Praxisanfrage

Ich habe regelmäßig das Problem, dass elektrische Anlagen nicht ausgeschaltet werden können und fast immer mit Frequenzumrichtern ausgestattet sind. Somit gestaltet sich die Isolationsmessung als schwierig bis nicht durchführbar. Nun habe ich etwas von der Spannungsmessung gelesen. Gibt es hierzu Normen oder weiter Informationen? Des Weiteren bin ich über die Differenz­strommessung mit der Stromzange (Leckstromzange) als Alternative für die Isolationsmessung gestolpert. Da gibt es leider verschiedene Meinungen, ob diese eine Alternative darstellt. Als Herleitung wird die VDE 0701 genannt.

Expertenantwort

Über die erwähnte Spannungsmessung ist mir nichts bekannt. Anhand der Angaben gehe ich davon aus, dass es sich um eine wiederkehrende Prüfung gemäß DIN VDE 0105-100/A1:2017-06 handelt.

Isolationswiderstandsmessung im Anlagenbetrieb

Bild 1: Aktuelles Produktfoto eines Differenzstrom-Überwachungsgeräts (RCM = Residual Current Monitor); Quelle: Doepke

Die Isolationswiderstandsmessung an einer elektrischen Anlage oder Maschine durchzuführen, welche sich bereits im Betrieb befindet, ist ein gängiges Problem. Hierbei kommt es zwischen Anlagenbetreiber und Prüfer zu einem hohen organisatorischen Aufwand, welcher zusätzlich zu Ausfall der Anlage und damit entstehende Kosten verknüpft ist. Grundsätzlich gilt, dass der Betreiber der elektrischen Anlage für den sicheren Betrieb gemäß DIN VDE 0105-100:2015-08 Sorge zu tragen hat und die daraus resultierenden Maßnahmen festlegen muss.

Vorerst möchte ich nochmal aufzeigen, wieso das Durchführen einer Isolations­widerstandsmessung sinnvoll ist. Bei dieser Messung wird ermittelt, ob die Isolation in den Stromkreisen die notwendigen Widerstandswerte aufweisen, um einen sicheren Betrieb der Anlage zu gewährleisten. Ein schlechter Widerstandswert kann z. B. durch Feuchtigkeit, Schäden, Alterung der Kabel und Leitungen, Verschmutzung entstehen. Damit kann am gemessenen Stromkreis ein durch den Alterungsprozess entstehender Mangel rechtzeitig erkannt und daraus resultierende Instandhaltungsmaßnahmen getroffen werden.

Ständige Überwachung via RCM

Um diesem Problem entgegenzuwirken, wurde in der DIN VDE 0105-100/A1:2017-06, Abs. 5.3.3.101.0.2, Folgendes aufgenommen: »Wenn ein Stromkreis durch ein Differenzstrom-Überwachungsgerät nach DIN EN 62020 (VDE 0663) oder eine Isolationsüberwachungseinrichtung nach DIN EN 61557-8 (VDE 0413-8) ständig überwacht wird und diese Überwachungseinrichtungen einwandfrei funktionieren, kann auf die Messung des Isolationswiderstands verzichtet werden. (…) Die einwandfreie Funktion der Differenzstrom-Überwachungsgeräte oder Isolationsüberwachungseinrichtungen muss geprüft werden. Dies kann z. B. durch Betätigen der Prüftaste erfolgen«

Bild 2: Das Monitoring via RCM kann man sich z. B. analog zur Reifendruckkontrolle eines Fahrzeugs vorstellen – tritt ein Fehler auf, wird dies im Armaturenbrett des Fahrzeugs erkennbar; Quelle: Mebedo

Mit einem Residual Current Monitor (RCM) wird mittels Differenzstromverfahren – ähnlich wie bei einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD bzw. FI) – der Differenzstrom mit Hilfe eines Summenstromwandlers erkannt (Bild 1). Wird der RCM wegen eines Fehlers angesprochen, unterbricht dieser nicht den überwachten Stromkreis.

Hierbei wird mittels eines Meldekontakts eine Alarmmeldung aktiviert oder ein Schütz bzw. Leistungsschalter ausgelöst. Damit können zeitnah Maßnahmen ergriffen werden, um den oder die plötzlich entstandenen Mängel beseitigen zu können. Damit hat der Anlagenbetreiber die Möglichkeit, seine Anlagen ständig zu überwachen und die gemessenen Messwerte mittels Monitoring dokumentieren zu können (Bild 2).

Da solche Mängel, wie oben bereits erwähnt, nicht nur plötzlich, sondern durch den Alterungsprozess der Anlage schleichend entstehen können, unterstützen Isolationswiderstandsmessungen, respektive das Monitoring, um rechtzeitig Maßnahmen einleiten zu können.

Die Stromzange als Alternative?

Eine Differenzstrommessung mittels Stromzange, um eine Aussage zur Isolation eines Stromkreises treffen zu können, ist in einer Anlage nur schwer möglich. Die damit gemessenen Werte können oftmals vom Prüfer nicht bewertet werden, da ihm die erforderlichen Informationen fehlen, wie z. B. die betriebsbedingten Ableitströme, Betriebszustände, welche wechselnde Ableitströme hervorrufen können. Eine Isolationsprüfung ist im Gegensatz zu einer Differenzstrommessung eine Stressprüfung. Bei einer sogenannten Leckstrommessung, muss die eingesetzte Stromzange für den Einsatz geeignet sein und z. B. ein passendes Frequenzband ab­decken.

Bei der Messung eines ortsveränderlichen Geräts, z. B. nach VDE 0702 (DIN EN 50699):2021-06 ist dies eher weniger ein Problem, da hier mittels Einzeladeradapter und Stromzange nur das zu prüfende Gerät gemessen wird.

Fazit

Die Anlagen altern und rufen mit der Zeit Fehler hervor. Um diesen Fehlern frühzeitig entgegenwirken zu können, empfiehlt es sich Isolationswiderstandsmessungen durchzuführen. Ist dies betriebsbedingt nicht möglich, kann durch eine ständige Überwachung (Monitoring) durch einen RCM die Anlage überwacht und auftretende Fehler beseitigt werden. Dies muss durch den Betreiber der Anlage in seiner Organisation in einem ganzheitlichen Prüfkonzept festgelegt werden.

In der VDE 0105-100:2015-08 wird dies im Abs. 5.3.3.101.0.4 nicht als ganzheitliches Prüfkonzept, sondern als »wirksames Management« bezeichnet: »Bei Anlagen, die im normalen Betrieb einem wirksamen Managementsystem für vorbeugende Instandhaltung und Wartung unterliegen, dürfen die wiederkehrenden Prüfungen durch die angemessene Durchführung einer dauernden Überwachung und Wartung der Anlage und all ihrer Betriebsmittel durch Elektrofachkräfte ersetzt werden. Geeignete Nachweise müssen zur Verfügung gehalten werden.«

Die Lebensader jedes Unternehmens ist die elektrische Energie. Ohne diese Energie wird in einem Unternehmen nichts funktionieren.

Autor

Martin Griesbeck, Fachdozent für die Mebedo Akademie und Experte im Bereich Dokumentieren und Prüfen elektrischer Arbeitsmittel

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net