Im vergangenen April hat der Bundestag das zweite Gesetz zur Änderung des Energie-Wirtschaftsgesetzes (EnWG) beschlossen. Das ermöglicht die rechtlichen Voraussetzungen zum Ausbau der Wasserstoffnetze und schafft den Rahmen für eine Entwicklung für ein zukünftiges Wasserstoff – Transportnetz. Aber nicht nur in Deutschland sieht man in Wasserstoff eine Zukunft der Energieversorgung durch den Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoffinfrastruktur.

Die internationale Branche traf sich im Juni in Madrid, um auf dem »Strategic Summit« über die Visionen für eine nachhaltige hydrogen-gestützte Zukunft zu diskutieren. Am 22.Oktober 2024 gab die Bundesnetzagentur bekannt, dass sie das Wasserstoff-Kernnetz genehmigt hat und eine integrierte Netzentwicklungsplanung Gas und Wasserstoff auf den Weg bringen wird. Schrittweise soll das Kernnetz 9040 km umfassen und von 2025 bis 2032 in Betrieb genommen werden.

Sicherheit vor Infrastruktur

Bild 1: Ein Beispiel einer Potentialausgleichsschiene (PAS) für den Ex-Bereich –die Schiene ist zündfunkenfrei bis 100 kA und gesichert gegen Selbstlockern; Quelle: Dehn SE

Als Rückgrat einer Infrastrukturmaßnahme muss das Netz besondere Anforderungen an die Sicherheit hinsichtlich »Safety« und »Security« erfüllen. »Safety« und »Security« sind zwei Begriffe, die sich auf unterschiedliche Arten von Schutz beziehen. »Safety« meint den Schutz vor unabsichtlichen Gefährdungen wie Unfälle, Hochwasser oder Blitzen, während »Security« sich auf den Schutz vor böswilligen Aktionen wie physische oder Cyberattacken bezieht. »Safety« dient somit dem Schutz von Menschen, Anlagen und Umwelt. Hier wollen wir uns im Sinne von »Safety« mit der Schnittstelle zwischen Explosionsschutz und Blitzschutz in Wasserstoffnetzen beschäftigen, dem bei einem Ausbau besondere Bedeutung zukommen muss.

Pro Jahr gehen in Deutschland mehr als 1,5 Mio. Blitze nieder. Berücksichtigt man, dass es im Umkreis von bis zu 1,5 km zu Schäden, Störungen oder sogar zu Zerstörungen kommen kann, so wird klar, dass besonders bei Transport, Lagerung und Verarbeitung brennbarer Stoffe und Blitzeinwirkungen Explosionsgefahr besteht. Unter brennbaren Stoffen im Sinne des Explosionsschutzes versteht man Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube, die mit Luftsauerstoff oder anderen Oxydationsmitteln explosive Gemische bilden können. Entsprechende Schutzsysteme sind daher erforderlich um Menschen, Anlagen und Systeme zu schützen und vor Ausfallrisiken zu bewahren.

Voraussetzung für sicheren Betrieb: Der Potentialausgleich

Grundlage für alle Schutzmaßnahmen – ob Überstromschutz, Personenschutz, Überspannungsschutz oder Blitzschutz ist ein wirksamer und durchgängiger Potentialausgleich (Bild). Er ist für alle elektrischen Anlagen zwingend erforderlich um Potentialdifferenzen, wie sie z.B. zwischen dem Schutzleiter der Niederspannungsverbraucheranlage oder auch die, welche in MSR- oder Datenleitungen entstehen können, zu beseitigen. Potentialausgleich schützt einerseits Personen vor gefährlichen Berührungsspannungen und andererseits in explosionsgefährdeten Bereichen vor Funkenbildungen.

Einen zuverlässigen Schutz bietet das Einhalten der einschlägigen Normen und Bestimmungen zum Potentialausgleich sowie zum Blitzschutz. Daraus ergibt sich, dass alle Potentialausgleichsanschlüsse und -verbindungen in explosionsgefährdeten Bereichen der Zonen 1 und 21 so ausgebildet sein müssen, dass im Fehlerfall keine zündfähigen Funken und heiße Oberflächen entstehen können. Dazu verwendet man sog. zündfunkenfreie Potentialausgleichsschienen.

Blitz- und Überspannungsschutz in Ex-Anlagen

Selbst bei korrekt ausgeführtem Äußeren Blitzschutz (VDE 0185) ist ein besonderes Augenmerk auf den Blitz- und Überspannungsschutz zu richten, denn bei einem direkten Blitzeinschlag bietet die Äußere Blitzschutzanlage lediglich den Schutz des Gebäudes vor Brand. Daher müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um Überspannungen im Ex-Bereich zu verhindern. Dazu ist die Erstellung eines Blitzschutz-Zonenkonzeptes hilfreich, denn es müssen auch Mess-, Steuer- und Regelsysteme, DV- und Kommunikationssysteme in das Konzept, in »das zu schützende Volumen« einbezogen werden. Bei H2-Tankstellen unterscheiden sich die Maßnahmen nicht wesentlich von Überspannungsmaßnahmen konventioneller moderner Tankstellen.

In der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und den dazugehörigen technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) wird das Sicherheitskonzept beschrieben:

  • eine einheitliche Gefährdungsbeurteilung
  • sicherheitstechnische Bewertung für den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen
  • Stand der Technik als einheitlicher Sicherheitsmaßstab
  • geeignete Schutzmaßnahmen und Prüfungen
  • Mindestanforderungen für die Beschaffenheit von Arbeitsmitteln.

Für ein zu erstellendes Explosionsschutzdokument wurde ein Ansatz zur Gefährdungsbeurteilung zugrunde gelegt, in dem die potenziellen Gefahren sowie die Auswahl entsprechender Betriebsmittel beschrieben werden. Wir wollen uns hier mit der Zündquelle »Blitz« beschäftigen.

Blitzbedingte Zündquellen nach TRGS 723

Der erste Schritt bei der Gefährdungsbeurteilung ist es, mögliche Schadensquellen (S1 – S4 nach DIN EN 62305-1) und deren Wechselwirkungen im Falle eines Blitzeinschlages zu ermitteln und zu bewerten. Mögliche Folgen einer Blitzeinwirkung können sein:

  • Aufschmelzen und Wandstärkenreduzierung am Einschlagpunkt des Blitzes
  • heiße umherfliegende Partikel
  • hohe Innentemperaturen am Einschlagspunkt
  • Erwärmung der Ableitwege
  • unkontrollierte Überschläge bei nicht Einhaltung des Trennungsabstandes
  • induzierte Spannungen in Kabel und Leitungen
  • Einschläge in explosionsgefährdete Bereiche eingeführter Leitungen.

»Werden Gefährdungen durch Blitzeinwirkungen festgestellt, dann müssen alle Geräte, Schutzsysteme und Komponenten aller Kategorien durch geeignete Blitz- und Überspannungsgeräte geschützt werden«, schreibt Manfred Kienlein, Teamleiter Application Engineering and Standards bei Dehn SE aus Neumarkt i. d. Oberpfalz.

Wie im jeweiligen Blitzschutzzonen-Konzept festgelegt, werden die Leitungen z. B. in einem Steuerschrank geführt und mit den geeigneten Schutzgeräten beschaltet. Wichtig ist dabei zu unterscheiden, ob die jeweiligen Leitungen Blitzteilströme führen oder nicht. Der Einsatz von Überspannungsableitern SPD Typ 2 reicht aus, wenn zwischen Tankstelle und Steuerschrank keine direkten Blitzströme fließen können. Während dort, wo Blitzströme oder Blitzteilströme z. B. durch Leitungen aus einem anderen Gebäude- oder Anlagenteil kommen, blitzstromtragfähige Ableiter SPD Typ 1+2 einzusetzen sind.

Wichtig bei allen Schutzgeräten für den Blitz- und Überspannungsschutz sind dabei kurze Anschlussleitungen sowie ein Potentialausgleichsleiter zwischen den Schutzgeräten und den Endgeräten sowie zur lokalen Erde.

Fazit

Wasserstoff und seine Systeme werden uns in Zukunft stärker begegnen und bei der Energiebereitstellung begleiten. Die hohe Energiedichte dieses Mediums macht es notwendig, Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, die es möglich machen, die Kraft des Wasserstoffes auch sicher anwenden zu können.

Autor

Peter Respondek, Fachjournalist, Neumarkt i. d. OPf.

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net