Ursprünglich zur Verteilung von Fernsehprogrammen per Analog-TV errichtet, wurden Breitbandkabelnetze für den digitalen Empfang (DVB-C) weiterentwickelt. Seit den 2000er Jahren nutzen TV und Internet die gleiche Infrastruktur. Der Beitrag zeigt, wie DVB-C mit der Umstellung auf Glasfaser weiterhin unabhängig vom Internet übertragen werden kann. Doch wie lässt sich das technisch umsetzen – und mit welchem Aufwand?

Die in den 1980er Jahren in Koaxialtechnik errichteten Breitbandkabelnetze wurden zunächst genutzt, um terrestrisch empfangene analoge TV-Programme über Kabel weiterzuleiten. Dadurch entfiel die Notwendigkeit, dass jeder Haushalt eine eigene Empfangsantenne in­stallieren musste. Dies reduzierte die Anzahl der Dachantennen und verhinderte sogenannte »Antennenwälder« (Bild 1) – dicht gedrängte Fernseh- oder Radioantennen auf Hausdächern oder Balkonen, wie sie früher in Wohngebieten üblich waren.

Die Entwicklung der Breitbandkabelnetze

Bild 1: Eine große Anzahl an Antennen auf Hausdächern, umgangssprachlich auch »Antennenwald« genannt, war früher üblich.

In den 1990er-Jahren wurde das Angebot der Breitbandkabelnetze erweitert: Neben den terrestrischen Signalen wurden nun auch via Satelliten empfangene TV-Programme eingespeist, auch vermarktet als Satellitenfernsehen.

Daraufhin begann in Schritten die auf europäischen Standards basierende Digitalisierung der TV-Programme mit der Bezeichnung Digital Video Broadcasting (DVB). Gleichzeitig wurde auch der Internetzugang als neues Leistungsmerkmal von Breitbandkabelnetzen eingeführt und dafür die Übertragungskapazität des Kabels zwischen DVB und Internet aufgeteilt.

Eine grundlegende Änderung ist mittlerweile durch den Technologiewechsel von koaxialen Kupfer Leitungen auf Glasfaser (Gf) gegeben. Während der Internetstandard »Internet Protocol« (IP) praktisch bei allen Technologien einsetzbar ist, gibt es keinen Standard für die DVB-Übertragung über Glasfaser. Sollen Glasfaser-Breitbandkabelnetze dennoch für TV-Übertragung genutzt werden, bleibt nur die Möglichkeit von IPTV – einer Streaminglösung. Dabei kann das bisherige TV-Gerät als Monitor eingesetzt werden.

 

Die Problemstellung für DVB in Glasfaser-Breitbandkabelnetzen

TV und Internet stellen für die Teilnehmer von Breitbandkabelnetzen wichtige Informationsquellen dar, und werden entsprechend intensiv genutzt. Das zusammenbringen beider Dienste in den Glasfaser-Breitbandkabelnetzen durch das Internet-Protokoll (IP) führt allerdings zu mehreren Problemstellungen:

  • Datenschutz: Broadcasting via Satellit, Kabel und Terrestrik ist dadurch gekennzeichnet, dass der Empfang von Programmen systembedingt stets anonym erfolgt. Es kann also nicht festgestellt werden, welcher Nutzer zu welcher Zeit welches Programm empfangen hat. Diesen Datenschutz gibt es bei Internetanwendungen nicht, weil durch das Internetprotokoll (IP) jede Verbindungsaktivität dokumentiert wird und damit unter Umständen auch Unbefugte Zugriff auf diese Informationen erlangen können. Damit wäre für den jeweiligen IPTV-Nutzer eine potenzielle Verletzung der Privatsphäre gegeben.
  • Störanfälligkeit: Das Internet weist als weltweites Informations- und Telekommunikationssystem (ITK-System) eine hohe Komplexität auf, weshalb stets Ausfallrisiken bestehen. Diese störenden Effekte können auch durch vorsätzliche Maßnahmen Dritter ausgelöst werden. Deshalb zählt das Internet zur sogenannten kritischen Infrastruktur (KRITIS), weil Betriebsstörungen oder Ausfälle mittelbar oder unmittelbar sicherheitsrelevante Anwendungen betreffen können. Für KRITIS sind deshalb stets angepasste Schutzmaßnahmen zwingend erforderlich
  • Abhängigkeit vom Internet: Werden vom Nutzer die TV-Programme über das Internet als IPTV empfangen, dann stehen diese bei Ausfall der Internetverbindung dem Nutzer nicht mehr zu Verfügung. Dieses Defizit besteht ebenso für alle anderen Internetanwendungen.

Diese Risiken lassen sich vermeiden, wenn TV- und Datendienste über getrennte Übertragungswege bereitgestellt werden – klassische Datendienste als Broadband und der Rundfunkdienst TV als Broadcast. Ein möglicher Lösungsansatz ist der Aufbau einer eigenständigen Glasfaserinfrastruktur für den TV-Empfang und sonstiger Broadcast-Angebote. Dabei jedoch komplett unabhängig vom Internet. Damit sind diese Inhalte auch bei Störungen /Ausfällen des Internets im vollen Umfang für den Nutzer verfügbar.

Lösungsansatz Glasfaser-TV

Aber wie sieht so ein eigenständiger Übertragungsweg für TV-Programme aus? Dabei kann es sich um eine gesonderte zusätzliche Glasfaser als Transportweg handeln oder um WDM (wavelength division multiplex), also Wellenlängenmultiplex, bei dem mehrere Signale auf unterschiedlichen Lichtwellenlängen über eine einzige Glasfaser übertragen werden. Es werden dann DVB-Signale als lineares Fernsehen mit einem geeigneten Übertragungsprotokoll zum Nutzer übertragen, üblicherweise im Wellenlängenbereich um 1550 nm. Diese Form der Übertragung weist gegenüber IPTV den Vorteil sehr kleiner Latenzzeiten auf. Die Wiedergabe erfolgt also quasi in Echtzeit, was für Live-Übertragungen (Sport, Musik, Warnmeldungen, …) ein wichtiger Aspekt ist.

Bild 2: Das Konzept der Glasfaser-TV-Übertragung von Anbieterseite zur Nutzerseite.

Für die Umsetzung werden die DVB-Signale auf der Anbieterseite durch einen optischen Sender für die Glasfaser aufbereitet und dieser über einen Koppler zugeführt. Kommt Wellenlängenmultiplex zum Einsatz, dann handelt es sich um einen WDM-Koppler. Auf der Nutzerseite setzt ein optischer Empfänger bei jedem Teilnehmeranschluss die DVB-Programme wieder in die ursprüngliche elektrische Form um (Bild 2). Das Übertragungsverfahren bietet folgende Vorteile:

  • Vorhandene Fernsehgeräte können ohne zusätzliche Hardware oder Software weiter genutzt werden.
  • Es sind beliebig viele TV-Empfänger gleichzeitig an einem Anschluss einsetzbar, und zwar ohne Änderung der verfügbaren Bandbreite.
  • Glasfaser-TV funktioniert wegen der eigenen Übertragungstechnologie auch bei Ausfall des Internet.

Glasfaser-TV lässt sich bei vorhandenen Glasfasernetzen nachrüsten (Bild 3). Das gilt grundsätzlich für alle relevanten Netzebenen, wie Zugangsnetz (NE 3), Hausnetz (NE 4) und Wohnungsnetz (NE 5). Erforderlich sind dafür folgende Komponenten:

  • Kopfstellen für DVB-C und/oder DVB-S/S2, im Bedarfsfall auch Empfangseinrichtungen für DVB-T2.
  • Combiner für die Zusammenstellung der via DVB zu übertragenden TV-Programme.
  • Optische Sender für die Übertragung der TV-Programme über Glasfaser.
  • Optische Empfänger bei jedem Kabelanschluss für den Empfang der TV-Programme über Glasfaser.

Bild 3: Schematisches Glasfaser Breitbandkabelnetz inklusive Glasfaser-TV

Die Vorteile von Glasfaser-TV

Auf diese Weise lässt sich eine vom Internet unabhängige TV-Versorgung über Glasfaser realisieren. Dabei gelten folgende Merkmale:

  • Barrierefreier Zugang: Alle an das Breitbandkabelnetz angeschlossenen Teilnehmer erhalten eine grundlegende TV-Versorgung.
  • Keine Zusatzgeräte nötig: Es werden keine zusätzlichen Geräte oder Applikationen (Apps) benötigt.
  • Erweiterbarkeit: Es lassen sich auch zusätzliche oder zielgruppenspezifische Inhalte einspeisen, die via Satellit zur Verfügung stehen. Beispiele dafür sind Fremdsprachen, unterschiedliche Audioqua­litäten, verschiedene Bildauflösungen, barrierefreie Bedienung und andere.
  • Investitionen (Capex): Überschaubare Kosten für die erforderlichen Kernkomponenten als Investitionsausgaben > Capex (capital expenditures).
  • Betriebskosten (Opex): Geringe Kosten für Wartung und Instandsetzung als Betriebsausgaben, da bewährte Technologie zum Einsatz kommt > Opex (operational expenditures).
  • Skalierbarkeit: Der Ausbau ist skalierbar, es gilt also »pay as you grow«.
  • Energieeffizienz: Sehr geringe Betriebskosten wegen der erheblich besseren Energiebilanz gegenüber IPTV.

Da Glasfaser-TV ein reiner Verteildienst ist, muss für interaktive Nutzungen wie Mediatheken, Video-on-Demand oder Timeshift auf IPTV zurückgegriffen werden. Es lassen sich auf diese Weise für die Netzteilnehmer zubuchbare Premium-Leistungen generieren. Für deren Nutzung sind dann allerdings IPTV-fähige Endgeräte wie TV-Gerät mit DVB-I oder Computer mit Internetanschluss erforderlich.

Glasfaser-TV – Ein Fazit

Glasfaser-TV verwendet bei der Separierung von TV und Internet ein vergleichbares Verfahren wie bei den bisherigen Koaxialnetzen, nämlich Frequenzstaffelung. Die elektrischen Leitungen dieser Netze werden dabei in definierte Frequenzbereiche aufgeteilt, während bei den Glasfasern der optischen Netze Wellenlängenmultiplex WDM zum Einsatz kommt, wenn nicht durch eine eigenständige Glasfaser für die TV-Signale eine räumliche Trennung gewählt wird.

Mit Glasfaser-TV ist eine umfassende TV-Versorgung mit DVB-Programmen in moderner Technik (d. h. Glasfaser) realisierbar, und zwar ohne Abhängigkeit von der Funk­tionsfähigkeit des Internetanschlusses. Dieses Konzept ist in bestehenden Glasfaser-Breitbandkabelnetzen mit vertretbarem Aufwand nachrüstbar. Bisherige TV-Endgeräte können dabei ohne Änderungen / Ergänzungen weiter genutzt werden. Außerdem ergeben sich gegenüber IPTV erheblich geringere Betriebskosten.

Autor

Ulrich Freyer,Fachjournalist, Köln

 

Quelle und Bildquelle: www.elektro.net