Betrachten wir folgenden Fall aus der Praxis: Ein Elektriker, hier »Horst Eltmann« genannt, arbeitet seit Jahren in einem Hamburger Handwerksbetrieb. Nun hat seine Firma einen neuen Auftrag erhalten, und Horst soll Anfang 2024 die Verbindung zwischen einem Transformator und der Niederspannungshauptverteilung (NSHV) montieren.
Als Horst auf die Baustelle kommt, ist ein Teil der Arbeit schon erledigt. Der Transformator steht in einem eigenen Raum. Der Raum für die NSHV befindet sich direkt daneben und bauseits wurde ein Durchbruch erstellt. Die NSHV haben die Kollegen von Horst auch schon aufgestellt und ein Kabeltragsystem montiert. Horst soll nun »mal eben schnell« die Verbindung zwischen Transformatorraum und NSHV-Raum erstellen und den Durchbruch verschließen. Die Kabel sind vor Ort und der Chef hat bereits den Brandschutz mit den Worten »der Eimer steht im Materialcontainer hinten rechts« auf die Baustelle geliefert.
Als Horst die Leitungslänge ausmisst, gerät er ins Grübeln und fragt sich: »Warum müssen wir als EFKs eigentlich die Schottung einbringen?« Er stellt sich auch die Frage, ob die von der NSHV abgehenden Leitungen ebenfalls an den Wanddurchführungen geschottet und welche Anforderungen diesbezüglich beachtet werden müssen. In der Frühstückspause spricht er mit seinen Kollegen über diese Fragen. Die Antwort kommt prompt: »Das haben wir schon immer und überall so gemacht« . Nun ist Horst auch nicht viel schlauer. Er beschließt, dass er sich hier fachkundig beraten lassen muss. Denn: »Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.«
Baurechtliche Anforderungen
Zuerst müssen die baulichen Belange hinterfragt werden. Ganz wichtig ist auch, in welchem Bundesland sich die Baustelle befindet. Viele Bundesländer haben die »MEltBauV« (Muster einer Verordnung über den Bau von Betriebsräumen für elektrische Anlagen) umgesetzt. Eine Besonderheit liegt allerdings in Hamburg vor. Dort gibt es den »Bauprüfdienst Anforderungen an den Bau von Betriebsräumen für elektrische Anlagen«. Dieser stellt jedoch nur eine Empfehlung und keine Verordnung dar. Dies ist ein ganz anderer Rechtscharakter.
Da sich Horsts Baustelle aber in Montabaur befindet, gilt dort das Landesbaurecht von Rheinland-Pfalz. In Rheinland-Pfalz gilt die »VV TB RP« (Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen Rheinland-Pfalz). Die aktuelle Fassung wurde am 27.7.2023 eingeführt. Sie beinhaltet das Muster der Bauministerkonferenz in der Ausgabe 2023/1 mit Druckfehlerberichtigung vom 10.5.2023. Der Anhang 2 enthält die Anpassung des Musters zum Landesbaurecht. Er verweist auf die »Landesverordnung über Betriebsräume für elektrische Anlagen« (zu § 76 der Landesbauordnung) vom 6.7.1977, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.12.2002. Diese Verordnung ist allerdings nicht mehr aktuell, da sie ersetzt wurde durch die »Landesverordnung über den Bau von Betriebsräumen für elektrische Anlagen« vom 27.7.2023. Horst ist nun verwirrt. Da wird eine Vorschrift eingeführt, bezieht sich auf eine Landesverordnung, die dann doch nicht mehr gilt, weil am selben Tag eine neue Landesverordnung verkündet wurde.
Die »EltBauVO« von Rheinland-Pfalz bezieht sich auf den Transformatorraum, nicht aber auf den Raum der NSHV. Hier steht geschrieben, dass die »raumabschließenden Bauteile« feuerbeständig ausgeführt sein müssen. Dies bedeutet, dass die Wände einem Brandereignis 90 min lang standhalten müssen. Die Leitungsanlagenrichtlinie Rheinland-Pfalz gibt im Abschnitt 4 an, dass die Leitungen durch Wände mit vorgeschriebener Feuerwiderstandsfähigkeit nur hindurchgeführt werden dürfen, wenn eine Ausbreitung von Feuer ausreichend lange vermieden wird. Das einzusetzende Brandschott muss daher ebenfalls eine Feuerwiderstandsdauer von 90 min haben.
Baugenehmigung und Brandschutzkonzept
Das jeweilige Landesbaurecht beinhaltet viele Anforderungen, von denen man im konkreten Einzelfall ggf. abweichen kann. Diese Abweichungen können im Zuge des Bauantrages beantragt werden. Eine weitere Möglichkeit wäre die Aufnahme von Abweichungen in das Brandschutzkonzept. In unserem Beispiel (Rheinland-Pfalz) führt die Landesbauordnung (LBauO) im § 50 auf, dass für Sonderbauten besondere Anforderungen oder Erleichterungen von der zuständigen Behörde festgelegt werden können. Grundsätzlich ist hier Vorsicht geboten. Die Hamburgische Bauordnung (HBauO) wiederum kennt im § 51 für Sonderbauten nur »besondere Anforderungen«. Der Begriff »Erleichterungen« wird hier nicht genannt.
Geregelte und ungeregelte Sonderbauten
Das Baurecht differenziert zwischen »geregelten Sonderbauten« und »ungeregelten Sonderbauten«. Auch hier muss wieder das entsprechende Bundesland betrachtet werden.
- »Geregelte Sonderbauten« sind in Sonderbauverordnungen oder Sonderbaurichtlinien beschrieben. Dazu zählen beispielsweise Industriebauten, Hochhäuser, Versammlungsstätten und Verkaufsstätten.
- »Ungeregelte Sonderbauten« können beispielsweise Krankenhäuser, Kitas oder Wohnheime sein.
Hierbei ist zu beachten, dass zum Beispiel ein Krankenhaus in Rheinland-Pfalz ein ungeregelter Sonderbau ist, während ein Krankenhaus im Land Brandenburg ein geregelter Sonderbau ist (»BbgKPBauV« – Brandenburgische Krankenhaus- und Pflegeheim-Bauverordnung). Das Land Brandenburg verfügt hier über eine entsprechende Sonderbauverordnung.
Baunebenrecht beachten
Neben dem Bauordnungsrecht besteht in Deutschland noch das Baunebenrecht. Dieses kann im konkreten Einzelfall auch Anforderungen an die Brandschutzmaßnahmen beinhalten (Bild 2).
Welche betrieblichen Anforderungen sind zu beachten?
Das Brandschutzkonzept basiert in der Regel auf einem baurechtlichen Erfordernis. Es wird dann, z. B. durch die Bauvorlagenverordnung des jeweiligen Bundeslandes, geregelt, für welche Bauvorhaben Brandschutzkonzepte (bzw. Brandschutznachweise) durch wen zu erstellen sind. Diese beinhalten dann die baurechtlichen Belange.
Zusätzlich sind aber ggf. auch die betrieblichen Belange zu beachten. So kann es sein, dass ein Unternehmen aus Gründen der Anlagenverfügbarkeit brandschutztechnische Anforderungen an Wände und Decken aufstellt, die über die baurechtlichen Anforderungen hinausgehen.
Aufbau der Schottung
Zurück zu unserem Praxisbeispiel. Im Materialcontainer findet Horst den Eimer, beschriftet mit »Ablationsbeschichtung«. Eine kurze Recherche im Internet führt Horst auf die Seite des Deutschen Instituts für Bautechnik. Dort ist angegeben, dass es sich um einen Baustoff für den Brandschutz handelt und dass er im Brandfall nur geringfügig aufschäumt. Damit kann er das Loch in der Wand nicht fachgerecht verschließen. Für eine Brandschottung benötigt er hier noch eine Mineralfasermatte.
Die Ablationsbeschichtung ist nur ein Teil der Brandschottung. Der zugehörige Anwendbarkeitsnachweis beschreibt den fachgerechten Einbau einer Brandschottung. In diesen Anwendbarkeitsnachweisen sind viele Punkte enthalten, die durch Unkenntnis bzw. Missachtung zu den Klassikern der Montagefehler führen.
Beispielhaft zu den Inhalten dieser Unterlagen sind hier zu nennen:
- Angaben zu Schulungen zum Einbau der Schottung
- Angaben zur maximalen Größe der Schottung und Abständen zu anderen Wandöffnungen
- Angaben zu maximalen Leitungsdurchmessern und Leitungsbauarten
- Angaben zu Befestigungen beiderseits der Schottungen
- Beschichtungen der Laibung und der Leitungen innerhalb der Schottungen
Der Anwendbarkeitsnachweis bezieht sich auf die Einbaubedingungen und die zum Schott zugehörigen Materialien (Baustoffe). Ein Baustoff verfügt in der Regel über einen Verwendbarkeitsnachweis und kann mehreren Anwendbarkeitsnachweisen zugeordnet sein. Bei den Anwendbarkeitsnachweisen muss beachtet werden, ob es sich um einen europäischen Anwendbarkeitsnachweis (z. B. ETA – Abweichungen nicht möglich) oder um einen nationalen Anwendbarkeitsnachweis (z. B. aBG – Abweichungen möglich) handelt. Weiterhin ist der Gültigkeitszeitraum zu beachten. Nach Auffassung des Verfassers muss der Anwendbarkeitsnachweis am Tage des Einbaues der Schottung gültig sein.
Organisatorische Verantwortlichkeiten
Im Zuge der Erstellung einer Brandschottung haben wir mehrere Verantwortlichkeiten.
Für die Festlegung, welche Feuerwiderstandsdauer eine Schottung aufweisen muss, ist der Bauherr verantwortlich. Er wird sich hier Dritter bedienen – z. B. Architekt, Brandschutzkonzeptersteller, Fachplaner. In diesem Zuge muss auch festgelegt werden, ob besondere Anforderungen (z. B. aggressive Atmosphären, Beständigkeit gegen Hochdruckreiniger) zu beachten sind. Ggf. muss hierzu im Leistungsverzeichnis eine eindeutige Vorgabe aufgeführt sein. Ein weiterer wichtiger Planungspunkt sind Zugänglichkeiten (z. B. im Rahmen der Errichtung, Prüfung, Instandhaltung) und Abstände zu anderen Gewerken. Für die finale Produktauswahl im Rahmen der Planungsvorgaben zeichnet der Errichter des Brandschotts verantwortlich. Er muss das Brandschott nach den Herstellervorgaben (z. B. Anwendbarkeitsnachweis, Montageanleitung, Konstruktionsnachweis) einbauen und die Übereinstimmung nachweisen.
Wichtig: Im Zuge der Erstprüfung nach VDE 0100-600 ist die zur Prüfung befähigte Person auch verantwortlich für die Prüfung (also Kontrolle) der Brandschottung. Dieses Erfordernis ist in VDE 0100-600:2017-06, Abschnitt 6.4.2.3 unter Aufzählungspunkt b) aufgeführt und im Anhang D, Abschnitt D.6.4.2.3 beschrieben.
Im Zuge einer Wiederholungsprüfung muss die Schottung ebenfalls geprüft werden (VDE 0105-100/A1:2017-06, Abschnitt 5.3.3.101.1.8). Hierbei müssen Vollständigkeit, Bemessung,
Auswahl, Schäden und Mängel betrachtet werden. Hier ist die zur Prüfung befähigte Person in der Verantwortung. Die Praxis zeigt, dass vielfach »Kreuze« in Prüfprotokollen gemacht werden, ohne die erforderlichen Kenntnisse zur Beurteilung des ordnungsgemäßen Zustandes der Brandschottung. Allerdings gehört zur Wahrheit dazu, dass der Betreiber der zur Prüfung befähigten Person die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen muss. Dies setzt eine vollumfängliche Dokumentation der baulichen und betrieblichen Erfordernisse und der Schottung (Anwendbarkeitsnachweis, Übereinstimmungserklärung, Abweichungen zum Anwendbarkeitsnachweis) voraus. Für diese Dokumentationsvorhaltung sind der Gebäudeeigentümer bzw. der Betreiber verantwortlich.
Praxisbeispiele
Hier ein paar Beispiele aus der Praxis und den »Klassikern« der Fehlanwendung. Die Anmerkungen beziehen sich auf den jeweils zugehörigen Anwendbarkeitsnachweis.
Beispiel 1
- Keine Beschichtung der Leitungen im Schott
- Die Mindestbeschichtungsdicke von 1 mm auf den Leitungen wurde nicht eingehalten
- Es wurde ein falscher Dämmstoff (Mineralfaserplatte) eingebracht
Beispiel 2
- Die erforderliche und nicht brennbare Befestigung des Leitungsbündels wurde nicht eingebracht
- Die Mindestbeschichtungsdicke des Leitungsbündels von 1 mm wurde nicht eingehalten
Beispiel 3
- Die Mindestbeschichtungsdicke von 1 mm auf den Leitungen wurde nicht eingehalten
- Die Leitung wurde im Schott nicht beschichtet
Fazit
In der Praxis herrschen oft »gefährliches Halbwissen« und Unwissenheit zum Thema. Es besteht Handlungsbedarf, da die Folgen eines falsch eingebauten und dann möglicherweise unwirksamen Brandschotts gravierende Risiken und haftungsrechtliche Probleme hervorrufen können. Neben den Errichtern der Brandschottungen sind auch die Bauherren, Planer und Betreiber in einer Handlungsverantwortung. Der § 831 BGB regelt hier eindeutig, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet werden muss – also Auswahl der Handelnden mittels Befähigungsnachweisen und stichprobenartiger Kontrollen der Ausführung. Ähnlich beschreibt es § 319 StGB. Hier bezieht man sich insbesondere auf den Planer.
Wird im Nachgang der Errichtung (z. B. Abnahme, wiederkehrende Anlagenbegehung) festgestellt, dass Schottungen fehlerhaft sind, können Nachbesserungsforderungen des Auftraggebers schnell große Summen hervorrufen. In einem konkreten Fall des Verfassers musste ein Elektroinstallationsunternehmen rund 40 000 € aufbringen, um in einem Wohnheimkomplex sämtliche vertikalen Brandschottungen nachzuarbeiten. Dies hätte sich durch die Einhaltung der Herstellervorgaben (Anwendbarkeitsnachweis) vermeiden lassen.
Das Thema der Brandschottungen erscheint auf den ersten Blick recht einfach: »Das Loch muss wieder zu«. Lückenhafte Planungs- und Beauftragungsabläufe stellen aber oft große Herausforderungen dar, insbesondere bei der Beschaffung von Unterlagen zur Feststellung der Erfordernisse. Hier müssen der Betreiber, die VEFK bzw. der Anlagenbetreiber (Elektrotechnik) nach VDE 0105-100 und der Einkauf zwingend darauf achten, dass für die Aufgabenstellung entsprechendes Fachpersonal eingesetzt wird. Ein weiterer wichtiger Punkt ist »lesen, verstehen und umsetzen« der Herstellervorgaben.
Aus unzähligen praktischen Begehungen und strittigen Fällen kann der Verfasser bestätigen, dass sehr viele Brandschottungen fehlerhaft eingebaut werden, da bei Planern, Überwachern und Ausführenden die erforderliche Fachkunde nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorhanden ist. Autodidaktisch ist dieses Thema sehr schwer zu erlernen. Produktneutrale Schulungen bzw. Workshops können hierzu sehr hilfreich sein, um die erforderlichen Fachkenntnisse zu erwerben.
Autor
Dipl.-Ing. (FH) Olaf Wulf (VDE), Mebedo Consulting GmbH
Quelle und Bildquelle: www.elektro.net