Für elektrische Energiespeicher gibt es bereits seit einigen Jahren die VDE-AR-E 2510-2 »Stationäre elektrische Energiespeichersysteme vorgesehen zum Anschluss an das Niederspannungsnetz«, worüber wir auch schon an dieser Stelle berichteten. Die derzeit und künftig steigende Nachfrage nach Planungs- und Handwerksleistungen im Zusammenhang mit elektrischen Energiespeichern erfordert zusätzlich konkretes Fach- und Normenwissen, um in diesem speziellen Fachgebiet fit zu sein. Aus diesem Grunde stellen wir heute zwei neue normative Bestimmungen vor, die den Umgang mit der VDE-AR-E 2510-2 ergänzen können.
EES-Systeme nach DIN IEC/TS 62933-3-3 (VDE V 0520-933-3-3):2024-11

Bild 1: Beispiel für Spitzendeckung und Reduzierung der Verbrauchsschwankung, bestehend aus Lade- und Entladeereignissen
Kommen wir zunächst zu einer Vornorm, die der internationalen Normung entstammt und sich mit elektrischen Energiespeichersystemen (EES-Systeme) befasst. Die vollständige Bezeichnung der DIN IEC/TS 62933-3-3 (VDE V 0520-933-3-3):2024-11 lautet »Elektrische Energiespeichersysteme (EES-Systeme) – Teil 3-3: Planung und Leistungsbewertung von elektrischen Energiespeichersystemen – Zusätzliche Anforderungen für energieintensive und Notstromanwendungen«.
Diese Vornorm stellt Anforderungen, Leitlinien und Referenzen bereit für die Gestaltung, Regelung und den Betrieb von EES-Systemen für energieintensive Netze, Inselnetze und Notstromversorgungsanwendungen. In energieintensiven Anwendungen bietet das EES-System lange Lade- und Entladephasen mit variabler Leistung für das unterstützte Netz. Beim Inselbetrieb liefert das EES-System Energie an das Inselnetz und koordiniert den Betrieb anderer Stromerzeugungssysteme im Inselnetz. Bei Notstromversorgung und Notfallunterstützung liefert das EES-System Energie an das interne Netz oder eine Reihe Notlasten, wenn die Hauptnetzstromversorgung nicht verfügbar ist.
Wichtige Begriffe
Der Text der Vornorm definiert wichtige Begriffe für Energiespeicher- und Stromversorgungssysteme gemäß IEC 62933-1. Unter anderem umfasst er die Notstromversorgung sowie die Schwarzstartfunktionalität, die ein System autark starten lässt. Weitere Begriffe sind die zulässige Lade- und Entladezeit, der Roundtrip-Wirkungsgrad, der die Effizienz misst, sowie Anwendungen wie Notfallunterstützung, energieintensive Nutzung und Verbrauchsschwankungsreduktion. Zudem werden technische Konzepte wie Inselnetz, Inselbetrieb, Lastprofile und Spitzendeckung erläutert. Die Terminologien unterstützen das Verständnis und die Standardisierung von Energiesystemen.
Spitzendeckung und Lastausgleich
Die Vornorm DIN IEC/TS 62933-3-3 (VDE V 0520-933-3-3):2024-11 verweist ausdrücklich auf das Thema Spitzendeckung und Lastenausgleich. Hierbei geht es um die Nutzung von Energiespeichersystemen (EES) zur Spitzendeckung und Reduzierung von Verbrauchsschwankungen (Bild 1 und Tabelle). Ziel ist es, durch zeitliche Verschiebung von Energie eine gleichmäßigere Stromerzeugung und -nutzung zu erreichen, um Netzbelastung und Kosten zu reduzieren.

Tabelle: Betriebsarten des EES-Systems für die Spitzendeckung und die Reduzierung der Verbrauchschwankung
Es werden spezifische Anforderungen an Lade- und Entladezeiten, Wirkungsgrad und Lastprofile definiert. Betriebszyklen variieren zwischen einmaligem und mehrfachem Laden und Entladen, je nach Lastprofil und Systemanforderungen. Die Steuerung erfolgt durch Zeit- und Leistungsregelung, wobei Lade- und Entladegrenzen sowie Betriebsparameter wie Ladezustand (SOC) strikt eingehalten werden. Das System integriert sich ins Netz, wobei Kommunikationsschnittstellen und Überwachungsprozesse gemäß internationalen Normen wie IEC TS 62933-3-2 erforderlich sind.
Notstromversorgung und die Notfallunterstützung
Der umfangreichste Abschnitt 7 der DIN IEC/TS 62933-3-3 (VDE V 0520-933-3-3) beschreibt die Anforderungen und Funktionen von Energiespeichersystemen (EES) für die Notstromversorgung und Notfallunterstützung. EES-Systeme versorgen interne Lasten oder Notlasten bei Stromnetzausfällen, wobei sie Dieselgeneratoren ersetzen oder ergänzen können. Besondere Anforderungen betreffen die Umschaltzeit bei Netzausfällen, die Mindestkapazität des EES-Systems sowie die Fähigkeit, Spannung und Frequenz bei Wiederherstellung des Netzes zu synchronisieren. Die Netzintegration umfasst Szenarien, in denen EES-Systeme parallel zum Netz und anderen Lasten betrieben werden.
Verschiedene Betriebsarten, Ladezustände (SOC) und Regelungsprozesse werden detailliert beschrieben, ebenso wie die Nutzung spezifischer Konfigurationen für Niederspannungs- und Hochspannungsanschlüsse. Überwachung, Instandhaltung und Bemessung sind essenziell, um eine zuverlässige Stromversorgung für Notlasten wie Feuerlöschanlagen, medizinische Einrichtungen oder Notbeleuchtung zu gewährleisten. Besondere Aufmerksamkeit gilt kritischen Lasten, bei denen Spannungsunterbrechungen unzulässig sind. EES-Systeme bieten gegenüber Dieselgeneratoren den Vorteil schnellerer Reaktionszeiten und ermöglichen eine effizientere Nutzung durch Kombination mit energieintensiven Anwendungen im Normalbetrieb.
Kennwerte nach E DIN VDE V 0510-200:2024-08
Die in diesem Beitrag an zweiter Stelle behandelte Vornorm E DIN VDE V 0510-200:2024-08 trägt den Titel »Kennwerte stationärer Batteriespeichersysteme – Teil 200: Ermittlung und Dokumentation«. Sie wurde auf Basis des Effizienzleitfadens für PV-Speichersysteme V2.0.1 erstellt, der vom Bundesverband Energiespeicher Systeme e. V. (BVES) und dem Bundesverband Solarwirtschaft e. V. (BSW) herausgegeben wird. Diese Vornorm beschreibt die notwendigen Datenblattangaben sowie die Messvorschriften für stationäre Speichersysteme oder deren Hauptkomponenten am Niederspannungsnetz, sowohl für den industriellen, gewerblichen als auch für den privaten Einsatz.
Anwendungsbereich dieser Vornorm
Der Anwendungsbereich umfasst vorrangig Speichersysteme oder deren Hauptkomponenten in Kombination mit PV-Anlagen, aber nicht ausschließlich. Es können auch andere Erzeugungsanlagen (z. B. BHKW, Kleinwindkraftanlagen, Wasserkraft) zur Anwendung kommen. Darüber hinaus kann das Speichersystem auch ohne lokale Erzeugungsanlage z. B. für Netz- oder Systemdienstleistungen verwendet werden. Es kann sich auch um inselnetzbildende Systeme gemäß VDE-AR-E 2510-2 handeln.
E DIN VDE V 0510-200:2024-08 stellt ein Minimum an Informationen unter der Maßgabe bereit, den Aufbau und Betrieb eines sicheren und effizienten Gesamtsystems mit Speicher zu ermöglichen.
Wichtige Begriffe
Der Vornormentext definiert zentrale Begriffe und Messgrößen für Energiespeichersysteme (BESS) in der Normierung. Die Begriffe umfassen technische Spezifikationen wie Lade- und Entladewege (z. B. AC-Batterieentladung), Systeme wie Batteriemanagementsysteme (BMS), Batteriespeichersysteme und ihre Komponenten (Module, Batteriepacks). Weiterhin werden in diesem Vornormenteil Parameter für die Anbindung an PV- und AC-Systeme erläutert, z. B. maximale Spannungen, Bemessungsleistungen und Ladezustände (SOC).
Topologien und Energiewandlungspfade
Die Vornorm erläutert die Vermessung von PV-Speichersystemen basierend auf gängigen Topologien und Batteriezellchemien. Dabei werden Energiewandlungspfade wie PV-Netzeinspeisung (PV2AC), AC- und PV-Batterieladung (AC2BAT, PV2BAT), Batteriespeicherung (BAT), sowie Batterieentladung (BAT2AC, BAT2PV) definiert (Bild 2). Diese Pfade beschreiben die Leistungsflüsse zwischen Quellen wie PV-Generatoren, Batterien oder dem Netz und den entsprechenden Senken. Bei AC- und PV-gekoppelten Systemen sind zusätzliche Komponenten, etwa PV-Wechselrichter, erforderlich. Nicht alle marktverfügbaren Systeme enthalten integrierte Batterien, was die Bestimmung aller Wandlungspfade erschwert.
Die Messergebnisse dienen zur Parametrisierung von Simulationsmodellen, die nicht Teil dieses Leitfadens sind. Solche Modelle ermöglichen u. a. eine bessere Vergleichbarkeit verschiedener Systeme sowie eine ökonomische Analyse.
Berechnete Größen
Der Abschnitt 6 der Vornorm beschreibt Berechnungsgrößen für PV-Speichersysteme, darunter Wirkungsgrade, Batteriekennzahlen und Leistungsaufnahmen. Der MPPT-Wirkungsgrad misst die Effizienz des Maximum Power Point Trackings (MPP). Verschiedene Energiepfade, wie AC- und PV-Batterieladung sowie Batterieentladung, werden analysiert und ihre Wirkungsgrade berechnet. Der PV-Gesamtwirkungsgrad kombiniert MPPT- und Umwandlungswirkungsgrade – je nach Systemtopologie.
Batteriekennzahlen umfassen die nutzbare Kapazität und Energie, geladene und entladene Energiemengen sowie die Round-trip-Efficiency (Verhältnis geladener zu entladener Energie). Regelungseigenschaften, wie Totzeit und Einschwingzeit, sowie Bereitschaftsverluste im Stand-by-Modus werden erfasst. Die Leistungsaufnahme im Stand-by- und Off-Modus wird für alle Systemkomponenten, einschließlich Batteriemanagementsystem (BMS) und PV-Wechselrichter, bestimmt.
Allgemeine Beschreibung der Systeme
Der Abschnitt 7 der Vornorm beschreibt die Systemkomponenten und Messpunkte von PV-Speichersystemen für unterschiedliche Topologien. Zu den Hauptbestandteilen zählen das Leistungsumwandlungssystem, die Batterie und die Sensoren. AC-gekoppelte Systeme nutzen einen bidirektionalen Wechselrichter, der PV-Energie in Wechselstrom (PV2AC) umwandelt und Batterien lädt (AC2BAT) (Bild 3). Zusätzliche Messpunkte überwachen den Energiefluss. DC-gekoppelte Systeme verbinden die Batterie direkt mit dem DC-Zwischenkreis des Wechselrichters und ermöglichen PV-Ladung (PV2BAT) sowie Netzspeisung (PV2AC).
PV-Generatorgekoppelte Systeme nutzen einen Batterie-Konverter zwischen PV-Generator und Wechselrichter, um Batterien zu laden (PV2BAT) und Energie ins Netz einzuspeisen (BAT2PV, PV2AC).
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