Bild 1: Photovoltaik-Anlage im privaten Bereich

Durch verschiedene Förderprogramme und den Wunsch, unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden, haben Photovoltaik-Anlagen im privaten und gewerblichen Bereich in den letzten Jahren einen  regelrechten Boom erfahren. Doch obwohl die Technik nicht neu ist, herrscht nach wie vor Unsicherheit bei Errichtern solcher Anlagen, was den Fehlerstromschutz angeht. Das hängt nicht zuletzt mit den unterschiedlichen und teils widersprüchlichen Vorgaben der Hersteller zusammen.

In Photovoltaik-Anlagen zur Einspeisung in eine elektrische Anlage, die an ein öffentliches Verteilungsnetz angeschlossen sind, sind PV-Wechselrichter üblicherweise elektrisch fest angeschlossen (Bild 1). Eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung für den Schutz des Photovoltaik-Wechselstromkreises muss deshalb nicht zwangsläufig vorgesehen werden. Unter bestimmten Bedingungen ist eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) – umgangssprachlich auch als FI bezeichnet – jedoch vorgeschrieben, und auch dort, wo sie nicht vorgeschrieben ist, ist ihr Einsatz häufig sinnvoll. Im Folgenden sollen die verschiedenen Vorgaben beleuchtet werden.

Häufig taucht im Zusammenhang mit der Errichtung bzw. dem Betrieb von PV-Anlagen die Frage auf, ob eine RCD notwendig ist. Erforderlich sind Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) normativ laut DIN VDE 0100-410 (Errichten von Niederspannungsanlagen — Schutz gegen elektrischen Schlag), Abschnitt 411, wenn die Abschaltbedingungen für den Fehlerschutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung mit Überstrom-Schutzeinrichtungen nicht eingehalten werden (z. B. in einem TT-System).

Darüber hinaus kann der Einsatz von RCDs aus Brandschutzgründen gefordert sein, beispielsweise in feuergefährdeten Betriebsstätten nach DIN VDE 0100-420 (Errichten von Niederspannungsanlagen — Schutz gegen thermische Auswirkungen) oder landwirtschaftlichen Betriebsstätten nach DIN VDE 0100-705 (Errichten von Niederspannungsanlagen — Elektrische Anlagen von landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebsstätten).

Wenn eine RCD, dann welche?

Aufschluss über die Art der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung gibt die DIN VDE 0100-712 als Errichtungsbestimmung für Photovoltaik-Anlagen. Im Abschnitt 712.531.3.101 ist die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung definiert. Wenn demnach eine RCD für den Schutz des Wechselstrom-Versorgungsstromkreises verwendet wird, muss diese allstromsensitiv sein. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass in Deutschland nach DIN VDE 0100-530 »Errichten von Niederspannungsanlagen — Schalt- und Steuergeräte, Anmerkung 2, Anhang A« auch Schaltgeräte des Typs B+ verwendet werden dürfen.

Ausnahmen von dieser Vorgabe bestehen nur in zwei Fällen: Wenn der Wechselrichter oder die Anlage mindestens eine einfache Trennung zwischen der Wechselspannungs- und der Gleichspannungs­seite, beispielsweise durch einen Trafo mit getrennten Wicklungen besitzt, oder wenn der Hersteller eines PV-Wechselrichters ausdrücklich bestätigt, dass keine allstromsensitive RCD erforderlich ist. In diesen Fällen ist eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung des Typs A oder F ausreichend.

Herstellervorgaben für PV-Wechselrichter

Bild 2: Prinzipschaltbilder nach DIN VDE 0100-530, Anhang A, Bild A

Hersteller von PV-Wechselrichtern bestätigen in ihren Handbüchern häufig, dass bei Verwendung ihrer Wechselrichter im Fehlerfall keine glatten Gleichfehlerströme auf der Wechselspannungsseite der elek­trischen Anlage auftreten können und deshalb die kostengünstigere RCD vom Typ A oder F verwendet werden kann. Diese Aussagen sind jedoch genau zu überprüfen.

In der Praxis werden mittlerweile zumeist Wechselrichter ohne Trafo eingesetzt. Sie sind kompakter, günstiger und haben einen höheren Wirkungsgrad als Modelle mit Trafo. Der Nachteil ist die fehlende galvanische Trennung.

In Wechselrichtern ohne Trafo ist zur Überwachung der Gleichspannungsseite häufig keine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD), sondern eine Fehlerstrom-Überwachungseinheit (RCMU) nach IEC 62109-2 (Safety of power converters for use in photovoltaic power systems) eingesetzt. Diese stellt jedoch keinen Ersatz für eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung dar, die auf der Wechselspannungsseite für den Fehlerschutz, z. B. im TT-System, oder für den Brandschutz gefordert ist. Darauf weisen auch die deutschen Versicherer (GDV e.V.) in ihrem technischen Leitfaden VdS 3145 »Photovoltaikanlagen«, Abschnitt 4.4.5.3, ausdrücklich hin.

Fehlerströme, die nicht auf der Gleichspannungsseite entstehen, wie sie zum Beispiel durch Isolationsfehler im Gleichrichter oder Hochsetzsteller, bzw. in einer PFC-Stufe entstehen können, werden von einer RCMU nicht zwangsläufig erfasst (Bild 2).

Eine RCMU funktioniert spannungsabhängig. Sie kann lediglich als Schutzpegelerhöhung auf der Gleichspannungsseite dienen, wenn die geforderte Schutzmaßnahme doppelte oder verstärkte Isolierung versagt (siehe DIN VDE 0100-712, Abschnitt 712.410.102). Die zu einer RCMU gehörige Schalteinrichtung muss nicht unbedingt Trenneigenschaft mitbringen. RCDs hingegen müssen spannungsunabhängig funktionieren und auch Trenneigenschaft aufweisen.

Erfüllung der Anforderungen

Bild 3: Im gewerblichen Bereich spielt vor allem der sichere Betrieb eine große Rolle, um Gefährdungen des Betriebsablaufs zu vermeiden

Wie oben erwähnt, sind in der DIN VDE 0100-712 Anforderungen an den Fehlerschutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung definiert. Wenn eine RCD für die Absicherung der PV-Anlage vorgesehen ist, gelten dafür die im Abschnitt 712.531.3.101 aufgeführten Anforderungen.

Wenn der Hersteller des Wechselrichters bestätigt, dass die inte­grierte RCMU auch glatte Gleichfehlerströme erfassen und abschalten kann, und dadurch der Einsatz einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung des Typs A oder F ausreichend ist, dann übernimmt die RCMU dadurch, genau genommen, eine Aufgabe der Vorkehrung zum Fehlerschutz nach DIN VDE 0100-410, Abschnitt 411.3 als Teil der Schutzmaßnahme »Automatische Abschaltung der Schutzmaßnahme«. Laut Abschnitt 411.3.2.1 müssen hierzu verwendete Schutzeinrichtungen jedoch zum Trennen geeignet sein. Für RCMUs sind Trenneigenschaften jedoch nicht ausdrücklich gefordert. Zudem handelt es sich bei Fehlerstrom-Überwachungseinheiten oder RCMUs auch nicht um Schutzeinrichtungen gemäß DIN VDE 0100-530. Damit dürften sie nicht für die automatische Abschaltung der Schutzmaßnahme gemäß DIN VDE 0100-410, Abschnitt 411, verwendet werden.

Fazit

In Online-Foren und Fachzeitschriften werden derzeit zunehmend Fragen von Errichtern gestellt, die richtig erkannt haben, dass es sich bei der eingebauten Schutzmaßnahme im PV-Wechselrichter nicht um eine RCD sondern um eine RCMU handelt, und die zu Recht in Frage stellen, ob der dadurch gewährleistete Schutzpegel ausreichend ist. Der technische Leitfaden VdS 3145 »Photovoltaikanlagen« empfiehlt aus Brandschutzgründen grundsätzlich den Einsatz einer RCD.

Wechselrichter für PVA sind ähnlich aufgebaut wie Frequenzumrichter. Sie enthalten unter anderem eine Wechselrichter-Schaltung zum Anschluss an das öffentliche Wechselspannungsnetz sowie einen DC-Zwischenkreis und können im Fehlerfall daher glatte Gleichfehlerströme erzeugen. Deshalb ist eine allstromsensitive Feh­lerstrom-Schutzeinrichtung auch in Anlagen ratsam, in denen sie normativ oder von Seiten des Herstellers nicht gefordert ist. Ob aus rein finanziellen Gründen auf den umfassenden Schutz einer elektrischen Anlage verzichtet werden sollte, liegt im Ermessen des Errichters (Bild 3).

Die Angaben der Hersteller von Wechselrichtern bezüglich der eingesetzten Einrichtungen zum Fehlerschutz sind genau zu betrachten: Können im Fehlerfall wirklich keine glatten Gleichfehlerströme auf der Wechselspannungsseite der elektrischen Anlage auftreten? Handelt es sich bei der integrierten Schutzeinrichtung wirklich um einen FI, oder doch um eine RCMU, die keine Trenneigenschaften aufweisen muss und deshalb zur automatischen Abschaltung der Stromversorgung nach DIN VDE 0100-410, Abschnitt 411, nicht geeignet ist?

Hersteller von Wärmepumpen, die ebenfalls Wechselrichter enthalten, haben die Gefahr durch glatte Gleichfehlerströme längst erkannt und fordern fast durchweg den Einsatz von allstromsensitiven Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen. Mittlerweile gibt es Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen am Markt, die allen Anforderungen von Normen und Herstellern entsprechen und speziell für den Einsatz in Photovoltaik-Anlagen optimiert sind (Bild 4). Durch eine erhöhte Kurzzeitverzögerung sind sie resistent gegenüber Stoßströmen und gewährleisten dadurch eine hohe Anlagenverfügbarkeit. Fehlauslösungen durch Schalthandlungen oder Blitzschlag sind dadurch nahezu ausgeschlossen.

Autorin

Julia Eilers,  Marketing Kommunikation, Doepke Schalt­geräte GmbH, Norden

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net