Bausteine, Prozessintegration, Schnittstellen und berücksichtigt agile Weiterentwicklungen zur Anpassung an regulatorische Änderungen.
Funktionale Anforderungen an den STB-A
Bei den funktionalen Anforderungen an einen STB-A unterscheidet man zwischen Funktionen mit Echtzeit- und ohne Echtzeitkomponente. Echtzeitfunktionen wie kurzfristige Steuerhandlungen, Zeitsynchronisation und CLS-Kanalmanagement erfordern schnelle Umsetzung und hohe Verfügbarkeit. Funktionen ohne Echtzeitdruck umfassen Geräteverwaltung, Stammdatenmanagement und langfristige Steuerhandlungen. Der STB-A ist zentral für die Umsetzung von Steuerbefehlen, Priorisierung und Dokumentation zuständig.
Ein sogenanntes Gerätemanagement umfasst Firmware-Updates, Installation, Konfiguration und Überwachung. Eine korrekte Zeitsynchronisation ist essenziell, da unterschiedliche Zeitformate in Geräten und Systemen verwendet werden. Monitoring und Entstörung ermöglichen die Überwachung des Betriebszustands, die Identifikation von Fehlern und deren Behebung.
Für die Nachweispflicht dokumentiert der STB-A alle relevanten Prozessschritte, einschließlich Eingang und Umsetzung von Steuerbefehlen. Diese Dokumentation unterstützt Abrechnungs- und Prüfprozesse. Kommunikative Anforderungen wie CLS-Kanalmanagement und Kaskadierung mehrerer Steuerboxen sichern die Verbindung und Verwaltung komplexer Netzwerke. Abschließend stellt der STB-A sicher, dass alle Stammdaten und technischen Ressourcen aktuell sind, um Steuerhandlungen zuverlässig auszuführen.
Betrieb ohne Steuerbox?
Wie oben bereits erwähnt, kann das SMGW bestimmte Steuerungsfunktionen selbst übernehmen, ohne dass eine separate Steuerbox erforderlich ist. Hierzu wird das CLS-Management direkt im Gateway integriert (CLS = Controllable Local Systems bzw. steuerbare lokale Systeme), was die Systemarchitektur vereinfacht und Kosten reduziert. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat am 27.8.2024 ein Impulspapier veröffentlicht, das die direkte Steuerung über das Smart Meter Gateway (SMGW) ohne den Einsatz einer separaten Steuerbox ermöglicht. Diese integrierte Steuerungsfunktion soll Herstellern Vorgaben zur interoperablen Ausgestaltung dieser Funktion im SMGW bieten.
Als positive Aspekte sind hierbei Platz- und Zeitersparnis hervorzuheben. Durch den Wegfall der separaten Steuerbox können Installationen effizienter durchgeführt werden, was potenziell zu finanziellen Vorteilen beim Rollout intelligenter Messsysteme führt.
Viele Messstellenbetreiber arbeiten derzeit am Aufbau des CLS-Managements für die bisherige Steuerung. Die Einführung der integrierten Steuerungsfunktion erfordert zusätzliche Anpassungen, um Doppelbelastungen und Verzögerungen zu vermeiden.
Fazit
Steuerboxen sind im Zusammenspiel mit intelligenten Messsystemen das künftige Standardwerkzeug zur Umsetzung der Aufgaben, die im Zusammenhang mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen stehen. Trotz der momentan noch unzureichenden Verfügbarkeit sollte der künftigen Verbreitung dieser Technik nichts im Wege stehen. Eine alternative Methode der Steuerung von Verbrauchsinrichtungen stellt das CLS-Mangement dar, das sich vom Smart Meter Gateway aus realisieren lässt.
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